Dinner mit Rose
Clare.
Unwillkürlich musste ich lachen. »War das der Auslöser für die Idee zur Vasektomie?«
»Nicht ganz«, erwiderte Clare mit einem verschmitzten Lächeln. »Der entscheidende Auslöser war, glaube ich, dass die Sky-Karte im Decoder fehlte, als Brett sich gestern das Rugbyspiel ansehen wollte.« Verträumt fügte sie hinzu: »Ich hab sie heute Morgen in der Backofenschublade gefunden.«
Wir planschten in den seichten Stellen zwischen den Felsen und suchten Einsiedlerkrebse (Michael ließ sich nur schwer davon abbringen, eine Sammlung davon in seinen Hosentaschen mit nach Hause zu nehmen), bevor wir uns am Fuß der Dünen zu einem Picknick niederließen. Ein frischer, mit Sand durchsetzter Wind kam auf, als wir gerade unsere Sandwiches auspackten. Charlie gelang das Kunststück, den Schokoladenkuchen mit der Glasur nach unten auf den Boden fallen zu lassen, so dass die Mahlzeit vernehmlich zwischen unseren Zähnen knirschte. Die Kinder wurden langsam müde, begannen zu frieren und zu quengeln und wollten in ihren nassen Sachen über den Strand zurückgetragen werden. Lucy fand einen verrotteten Kugelfisch, drückte ihn liebevoll an ihre Brust und bekam einen Wutanfall, als wir ihr nicht erlaubten, ihn mit nach Hause zu nehmen. Aber all das waren nur kleinere Zwischenfälle, die einen ansonsten wunderbaren Tag kaum trüben konnten.
Auf dem Rückweg kehrten wir bei McDonald’s ein und verspeisten Chicken-Nuggets und Pommes frites (Lucy kam mit verdächtig feuchtem Höschen von der Spielecke zurück, aber Clare und ich sind schreckliche Gäste, und wir verzichteten mit der Begründung, in solchen betont kinderfreundlichen Restaurants müsse mit derartigen Malheurs gerechnet werden, darauf, uns auf die Suche nach einer Pfütze zu machen und sie wegzuwischen). Es war fast sechs, als Clare mich zu Hause absetzte. Ich ging durch die Hintertür in die Küche und fand dort Andy und zwei andere Typen vor, die Playstation spielten. Zwischen ihnen stand ein halbleerer Kasten Bier.
»Hey.« Andy nuschelte bereits ganz leicht. »Hey, Jo! Bier?«
»Um Gottes willen, nein«, lehnte ich nachdrücklich ab. »Wie kannst du nur!« Schon vor zehn Jahren war ich nicht wild darauf gewesen, mich zwei Abende hintereinander volllaufen zu lassen, und heute würde ich eine solche Orgie vermutlich nicht mehr überleben.
»Der Kater muss zu trinken haben«, erklärte er lässig. »Wade, Euan – das ist Jo. Sie ist schwer in Ordnung.«
Den Rest des Abends verbrachte ich damit, mit ihnen Gran Turismo zu spielen, während sie den letzten Flaschen den Garaus machten, und es war der lustigste Abend, den ich bislang in dieser Wohnung erlebt hatte. Als gegen zehn das Bier ausging, erbot ich mich, die Jungs nach Hause zu fahren, doch sie lehnten ab und sagten, sie würden auf der Couch schlafen, wenn ihnen nicht mehr nach einem Fußmarsch zumute wäre. Also zog ich mich mit einer Sammlung von Autoschlüsseln und dem Gefühl, reif und verantwortungsbewusst zu handeln, in mein Zimmer zurück und ging zu Bett. Dass man mir unterstellt hatte, einen vorbildlichen Einfluss auf andere auszuüben, war mir offenbar zu Kopf gestiegen.
Irgendwann mitten in der Nacht teilte mir eine undeutliche, biergeschwängerte Stimme mit, die Couch sei nicht allzu bequem und der Besitzer der Stimme würde mein Bett vorziehen. Als ich endlich ganz zu mir gekommen war, war bereits ein viel zu spärlich bekleideter Spargeltarzan zu mir unter die Decke gekrochen. Ich warf ihn sofort wieder raus, war aber über die nächtliche Störung weniger verärgert als vielmehr erleichtert. Ich war nämlich mitten in einem unangenehmen Traum gefangen gewesen, in dem Matt mir mit herablassendem Mitleid erklärte, es sei kein Wunder, dass Graeme mir den Laufpass zugunsten von Chrissie gegeben habe, so hübsch wie sie sei. Wenn ich jemals auf Männer attraktiv wirken wolle, solle ich besser anfangen, Lipgloss zu benutzen und enge Moleskinhosen zu tragen.
Kapitel 8
H AT JO EINEN Moment Zeit?«, ertönte eine vertraute Stimme am Empfang.
Es war ein regnerischer Mittwochmorgen Anfang Mai, und ich arbeitete stapelweise Papierkram ab.
»Es tut mir leid, aber sie ist völlig ausgebucht«, erwiderte Amber spröde. »Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer hinterlassen, ruft sie Sie zurück, wenn sie einen Termin frei …«
Ehe sie den Satz zu Ende bringen konnte, sprang ich von meinem Schreibtisch auf.
»Hey, Matt, warte!«
Beim Klang meiner Stimme drehte sich Matt um. »Ich kann später
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