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Dieser Sonntag hat's in sich

Dieser Sonntag hat's in sich

Titel: Dieser Sonntag hat's in sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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sie, »dürfen
Rina und Lindy und ich Popcorn machen?«
    Vicky schaute in Richtung Küche, als ob
sie Angst habe, daß ihre Tochter und ihre Freundinnen ein Durcheinander
anrichten könnten. Das, so dachte ich, war vermutlich unmöglich. Nach dem
Zustand des Wohnzimmers zu urteilen, mußte man hinter dem Türbogen mit dem
Schlimmsten rechnen.
    Vicky sagte: »Nein, jetzt nicht,
Schatz. Ich habe Besuch.«
    »Aber, Mami...«
    »Ich sagte, nicht jetzt, Schatz.«
    »Mami, bitte...«
    »Nein, verdammt noch mal!« Die
Heftigkeit ihrer Antwort überraschte mich. »Ihr dürft nicht! Geht in euer
Spielzimmer, zu den Schaukeln, zu Rina, ganz gleich wohin, aber laßt mich in
Ruhe. Ich habe Besuch von einer Freundin und entspanne mich endlich mal. Ich
will nicht gestört werden — von keinem von euch. Sag Rina das. Hast du mich
verstanden?«
    Vicky hatte sich ganz herumgedreht und
schaute Betsy fest an. Das kleine Mädchen verschränkte die Arme über ihrem T-Shirt
und umklammerte ihre Ellbogen.
    »Hast du mich verstanden?« wiederholte
Vicky.
    »Ja.« Betsy drehte sich um, rannte aus
dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu.
    Vickys Gesicht war gerötet, und sie
atmete schwer. Sie nahm ihre frühere Stellung wieder ein, zog die Beine hoch
und legte die Hände auf die Augen. Ihre Ellbogen ruhten auf ihren Knien.
    »Du lieber Gott«, murmelte sie, »was
zum Teufel, mache ich nur mit meinen Kindern.«
    Ich versuchte gerade, eine Antwort zu
formulieren — so in der Art, daß jeder einmal einen schlechten Tag hat als das
Telefon läutete. Vicky funkelte den Apparat an und ging dann, den Hörer
abheben. Ihr kurzes »Ja« ging in ein sanftes »Hallo« über, und sie griff in die
beschnitzte Holzschachtel, die auf dem Tisch neben ihr stand, holte wieder
einen Joint raus und zündete ihn an. Ich fragte mich, ob sie wohl im ganzen
Haus kleine Vorratslager hatte. »Was hast du?« fragte sie. Nahm einen tiefen
Zug an ihrem Joint. »Oh, ja, das habe ich vergessen. Ich verstehe. Nein, das
ist in Ordnung...«
    Dann folgte eine lange Pause.
    »Nein, das tue ich nicht, Gerry«, sagte
sie schließlich.
    »Ich entspanne mich nur mit einer
Freundin. Was ist daran falsch? Kann ich nicht auch Freunde haben?«
    Aus ihrer Stimme klang ein kindliches
Wimmern, und ich beschloß, daß diese Begegnung zu peinlich wurde — für jeden
von uns. Ich war gekommen, um Informationen zu erhalten und nicht um meine Nase
in eine offenbar angespannte Ehe zu stecken. Ich stand auf.
    Vicky bedeutete mir zu bleiben, aber
ich flüsterte ihr zu: »Ich werde Sie anrufen« und eilte zur Tür.
    Draußen war der Tag jetzt rosagolden,
und es dämmerte — ein weiterer Vorbote des Herbsts. Irgendwo im Eukalyptushain
krächzte ein Rabe. Aus mehreren Gründen — einige davon lagen auf der Hand,
andere waren rein persönlicher Natur — assoziierte ich diesen Vogel immer mit
Tod. Ich hörte ihm zu, während die Blätter der Bäume in der leichten Abendbrise
erzitterten und ihre silbrigen Unterseiten aufleuchteten. Sei nicht dumm, sagte
ich mir. Diese Leute haben vielleicht Schwierigkeiten. Aber sie werden schon
damit fertig.
    Dann schaute ich auf die Uhr. Es war
fast halb sieben, und heute hatte Rae versprochen — mit ihrem
Pfadfinderehrenwort — , daß sie um sieben in die Remedy Lounge kommen werde.
Ich vergaß Vicky, Gerry, die unglückliche Betsy und selbst die Bedrohung, die
meine Alma mater für Haight-Ashbury darstellte, und fuhr zurück ins
Mission-Viertel.
     
     
     

8
     
    »Sharon, ich verstehe, daß du mit
meiner Arbeit nicht zufrieden bist, wirklich. Aber Doug braucht mich im Moment
so sehr.« Rae hatte das in diesen oder ähnlichen Worten bereits viermal gesagt.
Sie war angetrunken; ich nahm an, sie hatte sich mit etwas aus dem Kühlschrank
in der Kanzlei gestärkt, bevor sie in die Remedy Lounge heruntergestiefelt war.
    Ich wiederholte, was ich auch schon
dreimal gesagt hatte: »Ich bin nicht unzufrieden mit deiner Arbeit — wenn du sie machst.«
    Sie schob ihr Glas auf dem Tisch herum.
Dabei hinterließ sie kleine feuchte Kreise, denn das Bier war übergelaufen, und
am Fuß des Glases hatte sich Flüssigkeit angesammelt. »Aber das versuche ich
dir ja zu erklären. Es ist eine wirklich schwierige Zeit für Doug. Er muß sich
entscheiden, ob er seine Doktorarbeit schreiben oder einen Magisterabschluß
machen will. Der Magisterabschluß hat so etwas Endgültiges.«
    Ich wollte mich nicht auf eine
Diskussion über Dougs Studiengänge einlassen. Ich

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