Diplomat der Sterne
wenn der Potentat impulsiv ein Handelsabkommen vorschlägt entsprechend den Richtlinien, die sie die letzten zwei Monate diskutiert haben.«
»Ihre spöttische Haltung ist völlig unangebracht, Retief«, entgegnete Magnan scharf. »Es ist Ihnen doch wohl klar, daß diese Ihre Beförderung im Corps verzögert hat.«
Retief warf einen letzten Blick in den Spiegel. »Ich bin gar nicht so sicher, daß ich eine Beförderung will. Es würde noch mehr Aufschläge bedeuten.«
Botschafter Crodfoller wartete mit geschürzten Lippen, bis Retief und Magnan ihre Plätze unter den Diplomaten, die ihn umringten, eingenommen hatten.
»Ein Wort der Vorsicht, meine Herren. Denken Sie immer an die Notwendigkeit unserer Solidarität mit der Nenni-Kaste. Auch nur eine Spur von Vertraulichkeit mit niedrigeren Kasten könnte bereits den Fehlschlag unserer Mission zur Folge haben. Wir wollen rekapitulieren: Die Nenni repräsentieren hier auf Petreac die Autorität; ihre Traditionen müssen beachtet werden, wie immer wir auch persönlich dazu stehen mögen. Wir wollen jetzt hineingehen; der Potentat wird jetzt jeden Augenblick erschienen.«
Magnan ging neben Retief zum Salon. »Die Bemerkungen des Botschafters waren hauptsächlich an Ihre Adresse gerichtet, Retief«, sagte er. »Ihre Nachlässigkeit in diesen Dingen ist notorisch. Natürlich bin ich selbst ganz und gar für demokratische Prinzipien.«
»Haben Sie je das Gefühl gehabt, Mr. Magnan, daß hier etwas vorgeht, von dem wir nichts wissen?«
Magnan nickte. »Genau. Das ist es ja auch, was Botschafter Crodfoller meint. Dinge, die nicht die Nenni betreffen, gehen uns auch nichts an.«
»Ein anderes Gefühl, das ich habe, ist, daß die Nenni nicht sonderlich intelligent sind. Nun mal angenommen …«
»Ich halte nichts von Mutmaßungen, Retief. Wir sind hier, um die Politik des Missionschefs zu unterstützen. Und ich möchte bestimmt nicht in den Schuhen eines Botschaftsmitgliedes stecken, dessen Benehmen das Handelsabkommen, das heute abend abgeschlossen werden soll, gefährdet.«
Ein Bediensteter mit einem Tablett voller Drinks kam um eine Säule, erschrak, als er plötzlich vor den Diplomaten stand, versuchte, das Tablett nicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, und ließ ein Glas zu Boden krachen. Magnan sprang zurück und schlug auf das purpurne Tuch seiner Beinkleider. Retiefs Hand schoß vor und hielt das Tablett fest, um weiteres Unheil zu verhindern. Der Diener rollte angstvoll die Augen.
»Ich werde mir gleich ein Glas nehmen, da Sie einmal da sind«, sagte Retief leichthin und nahm ein Glas vom Tablett. »Es ist ja nichts passiert. Mr. Magnan übt sich ein bißchen für das große Tanzvergnügen ein.«
Ein Nenni-Majordomo eilte herbei und rieb sich höflich die Hände. »Irgendein Ärger? Was ist geschehen, Ehrenwerte? Was, was …«
»Dieser tollpatschige Idiot«, regte Magnan sich auf. »Wie kann er es wagen …«
»Sie sind wirklich ein hervorragender Schauspieler, Mr. Magnan«, lobte Retief. »Wüßte ich nichts von Ihren demokratischen Prinzipien, würde ich fast glauben, daß Sie tatsächlich ärgerlich sind.«
Der Diener senkte den Kopf und zog sich hastig zurück.
»Hat dieser Bursche Ihnen Ärger gemacht …?« Der Majordomo blickte dem Tablett-Träger nach.
»Ich habe mein Glas fallen lassen«, erklärte Retief. »Mr. Magnan regt sich nur auf, weil es ihm verhaßt ist, Alkohol so vergeudet zu sehen.«
Retief wandte sich um und fand sich Auge in Auge mit Botschafter Crodfoller.
»Ich habe das mit angesehen«, zischte der Botschafter. »Durch die Güte der Vorsehung ist der Potentat und sein Gefolge noch nicht erschienen, aber ich kann Ihnen versichern, daß die Dienerschaft es gesehen hat. Ein un-Nenni-hafteres Verhalten kann ich mir schwer vorstellen.«
Retief setzte einen Ausdruck tiefsten Erstaunens auf. »Un-Nenni-hafter, Sir? Ich bin nicht sicher, daß ich ein …«
»Pah!« Der Botschafter bedachte Retief mit einem niederschmetternden Blick. »Ihr Ruf ist Ihnen vorausgeeilt, Sir. Ihr Name verbindet sich mit einer Anzahl der bizarrsten Vorfälle in der Corps-Geschichte. Ich warne Sie! Ich werde hier nichts dulden!« Er wandte sich ab und stakste steif davon.
»Einen Botschafter herauszufordern, ist ein gefährlicher Spaß, Retief«, warnte Magnan.
Retief nahm einen Schluck aus seinem Glas. »Nun, immerhin besser als gar kein Spaß.«
»Sie würden besser daran tun, die Verhaltensweisen der Nenni zu beachten. Offengestanden, Retief, Sie
Weitere Kostenlose Bücher