Diplomat der Sterne
würde mir gern mal die Filme ansehen, von denen Sie sprachen«, meinte Retief. »Die Filme, welche die Installationen auf dem Satelliten zeigen.«
Der Kapitän kam seinem Wunsch nach. Retief sah die öde Oberfläche des winzigen Mondes, so, wie die Terrific sie vor neun Jahren gesehen hatte. In scharfem Schwarz-und-Weiß-Kontrast warfen Reihe um Reihe identischer Schiffsleiber lange Schatten über die gekerbte, metallische Oberfläche des Satelliten.
»Sie hatten da eine recht hübsche Überraschung geplant«, bemerkte Retief. »Ihr Besuch muß sie in Panik versetzt haben.«
»Sie sollten jetzt etwa angriffsbereit sein«, schätzte der Kapitän. »Neun Jahre dürften genügt haben …«
»Halten Sie dieses Bild an«, sagte Retief plötzlich. »Was ist das für eine zackige, schwarze Linie dort auf der Ebene?«
»Ich glaube, es ist eine Erdspalte. Die kristallinische Struktur …«
»Ich glaube, ich habe da eine Idee«, murmelte Retief. »Ich habe mir gestern abend im Außenministerium Einblick in ein paar Geheimakten verschafft. Eine davon war ein Fortschrittsbericht über ein Kernbrennstoff-Lager. Als ich es las, konnte ich nicht viel damit anfangen, aber jetzt wird mir einiges klar. Welches ist das Nordende dieser Spalte?«
»Am oberen Bildrand.«
»Wenn ich mich nicht irre, ist das das Bomben-Depot. Die Groaci verstecken gern Dinge unterirdisch. Ich frage mich, was ein direkter Treffer mit einer 50-Megatonnen-Rakete wohl bewirken würde?«
»Wenn es sich wirklich um ein Waffenlager handelt«, erwiderte der Kapitän, »ist es ein Experiment, das ich gern versuchen würde.«
»Könnten Sie es treffen?«
»Ich habe fünfzig schwere Raketen an Bord. Wenn ich sie in direkter Folge abfeuere, sollten sie die Verteidigung überwinden. Ja, ich kann es treffen.«
»Ist die Entfernung nicht zu groß?«
»Diese Raketen sind Luxus-Modelle.« Der Kapitän lächelte boshaft. »Video-Steuerung. Wir könnten sie geradewegs in eine Bar lenken und auf einem Barhocker landen.«
»Was würden Sie dazu sagen, wenn wir es versuchen?«
»Ich habe lange Zeit auf ein festes Ziel gewartet«, antwortete der Kapitän.
Eine halbe Stunde später stieß Retief Shluh sanft in einen Sitz vor dem Bildschirm.
»Diese sich ausbreitende Staubwolke war einmal der Satellit von Groac, Shluh«, erklärte er. »Es sieht so aus, als wäre etwas damit passiert.«
Der Polizeichef starrte fassungslos auf den Bildschirm.
»So ein Pech«, meinte Retief. »Aber da war ja auch nichts von Bedeutung, nicht wahr, Shluh?«
Shluh murmelte Unverständliches.
»Nichts als ein nackter Haufen von Eisen, Shluh, hat mir das Außenministerium versichert, als ich um Auskunft bat.«
»Ich wünschte, Sie würden Ihren Gefangenen außer Sicht halten«, sagte der Kapitän. »Es fällt mir sehr schwer, nicht Hand an ihn zu legen.«
»Shluh möchte gern helfen, Kapitän. Er ist ein böser Bube gewesen, aber jetzt möchte er mit uns zusammenarbeiten, habe ich den Eindruck, ganz besonders im Hinblick auf die bevorstehende Ankunft eines terrestrischen Schiffes – und wegen der Staubwolke dort draußen«, erklärte Retief.
»Was meinen Sie damit?«
»Kapitän, Sie können es hier oben noch eine weitere Woche aushalten, Kontakt mit dem Schiff aufnehmen, wenn es eintrifft, sich in Schlepp nehmen lassen, und Ihre Sorgen sind vorüber. Wenn Ihre Filme an der entsprechenden Stelle gezeigt werden, wird eine Friedenmacher-Flotte hier erscheinen und Groac auf einen subtechnischen Kulturstand reduzieren. Man wird ein Monitor-System aufstellen, um zu verhindern, daß Groac jetzt noch viel tun könnte, nachdem ihre handliche Eisenmine im Himmel verschwunden ist.«
»Das ist richtig, und …«
»Andererseits wäre da noch das, was ich die diplomatische Annäherung nennen würde …« Er erklärte dies des längeren und breiteren. Der Kapitän sah ihn nachdenklich an.
»Ich bin einverstanden«, sagte er schließlich. »Was ist mit diesem Burschen?«
Retief wandte sich an Shluh. Der Groacianer erschauerte und zog seine Stielaugen ein.
»Ich werde es tun«, flüsterte er.
»Gut so«, sagte Retief. »Kapitän, wenn Sie von Ihren Leuten den Sender von der Fähre herbringen lassen würden, könnte ich vielleicht mit einem Burschen namens Fith vom Außenministerium sprechen.« Er wandte sich an Shluh. »Und wenn ich Fith dranhabe, Shluh, werden Sie genau das tun, was ich Ihnen gesagt habe – oder es werden bald terrestrische Monitoren in Groac City
Weitere Kostenlose Bücher