Diese Nacht darf niemals enden
Wohnung. Zusammen mit einem halben Dutzend anderer Paare hatte sie fürstlich gegessen und getrunken, alle von Guy de Rochemont eingeladen. So wie sie.
Wie genau es überhaupt dazu gekommen war, verstand sie noch immer nicht recht. Am Ende der Vernissage hatte Guy de Rochemont sie zu seiner Limousine zurückgeführt, die sie vor dem Hotel ausgeladen hatte. Gleich darauf war sie inmitten der Gruppe anderer Gäste in dieser Suite gelandet.
Es schien sich kein geeigneter Moment geboten zu haben, um sich zu verabschieden. Stattdessen hatte sie sich an dem gedeckten Tisch wiedergefunden, direkt neben Guy de Rochemont. Überhaupt war er den ganzen Abend über an ihrer Seite geblieben. Dass er sie überhaupt zu der Eröffnung eingeladen hatte, konnte nur einen Grund haben: Die exotische Carla Crespi hatte nicht zur Verfügung gestanden, und er hatte vermutlich angenommen, dass die Ausstellung sie als Künstlerin interessierte. Was ja auch stimmte, es war höchst interessant gewesen, allerdings war sie sich der verstörenden Präsenz Guy de Rochemonts ständig bewusst gewesen.
Sie hatte ihr Bestes getan, um ihn mehr oder weniger zu ignorieren, doch der Mann war nicht einfach zu ignorieren – vor allem nicht, wenn er so absolut faszinierend im Smoking aussah. Den ganzen Abend über war sie nur von dem Gedanken beherrscht gewesen, die wachsende Faszination in sich zu unterdrücken. Was auch immer der Grund sein mochte, warum sie sein Portrait nicht malen konnte und sie sich seiner Präsenz so aufreibend bewusst war, die einzige Reaktion, die sie ihm zeigen durfte, war keine Reaktion.
Sie musste kühl und gefasst bleiben, ein unauffälliger Gast, mehr nicht.
Alexas Haltung überdauerte das Mahl und auch das Ritual des Kaffees nach dem Essen, serviert mit Cognac und Likör, im Salon der Suite. Doch als die anderen Gäste sich nach und nach verabschiedeten, hatte sie wieder keinen passenden Augenblick gefunden, um ebenfalls zu gehen. Und irgendwann war sie schließlich mit Guy de Rochemont allein zurückgeblieben.
Die Atmosphäre änderte sich schlagartig – zumindest meinte Alexa den Wechsel zu spüren. Aber das war nur ihr überspitztes Bewusstsein für ihn, mehr nicht. Zumindest wurde es Zeit, ihrem ehemaligen Klienten nach einem anstrengenden Abend eine gute Nacht zu wünschen und in die ruhige Sicherheit ihrer eigenen Wohnung zurückzukehren. Zeit, das kurze professionelle Zwischenspiel – denn mehr war es nicht! – mit Guy de Rochemont hinter sich zu lassen. Diesen festen Vorsatz vor Augen, hatte sie ein höfliches Lächeln aufgesetzt.
„Ich werde jetzt ebenfalls gehen“, hatte sie erklärt – voller Stolz, dass ihre Stimme trotz Champagner während der Vernissage und Wein während des Dinners sachlich und höflich klang. Sicher, betrunken war sie nicht, aber sie hatte genug getrunken, um ihre üblicherweise unfehlbare Reserviertheit zu gefährden.
Sie stand auf und fühlte die Seide des Kleids über ihre Schenkel gleiten. So als wären ihre körperlichen Sinne jetzt ebenso überreizt wie ihr Geist.
„Natürlich.“ Guy de Rochemont richtete sich ebenfalls auf.
Und wieder geschah es, dass sie den Blick für eine Sekunde nicht von ihm reißen konnte und einfach nur reglos stehen blieb. Dann zwang sie sich mit übermenschlicher Anstrengung, zur Tür zu gehen. Sie musste unbedingt hier weg.
Er war vor ihr dort. Mit steifem Rücken drehte sie sich zu ihm und streckte ihre Hand aus. Es war eine endgültige Geste.
„Vielen Dank für den Abend, Mr de Rochemont. Ich habe es genossen. Es war sehr nett von Ihnen, mich einzuladen.“
Ihre Stimme klang kühl und höflich, ihre Manieren waren makellos und förmlich – so, wie es die Situation erforderte. Sie war ein Gast, der sich bei seinem Gastgeber bedankte.
Etwas funkelte in seinen Augen, es hätte ebenso gut Amüsiertheit wie etwas anderes sein können. Doch was immer es auch gewesen sein mochte, es brachte all ihre Nervenenden zum Vibrieren. Und auch seine Erwiderung war zuerst nichts anderes als eine höfliche, förmliche Verabschiedung.
„Das Vergnügen war ganz auf meiner Seite.“ Dann jedoch trat er ganz nah an sie heran. „Und das hier wird mir ein noch größeres Vergnügen sein.“
Guy legte eine Hand an ihren Nacken, mit der anderen fasste er nach ihrer Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. Dann beugte er den Kopf und strich mit den Lippen über ihre. Die Berührung traf Alexa wie ein Schock, doch nur eine Sekunde lang. Dann
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