Dinner fuer drei Roman
würde, ohne dass auch nur ein einziger Tropfen Regen dabei fiel. Doch gleichzeitig war ihr klar, dass ihre willensstarke Tochter sich davon sicher nicht so einfach würde überzeugen lassen. »Es wird nicht regnen, Rachel. Das ist nur ein bisschen Wind.«
Auf Rachels Gesicht trat der gewohnte rebellische Ausdruck. »Ich mag keine Gewitter.«
Im Hintergrund wurde die Übertragung der Oscar-Verleihung von einem Werbeblock unterbrochen. »Es wird kein Gewitter geben.«
»Doch, das wird es.«
»Nein, das wird es nicht. Gütiger Himmel, wir haben gerade eine Dürreperiode.«
»Doch, das wird es.«
»Verdammt, Rachel, es reicht!«
Rachel stampfte mit dem Fuß auf und blitzte sie zornig an. »Ich hasse dich!«
Lilly schloss die Augen und wünschte sich, Rachel würde plötzlich verschwinden. Als sie die Mädchen tags zuvor bei ihrem Vater abgeholt hatte, war Rachel wild entschlossen gewesen, das Haus in Socken zu verlassen. Als Eric ihr befohlen hatte, Schuhe anzuziehen, hatte sie ebenfalls geschrien, sie
würde ihn hassen, was ihn jedoch nicht weiter gestört zu haben schien. Er hatte sie lediglich nicht minder böse angesehen und ungerührt erwidert: »Pech, Mädchen. Du wirst trotzdem deine Schuhe anziehen.«
Lilly wusste genau, dass sie nachgegeben hätte. Es war nicht so, dass sie das Kind nicht liebte - nachts, wenn Rachel schlief, stand Lilly oft stundenlang an ihrem Bett und sah sie einfach an, doch tagsüber kam sie einfach nicht mit ihr zurecht. Sie war, ebenso wie ihre eigene Mutter, nicht der mütterliche Typ. Ihre Mutter hatte Lilly nach der Scheidung dem Vater überlassen, und Lilly machte es mit ihren eigenen Töchtern ganz genauso.
Trotzdem irritierte sie die innige Beziehung, die Eric mit den beiden Mädchen verband. Sie wusste, dass die beiden sie weniger liebten als ihn, doch ihm fiel die Elternrolle eben einfach leichter. Er verlor Rachel gegenüber niemals die Geduld, und Beccas Zustand bereitete ihm, im Gegensatz zu ihr, nicht die geringste Angst.
»Sieh doch, da ist Daddy!«, kreischte Rachel. Der Streit mit der Mutter war vorläufig vergessen. »Und Nadia. Sie ist wirklich nett, Mami. Ganz anders als in Macbeth , wo sie immer nur geschrien hat. Sie hat mir und Becca Gummibärchen geschenkt.«
Die Kamera machte einen Schwenk über die vordersten Reihen des hochkarätigen Publikums im Dorothy-Chandler-Pavillon. Eric hatte Nadia Evans, seine Macbeth- Kollegin, zur Oscar-Verleihung eingeladen. Lilly war eifersüchtig auf Nadia, obgleich sie wusste, dass sie dazu kein Recht hatte. Eric war immer ein treuer Ehemann gewesen. Ihre eigenen Seitensprünge waren es gewesen, die ihre Ehe ruiniert hatten.
Selbst nachdem Eric hinter ihr Verhältnis mit Aaron Blake, einem aufregenden jungen Hollywood-Schauspieler, gekommen war, hatte er nicht auf der Scheidung bestanden. Lilly jedoch war die Rolle der Ehefrau und Mutter ebenso verhasst gewesen wie die gnadenlose Vertrautheit im ehelichen Bett, deshalb hatte sie keinen Sinn darin gesehen, das Unvermeidbare
noch länger hinauszuzögern. Eric hatte sie nie wirklich geliebt - sie wusste genau, dass er sie niemals geheiratet hätte, wenn sie nicht schwanger geworden wäre ᅳ, aber er hatte sie immer gut behandelt, und da sie selbst als Kind unter der hässlichen Scheidung ihrer Eltern sehr gelitten hatte, wollte sie zumindest den Anschein einer freundschaftlichen Beziehung zu ihrem Ex-Mann wahren.
Lilly betrachtete Nadia Evans, als die Kamera auf ihr ruhte, und versuchte, eine gewisse Befriedigung darüber zu empfinden, dass sie mindestens so schön wie die Schauspielerin war. Sie war sogar noch schlanker als vor ihrer Schwangerschaft. Sie liebte ihr schmales, fast hageres Gesicht, und ihre fein gemeißelten Züge wurden durch den strengen Knoten, zu dem sie ihr silbrig blondes Haar neuerdings frisierte, vorteilhaft betont.
Gerade wurden die Namen der Kandidaten für den Preis für den besten Schauspieler verlesen, und Lillys Laune verdüsterte sich noch mehr. Sie war ein Hollywood-Geschöpf und hätte viel dafür gegeben, in diesem Augenblick an Erics Seite im Rampenlicht zu stehen.
»Mami, glaubst du, dass Daddy gewinnen wird?«
»Warten wir’s doch einfach ab.«
Rachel stand reglos mitten auf dem schwarz-weißen Marmorboden und starrte auf den Bildschirm.
»Und der Oscar geht an …«
Lilly griff nach der Fernbedienung und stellte das Gerät noch lauter.
»Eric Dillon für Kleine Grausamkeiten! «
Rachel klatschte glücklich in die Hände.
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