Diesseits vom Paradies
Land am Rande der Senilität dahinvegetierte. So weit jedenfalls die Geschichte, wie sie ihm erzählt wurde; den Rest erzählte sie ihm selbst, doch das war später.
Oft gingen sie schwimmen, und wenn Amory träge auf dem Wasser trieb, verbannte er alle Gedanken aus seinem Hirn und träumte von nebelhaften Seifenblasenländern, wo die Sonne durch windtrunkene Bäume hindurch den Boden sprenkelte. Wie konnte man sich Gedanken oder Sorgen machen oder etwas anderes tun, als im Wasser plätschern und tauchen und sich räkeln, dort am Rande der Zeit, während die Blumenmonate vergingen. Die Tage vorüberziehen lassen – Trauer und Erinnerung und Schmerz kamen draußen wieder, und hier wollte er sich noch einmal, bevor er weiterging, um ihnen erneut zu begegnen, treiben lassen und jung sein.
[336] An manchen Tagen störte es Amory, dass das Leben sich so gewandelt hatte – von einem gleichmäßigen Voranschreiten auf einer immer absehbaren Straße, in Harmonie und eins mit der Umgebung, zu einer Folge rascher, unverbundener Szenen – zwei Jahre Blut schwitzen, der plötzliche absurde Trieb, eine Familie zu gründen, den Rosalind in ihm geweckt hatte, dieser halb sinnliche, halb neurotische Sommer mit Eleanor. Er spürte, dass es alle Zeit brauchen würde, mehr, als er erübrigen konnte, um diese seltsamen, sperrigen Bilder in das Sammelalbum seines Lebens einzukleben. Es ähnelte einem Bankett, bei dem er in dieser halben Stunde seiner Jugend saß und versuchte, erlesene Feinschmeckergerichte zu genießen.
Er gab sich das unbestimmte Versprechen, dass es eine Zeit geben werde, in der sich alles zusammenfügen sollte. Seit Monaten schien er entweder von einem Strom aus Liebe oder Faszination fortgetragen zu werden oder in einem Strudel zurückgelassen worden zu sein, und in den Strudeln hatte er kein Verlangen nachzudenken, sondern nur danach, wieder von einer Welle in die Höhe getragen und weitergetrieben zu werden.
»Der verzweiflungsvolle, sterbende Herbst und unsere Liebe – wie gut sie zueinander passen!«, sagte Eleanor eines Tages traurig, als sie tropfnass am Ufer lagen.
»Der Nachsommer unserer Herzen…« Er sprach nicht weiter.
»Sag«, begann sie schließlich, »war sie hell oder dunkel?«
»Hell.«
»War sie schöner als ich?«
»Ich weiß nicht«, sagte Amory kurz angebunden.
[337] Eines Nachts waren sie draußen unterwegs, als der Mond aufging und seinen vollen Glanz über den Garten ausschüttete, der nun wie ein Feenland aussah, mit Eleanor und Amory als geisterhaften Schatten, die ewige Schönheit und eine seltsame, elfenhafte Liebesstimmung verbreiteten. Dann wandten sie sich vom Mondlicht in die Dunkelheit einer mit Spalierwein überwucherten Pagode, deren wehmütige Düfte fast Klänge auszusenden schienen.
»Zünd ein Streichholz an«, flüsterte sie. »Ich will dich sehen.«
Ritsch! Flackerschein!
Die Nacht und die Bäume mit den eingeritzten Namen waren wie Kulissen in einem Theaterstück, und mit Eleanor hier zu sein, schattenhaft und unwirklich, erschien auf seltsame Weise vertraut. Amory dachte, wie doch immer nur die Vergangenheit merkwürdig und unglaublich erschien. Das Streichholz erlosch.
»Es ist stockdunkel.«
»Jetzt sind wir nur noch Stimmen«, murmelte Eleanor, »kleine einsame Stimmen. Zünd noch eins an.«
»Das war mein letztes Streichholz.«
Plötzlich zog er sie in seine Arme.
»Du bist mein – du weißt, dass du mein bist!«, rief er ungestüm… das Mondlicht schlängelte sich durch den Wein und horchte… die Leuchtkäfer schwebten auf ihrem Flüstern, als wollten sie seinen Blick durch den Glanz ihrer Augen erhaschen.
[338] Das Ende des Sommers
»Kein Wind regt sich im Gras; nicht ein Windhauch regt sich… das Wasser in den versteckten Teichen, wie Glas, bietet dem vollen Mond die Stirn und begräbt die goldene Münze in seiner eisigen Masse«, sang Eleanor zu den Bäumen hinauf, die wie das Gerippe im Körper der Nacht waren. »Ist es nicht gespenstisch hier? Wenn du dein Pferd sicher im Griff hast, dann reiten wir quer durch den Wald und finden die versteckten Teiche.«
»Es ist schon nach eins, du wirst höllischen Ärger kriegen«, wandte er ein. »Und ich weiß nicht genug über Pferde, um meines im Stockdunkeln zurück in den Stall zu bringen.«
»Sei still, du alter Narr«, flüsterte sie ohne Grund, beugte sich vor und gab ihm einen leichten Schlag mit ihrer Reitgerte. »Du kannst deinen alten Klepper in unserem Stall stehenlassen, und ich
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