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Dienstags ist sie nie da - Roman

Dienstags ist sie nie da - Roman

Titel: Dienstags ist sie nie da - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Bloom
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er in die Diele stolperte, hielt sie bereits die Tür auf.
    »Geh jetzt. Und lass mich in Ruhe.«
    »Katy, bitte, ich …«
    »Geh!«, kreischte sie.
    »Aber Katy.«
    »Sofort!«, brüllte sie.

Neunzehn
    Katy öffnete einen Spalt die Augen und stellte fest, dass sie auf ihrer Couch lag, umgeben von Dunkelheit, sah man einmal von dem tonlos vor sich hin flimmernden Fernsehbildschirm ab. Wohin waren alle verschwunden? Warum war es so still? Und warum war es so finster? Das letzte Mal, als sie bei Bewusstsein war, war es nicht so still gewesen, da war sie sich sicher.
    Dann geschah es. Sie spürte, wie sich ihr Körper plötzlich anspannte, ganz von allein, ohne dass ihr Gehirn es ihm signalisiert hätte. Mit einem Mal war die Spannung nicht mehr nur irritierend, sie war alles verzehrend, als würde jemand mit einer Million Kuhhörnern in ihrem Inneren herumfuhrwerken. Die Hörner stachen ein paar Sekunden lang zu, wobei sie keine Stelle in ihrem Bauch ausließen, dann waren sie ebenso verschwunden, wie sie aufgetaucht waren.
    »Verdammter Mist, was war das?«, schrie sie und umklammerte ihren Bauch, als der Schmerz sie aufstöhnen ließ. Sie spürte die verspannte, geschwollene Kugel, die immer noch von ihrem Pyjama eingehüllt war, und da stellten sich die Ereignisse des vergangenen Tages mit aller Macht wieder ein – samt der Erkenntnis, dass sie gerade ihre erste Wehe gehabt haben musste.
    Sie wartete, bis ihr keuchender Atem sich halbwegs beruhigt
hatte, bevor sie sich in die Vertikale manövrierte und den Fernseher ausschaltete, was sie in trostlose Dunkelheit stürzte. Sie tastete nach der Tischlampe am Ende des Sofas und fühlte sich völlig erschöpft. Sie hatte keine Kraft, ausgerechnet jetzt Wehen zu bekommen. Nicht nach diesem Tag. Wahrscheinlich hatte sich das Baby ja nur bewegt. Oder es war falscher Alarm gewesen. Ein Schluckauf oder so. Sie saß jetzt absolut ruhig da und versuchte, den Schmerz Kraft ihres Willens zu zwingen, nicht wieder aufzuflammen. Ein paar Minuten vergingen, und alles schien normal zu sein.
    Badezimmer, dachte sie. Badezimmer, dann Bett, dann schlafen – und dann bestand ja vielleicht die Möglichkeit, dass sich die Situation morgen weniger düster ausnehmen würde als heute. Mit Sicherheit war sie nun wahrlich am absoluten Tiefpunkt angekommen.
    Sie wollte sich gerade bewegen, doch just in dem Moment stießen die Kuhhörner wieder zu und brachten sie dazu, sich zusammenzukrümmen und selbst wie eine Kuh zu brüllen.
    Sie wiegte sich vor und zurück und atmete zwischen dem schmerzvollen Muhen, so gut sie nur konnte. Als der Schmerz schließlich nachließ, setzte sie sich schwerfällig und völlig schockiert auf den Fußboden.
    Nicht jetzt. Bitte nicht jetzt. Ich pack das jetzt nicht. Ich bin noch nicht so weit. Mein Kopf ist noch nicht so weit, sagte sie zu sich.
    »Lieber Gott. Ich weiß, dass ich mich nur an dich wende, wenn ich etwas will – oder an Weihnachten, wenn ich kleine Kinder Stille Nacht, heilige Nacht singen höre und es mich zum Weinen bringt. Aber diesmal bin ich wirklich verzweifelt. Wenn du mir hilfst, verspreche ich
dir, dass ich jeden Tag mit dir sprechen werde; und ich werde in diese kleinen Briefumschläge, die die alten Damen vorbeibringen, Geld stecken und es spenden, anstatt sie in den Papierkorb zu werfen. Ich werde außerdem noch haufenweise Gutes tun, das verspreche ich dir, aber bitte, lieber Gott, bitte gönn mir eine Ruhepause. Bitte, selbst wenn es nicht bis morgen ist, aber wenigstens jetzt lass es nicht passieren«, sagte Katy.
    Sie kniete, hatte ihre Hände aneinandergepresst und die Augen fest zusammengekniffen, als die nächste Kontraktion kam.
    »Dann willst du mir wohl eine Lehre erteilen, oder? Dafür, dass ich mich überhaupt in diese Lage gebracht habe. Gut, dann sag ich dir was: Es wird dir leidtun, dass du mir keine andere Wahl lässt!« Sie schnaubte.
    Katy zog sich auf die Beine und stolperte hinaus in die Diele, griff nach dem Telefon und wählte.
    »Jetzt lass dir mal eine gute Begründung einfallen. Du hast ja keine Ahnung von dem Wunder, das ich auf Eis gelegt habe, um deinetwegen den Hörer abzunehmen.«
    »Daniel«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. »Komm her, sofort. Du kannst nämlich gleich Zeuge des Wunders der Geburt werden. Ich habe Wehen.«
    Sie schleuderte den Hörer weg, öffnete die Verriegelung der Eingangstür und wankte ins Badezimmer.
    Sie war sich bewusst, dass es irgendwo unten an ihrem Körper zu einem

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