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Diener der Finsternis

Diener der Finsternis

Titel: Diener der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Wheatley
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gegen den Rahmen einer der Fenstertüren. Auf der Schwelle erschien keine Vision von Rex, sondern er selbst. Sein hohläugiges Gesicht war eine Maske der hilflosen Wut. In seinen Armen hielt er den Körper einer Frau. Ihr goldenes Haar fiel über seinen rechten Arm hinunter.
    Plötzlich traten ihm zwei große Tränen in die Augen und liefen langsam über seine eingefallenen Wangen. Er legte den Körper behutsam auf den Fußboden, und die Freunde sahen, daß es Tanith war. Sie war tot.

 
XXVII
     
     
    »O Rex!« Marie Lou ließ sich neben Tanith auf die Knie fallen. Sie wußte, sie mußte das Mädchen sein, von der er ihr gestern erzählt hatte. »Wie schrecklich für dich!«
    »Wie ist das geschehen?« fragte der Herzog. Er mußte jeden Schritt des Feindes sofort kennenlernen. Die Dringlichkeit seiner Stimme half Rex, sich zusammenzunehmen. Kurz berichtete er, was sich abgespielt hatte. »Und ich – o Gott! – ich bin eingeschlafen«, schloß er.
    »Wie lange hast du geschlafen?«
    »Mehrere Stunden. Als ich erwachte, raste ich in ihr Zimmer. Sie saß angekleidet in einem Sessel. Ich dachte, sie schlafe, und wollte sie aufwecken. Es gelang mir nicht. Da nahm ich sie in die Arme und rannte den ganzen Weg hierher. Sie – sie ist doch nicht tot?«
    »Armer Rex. Mein armer, armer Rex.« Marie Lou hatte festgestellt, daß Taniths Hände eiskalt waren. »Ich fürchte …«
    »Das kann nicht sein!« widersprach er heftig. »Sie liegt nur in Trance!«
    Richard kontrollierte Atemtätigkeit und Herzschlag. Es war keine Spur von Leben mehr in ihr.
    Rex bedeckte die Augen mit der Hand. »Dann ist ihre Prophezeiung doch in Erfüllung gegangen. Ich wollte es nur nicht glauben. Aber – ist sie auch wirklich tot? Sie hatte so schreckliche Angst davor, daß nach ihrem Tod ein schreckliches Wesen ihren Körper beleben könnte.«
    »Sie ist tot«, erklärte Richard teilnehmend. »Was könnte also ihren Körper noch beleben?«
    »Ich weiß, was er meint«, schaltete sich der Herzog ein. »Er fürchtet, daß sich ein Elementarwesen in den Besitz des Körpers gesetzt hat. Wenn das der Fall ist, werden drastische Maßnahmen notwendig sein.«
    »Nein!« schrie Rex. »Ich lasse es nicht zu, daß ihr ihr den Kopf abschneidet oder ihr einen Pfahl ins Herz treibt!«
    Simon und Richard trugen den Leichnam auf die Unterlage aus Bettlaken und Decken in der Mitte des Pentagramms, während de Richleau seine Hilfsmittel durchmusterte.
    »Die Untoten«, sagte er langsam, »sind gewissen Beschränkungen unterworfen. Sie sehen aus wie Menschen, aber sie können keine menschlichen Speisen zu sich nehmen, sie können fließendes Wasser nur bei Sonnenaufgang und -untergang überqueren, und sie schreien, wenn sie mit Knoblauchblüten oder einem Kreuz berührt werden. Wir werden sehen.«
    Er nahm seinen Knoblauchblütenkranz ab und hängte ihn Tanith um den Hals. Sein kleines goldenes Kruzifix legte er auf ihre Lippen. Sie blieb kalt und still liegen.
    »Sie ist absolut tot, Rex.« De Richleau richtete sich wieder auf. »Deine schlimmsten Ängste werden wenigstens nicht Wirklichkeit werden. Ihre Seele hat den Körper verlassen, und kein böses Wesen hat ihn übernommen. Dessen bin ich ganz sicher.«
    Tanith sah, wenn das überhaupt möglich war, im Tod noch schöner aus als im Leben. Rex kauerte sich neben ihr nieder. Er verbarg das Gesicht in den Händen, seine breiten Schultern zuckten, und zum erstenmal erlebten die Freunde den blonden Riesen von Tränen geschüttelt.
    Die anderen standen schweigend daneben. Es gab nichts, was sie sagen oder tun konnten.
    Nach einer Weile wandte der Herzog sich hilflos ab. Simon winkte ihn an das offene Fenster außer Hörweite der anderen. Der Garten lag noch im Dunkeln. Ein leichter Nebel hatte sich erhoben und kroch bis in das Zimmer herein. De Richleau erschauerte und schloß das Fenster.
    Simons dunkle Augen wanderten zwischen dem Gesicht des Herzogs und der schweigenden Gruppe in der Mitte des Pentagramms hin und her. »Ich habe mich gefragt, ob -«, begann er zögernd. »Ihre Seele kann doch noch nicht weit weg sein, und da du so viele große Geheimnisse kennst …«
    De Richleau sah einen Augenblick nachdenklich vor sich hin.
    »Du meinst, ich könnte versuchen, sie zurückzurufen? Mir ist zwar einiges von dem Ritual bekannt, aber der Gedanke gefällt mir nicht. Es wäre grausam, in dem armen Rex falsche Hoffnungen zu erwecken. Man soll die Toten nicht zurückrufen. Sie kommen nicht freiwillig. Ich müßte

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