Dinner mit Rose
ich, griff nach einem Gummistiefel und schüttelte ihn heftig, um etwaige unliebsame Bewohner zu entfernen, bevor ich ihn anzog. Der andere war auf rätselhafte Weise verschwunden – nach kurzer Suche entdeckte Matt ihn unter einem alten Tweedmantel, der von seinem Nagel in der Wand gefallen war.
»Lass gut sein, Hazel«, verkündete Mum drinnen mit weithin vernehmlicher Stimme. »Die beiden sind schließlich keine kleinen Kinder mehr.« Diese Frau scheute sich nicht, das Messer noch in der Wunde umzudrehen, wenn der Gegner schon am Boden lag.
»Das ist ja alles gut und schön«, bemerkte Hazel bitter. »Aber wenn Josie wieder fortgeht, bin ich diejenige, die die Scherben zusammensetzen muss.«
Ihr Sohn machte angesichts dieser Vorhersage ein verdutztes Gesicht, und ich kicherte, als er mir meinen zweiten Gummistiefel reichte. Er funkelte mich böse an.
»Warum um alles in der Welt sollte sie wieder fortgehen?«, fragte Mum.
»Natürlich wird sie das! Sie ist an das Leben in der Großstadt gewöhnt – daran, in Restaurants zu essen und in Nachtclubs zu gehen. Da wird sie sich kaum mit Matthew auf einer kleinen Milchfarm in Waimanu niederlassen.«
»Und ob sie das wird.« Roses Stimme klang vor Schmerz und Erschöpfung etwas undeutlich. »Sie brennt geradezu darauf.«
Ich schloss in stummem Entsetzen die Augen. Tag fünf einer Beziehung ist nicht der richtige Zeitpunkt für solche Enthüllungen.
»Tust du das?«, fragte Matt ruhig, und ich schlug die Augen wieder auf. Er sah nicht mich an, sondern die schwarzen Umrisse des Holzschuppens, und sein Tonfall milder Neugier klang fast überzeugend.
Ich setzte zu einer oberflächlichen, unverfänglichen Antwort an, entschied mich dann aber abrupt dagegen. Wenn er gefragt hatte, dann, weil er es wirklich wissen wollte. »Ja.«
Da sah er mich an und lächelte schief. Für dieses Lächeln würde ich endlose Wüsten durchqueren und über schroffe Klippen klettern – bei näherer Betrachtung war es wahrscheinlich gut, dass Matt das nicht wusste. Obwohl ich mir, wenn ich ehrlich war, eingestehen musste, dass er es vermutlich wusste. »Komm«, sagte er. »Der Himmel weiß, was sie als Nächstes sagen werden.«
Ohne auf Hunde und Schwein zu achten, stapften wir über den Kiesplatz zu seinem Transporter. Im Fußraum der Beifahrerseite lagen eine Kettensäge und mindestens drei Pullover, auf dem Sitz ein Werkzeugsammelsurium. »Ich sollte wirklich mal aufräumen«, stellte er lakonisch fest. »Warte, ich schmeiße das ganze Zeug nach hinten.«
»Es wäre einfacher, mich nach hinten zu schmeißen«, entgegnete ich, dabei hob ich einen Drahtspanner auf.
Er grinste. »Eine verlockende Vorstellung. Zumal unsere Mütter uns durchs Küchenfenster beobachten würden.«
Wir legten den kurzen Weg von Roses Haus zu seinem schweigend zurück, stiegen aus und gingen über den ungemähten Rasen. Hinter dem kleinen Fenster des Waschraums leuchtete ein aprikosenfarbenes Licht, das er angelassen hatte. Wir stiegen die Hintertreppe hoch, und sowie wir im Haus waren, schloss Matt die Tür hinter uns, und wir fielen uns in die Arme.
»Zwölf volle Stunden«, murmelte ich, als mir meine Stimme wieder gehorchte. »Ganz für uns allein.«
»Ich liebe die Art, wie deine Stimme zu zittern beginnt, wenn ich dich küsse.« Er legte die Stirn gegen meine. »So hast du beim allerersten Mal geklungen, und ich konnte kaum glauben, dass ich das wirklich bei dir schaffe, wo ich doch mein ganzes Leben lang versucht habe, dich zu beeindrucken.«
Ich lächelte und küsste ihn erneut. »Aber du warst so viel cooler als ich. Sehen wir der Wahrheit ins Auge – das bist du eigentlich auch heute noch.«
»Ach was«, wehrte er ab. »Ich bin ein ungehobelter, verwahrloster Milchfarmer, der seine Jeans in seine Socken stopft.«
»Nur noch ein bisschen verwahrlost. Du hast dich rasiert.«
»Nur weil ich Angst vor deiner Mutter habe.«
»Sehr klug von dir. Aber lass dir von ihr ja nicht die Haare schneiden.«
»Alles, nur das nicht. Du riechst gut, Jose.«
»Nach Pfefferminz?«, fragte ich.
Er schnupperte an mir. »Nein, nach dir. Nach – nach Sonnenschein oder so etwas.«
Ich schlang die Arme fester um seine Taille. »Wie riecht denn Sonnenschein?«
»Wie du. Hör doch zu , Josephine.« Er ahmte Roses Tonfall perfekt nach.
Ich lachte. »Können wir jetzt ins Bett gehen, oder müssen wir noch nach den Kühen sehen?«
»Das sollten wir besser, aber vielleicht können wir es noch eine Weile
Weitere Kostenlose Bücher