Dienstags ist sie nie da - Roman
das gehört. Noch mal, nichts für ungut wegen der Schwulensache. Er nennt jeden schwul, wenn er besoffen ist.«
»Er ist schwul, du Idiot«, brüllte Ben im Hintergrund.
»Nein? Ist er das wirklich? Bist du schwul?«, fragte Braindead.
»Ja, aber das ist in diesem Moment wirklich nicht relevant, oder?«
»Doch, schon – wenn dich jemand als schwulen Trottel bezeichnet und du es nicht bist. Aber jetzt, da ich weiß, dass du wirklich schwul bist, ist ja alles in bester Ordnung. Ich werde mich nicht mehr für ihn entschuldigen.«
»Ich danke dir. Glaube ich. Egal, pass auf: Du musst mir helfen. Wir müssen Ben hierherschaffen, damit er während der Entbindung bei Katy ist. Sie will ihn dabeihaben, ich weiß, dass sie das möchte. Du musst mir helfen, ihn zu überreden. Er wird es sonst sein Leben lang bedauern, dass er nicht bei der Geburt dabei war.«
»Warum?«, fragte Braindead.
»Warum was?«
»Warum wird er das bedauern?«
»Weil …, weil …, ach, so ist es eben. Denn was, wenn es wirklich sein Kind ist und er die Geburt verpasst, weil er um die Häuser zieht und sich volllaufen lässt?«
»Hm, aber was, wenn es nicht seines ist? Was er, genau genommen, den ganzen Tag behauptet hat. Was, wenn das Kind nicht von ihm ist? Was, wenn er Stunden bei einer heulenden Frau verbringt – für nichts und wieder
nichts, nur um zuzusehen, wie das Baby von einem anderen Mann auf die Welt kommt? Puh, keine Chance, dass ich das je tun würde – würdest du das denn machen?«
»Aber, aber, aber es könnte schließlich doch von ihm sein«, sagte Daniel am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Er nahm einen weiteren Schluck Brandy, diesmal direkt aus der Flasche.
Komm schon, Daniel, sagte er sich. So was machst du die ganze Zeit, das ist doch dein Job – Leute, Gedanken, Ideen, Bilder zu verkaufen. Ich muss die Kunden davon überzeugen, dass ich als Creative Director mit meiner Meinung immer recht habe. Das tue ich jeden Tag. Na, komm schon, denk nach.
»Pass auf, Braindead. Sag ihm, dass er sich dieses kleine, hilflose rosa Bündel vorstellen soll, das gerade auf die Welt gekommen ist und seinen Vater braucht. Und hoffnungslos weint, weil keiner da ist, der es in die Arme nimmt.«
»Das willst du, dass ich ihm erzähle?«
»Ja, mach schon, das kriegst du schon hin.«
»Okay, jetzt sagt er, dass es klein und rosa sein wird und seinen Daddy braucht und du nicht da bist und es nicht in die Arme nimmst.«
»Sag ihm, dass er den anderen verdammten Vater anrufen soll.«
»Das waren ja dann wohl nicht die richtigen Worte«, sagte Braindead zu Daniel.
»Okay, hab ein wenig Geduld mit mir. Erzähl ihm, dass er sich ein wunderschönes kleines Mädchen vorstellen soll, das wie ein Engel singt und wie ein Schmetterling tanzt und das ihn so stolz machen wird, dass er am liebsten weinen möchte. Kann er dazu wirklich Nein sagen?«
»Meinst du wirklich, dass ich ihm das sagen soll?«
»Jep, mach schon – und geht es diesmal vielleicht mit etwas mehr Gefühl?«
»Gefühl? Was, soll ich etwa weinen?«
»Wenn du das hinkriegst, wäre es großartig.«
»Dieser Typ ist ein echter Homo, oder?«, sagte Braindead zu Ben. »Wie auch immer, er sagt, dass du stolz sein wirst, weil sie wie ein Engel und wie ein Schmetterling ist.«
»Nein, nein, nein«, sagte Daniel.
»Ich habe gesagt, dass sie wie ein Engel singt und wie ein Schmetterling tanzt.«
»Pass auf, Kumpel. Ich versuche wirklich mein Bestes, aber du hast den Dreh nicht raus, stimmt’s? Hast du Ben jemals kennengelernt? Engel und Schmetterlinge sind echt nicht sein Ding. Deines vielleicht, aber nicht von unserem Ben.«
»Richtig, richtig, ja, du hast recht. Nicht sein Ding. Ich habe übersehen, wer hier mein Kunde ist. Richte dich immer auf den Kunden aus. Ich vergesse meine Grundregeln. «
»Pass auf, Kumpel. Du meinst es vermutlich gut, aber ich glaube nicht, dass das wirklich zu etwas führen wird.«
»Nein, leg nicht auf. Gib mir noch eine letzte Chance. Warte einen Moment. Ich denke jetzt wie Ben. Wie kann ich ihn drankriegen? Na los schon – es kommt, es kommt. Ich hab’s! Bist du bereit, Braindead?«
»Mach schon, aber das war es dann auch, danach keine weiteren Versuche mehr.«
»Stell dir vor, dass in ein paar Stunden hier in Leeds der nächste große englische Stürmer zur Welt kommen könnte. Bens Sohn wird für England spielen. Und wie
würde Ben später damit klarkommen, dass er, immer wenn er seinen Sohn bei einem Spiel sieht, wüsste, dass er
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