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Diktator

Diktator

Titel: Diktator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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»Von der Landwacht. Auch die sollen wir in den geschlossenen Häusern empfangen. Als ich nicht tun wollte, was er verlangt hat – tja. Er war frustriert.«
    »Und warum bist du weggegangen?«, fragte Ernst. Die Militärbordelle wurden überwacht, die Mädchen ärztlich versorgt. »Du hättest es melden können.«
    »Aber dann hätte er gemeldet, was ich mit ihm gemacht habe. Ich habe mich gewehrt, Ernst.«
    »Gut so.«
    »Mir hätte eine harte Strafe geblüht. Ich habe auch vorher schon die Vorschriften nicht immer befolgt. Also bin ich geflohen.«
    »Können wir jetzt essen?«, fragte Alfie kläglich.
    »Gleich«, sagte seine Mutter. »Vielleicht möchte Miss Rimmer mit uns essen? Wir haben genug Fleisch für einen weiteren Teller.«
    »Also Moment mal.« Fred ragte bedrohlich über dem Tisch auf. »Moment mal, verdammt. Diese Froschfresserin soll doch nicht etwa hierbleiben !«

    »Fred«, fauchte Irma.
    Ernst sagte rasch: »Sie kann nirgends anders hin, Fred.«
    »Wir sollten sie der verdammten Gestapo ausliefern, das sollten wir tun, sonst sind wir alle selber dran!«
    »Dann nur für diese eine Nacht. Ich werde die Sache schon wieder einrenken.«
    »Ach, für die renken Sie die Sache ein, aber meinen kleinen Jungen können Sie nicht vor der Einberufung zum Arbeitsdienst bewahren, was?«
    »Das ist was anderes.«
    »Ja, kann ich mir vorstellen, verdammt noch mal. Soll ich ihm ein Loch reinschneiden, damit Sie ihn ficken können? Helfen Sie ihm dann?«
    Ernst stand wütend auf. »Jetzt reicht’s aber.«
    Irma drängte sich zwischen sie. »Um Himmels willen, Fred! Bitte, Herr Obergefreiter …«
    Viv kam die Treppe heruntergelaufen. »Ernst – Dad – da kommen Leute. Ich hab sie von oben gesehen. Autos, Taschenlampen und Hunde. Laute Rufe. Die kommen hierher, Dad!«

XXIII
    Fred marschierte auf und ab. Er hinkte stark mit seinem verletzten Bein und schlug sich immer wieder mit der Faust in die offene Hand. »Oh, Christus Jesus. Einen aus jedem Haus nehmen sie mit. Oh, Christus Jesus verdammt, nicht hier, lass sie nicht hierherkommen.«
    Viv spähte durch einen Spalt im Verdunkelungsvorhang hinaus. »Sie kommen die Auffahrt herauf. Ein dicker Mann wäre beinahe im Matsch ausgerutscht.« Sie lachte tatsächlich.
    »Du dämliches kleines Flittchen!« Fred hätte sich beinahe auf sie gestürzt.
    Ernst fiel ihm in den Arm. »Fred! Wir müssen die Kinder verstecken. Und die Frauen.«
    »Ich gehe nirgendwohin«, sagte Irma. Aber sie zitterte. Ihr Gesicht war leer.
    Und es war sowieso keine Zeit mehr dafür. Es hämmerte an die Tür, dann ein Ruf auf Deutsch: »Aufmachen! Raus, raus!«
    Viv schrie auf und lief nach oben. Irma schnappte sich das Baby aus dem Kinderbett und ging zu Alfie, der immer noch seinen Arbeitsdienstbrief umklammerte, als wäre er ein Schutzschild. Fred stand einfach nur reglos da, die Hände zu Fäusten geballt.

    Ernst machte Anstalten, zur Tür zu gehen.
    Claudine stand auf und packte ihn am Arm. »Nein«, sagte sie auf Deutsch. »Lass mich gehen.«
    »Dich? Aber …«
    »Vielleicht kann ich sie durcheinanderbringen. Ich werde auf Deutsch ein großes Geschrei machen und den für das geschlossene Haus zuständigen Oberleutnant zu sprechen verlangen oder so.« Sie brachte ein kleines Lächeln zustande. »Du weißt doch, wie ihr Deutschen seid. Über alle Maßen bürokratisch. Wenn sie verwirrt sind, vergessen sie vielleicht, weshalb sie hergekommen sind.«
    »Aber …«
    Ein weiterer Schlag gegen die Tür, wie mit dem Absatz eines Stiefels, und Hunde bellten.
    Sie lächelte ihm kurz zu. »Ich tue das für dich«, sagte sie. Dann ging sie zur Tür.
    Ernst erblickte einen Offizier und einen einfachen Soldaten, beide im Schwarz der SS, mit einem Hund an einer geflochtenen Leine. Als der Hund den Schweinebraten roch, geriet er außer sich. Claudine sprach leise mit den SS-Männern – es klang wie Englisch, nicht wie Deutsch – und zeigte ihnen ein Stück Papier, das für Ernst seltsame Ähnlichkeit mit einem britischen Personalausweis hatte. Der Offizier betrachtete es prüfend. »Gut. Kommen Sie.« Er packte sie am Arm und zog sie so grob weg, dass sie stolperte.
    Fred stand reglos da. »Ist es vorbei?«
    Irma klopfte suchend auf ihrer Schürze herum. »Mein Personalausweis ist weg. Sie muss – kam mir
doch gleich bekannt vor, was sie ihnen gezeigt hat. Wie hat sie das gemacht?«
    Ernst erkannte blitzartig, was Claudine getan hatte, um Irmas Platz einzunehmen. »Claudine!« Er machte

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