Disco Dracula
Gesicht heute gehörte zu den schlimmsten.
Ein uralter Vampir hauste hier. Er musste sich dieses Gemäuer als Heimat ausgesucht haben, und ich dachte sofort an das Verschwinden der beiden Mädchen. Wahrscheinlich war der Blutsauger dafür verantwortlich. Wenn ja, wo steckten sie jetzt? Irrten sie vielleicht als weibliche Vampire durch die Nacht und verbargen sich tagsüber, damit sie niemand zu Gesicht bekam?
Damit musste ich nach Lage der Dinge rechnen, eine andere Möglichkeit sah ich nicht.
Wer war der Vampir?
Ich zerbrach mir umsonst den Kopf darüber, gesehen hatte ich ihn heute zum ersten mal, und ich musste auch an die Disco denken, die an diesem Abend sicherlich brechend voll sein würde.
Dort befanden sich Menschen. Sie wollten sich amüsieren, und keiner der Gäste ahnte, welch eine Gefahr über ihnen schwebte.
Dabei hatte Kommissar Schwarz nicht an Vampire geglaubt. Er war eines Besseren belehrt worden.
Moment mal. Jetzt erst fiel mir der deutsche Kriminalbeamte ein, Himmel, wo steckte er denn? Ich hatte ihn überhaupt nicht zu Gesicht bekommen.
Da kein Strick um meinen Hals lief, konnte ich zum Glück den Kopf bewegen. So schaute ich nach rechts und links, eine Spur jedoch sah ich von meinem Begleiter nicht.
Angst stieg in mir hoch. Weniger um mich, sondern um Christian Schwarz. Wenn ich das Schlimmste annahm und ihm die Flucht nicht gelungen war, dann konnte es sein, dass er sich in den Klauen des alten Blutsaugers befand oder sogar selbst zu einem Vampir gemacht worden war.
Diese Möglichkeit war wirklich grauenhaft. Ich wollte gar nicht darüber nachdenken.
Die Luft hier oben war schlecht. Staub tanzte vor meinen Augen. Ich hatte Magendrücken und atmete nur durch die Nase ein. So leicht waren die Nachwirkungen der Schläge doch nicht zu verdauen.
Die ganze Zeit über war mir schon etwas aufgefallen. Ein rhythmisches, gleichzeitig dumpfes Geräusch, das von irgendwoher drang und stets gleich blieb. Es nahm nicht ab, es steigerte sich auch nicht. Ich konzentrierte mich noch stärker, überlegte, was es sein konnte und kam auch zu einem Ergebnis.
Es war die Musik aus der Disco.
Himmel, da war ich ja ziemlich lange bewusstlos gewesen, wenn der Betrieb schon begonnen hatte.
Die oder der Vampir hatten freie Bahn. Und ich stand hier oben gefesselt an einem Balken und konnte mich nicht rühren.
Die Waffen hatte man mir gelassen. Ich verspürte den vertrauten Druck von Kreuz, Beretta und Dolch. Leider kam ich nicht an sie heran, und so musste ich erst einmal versuchen, die Fesseln zu lösen, obwohl es mir noch ziemlich mies erging, denn an den Nachwirkungen der Schläge hatte ich jetzt noch zu knacken.
Ich bewegte mich.
Schlangentanz, nennt man das. Oder Bauchtanz, denn ich wollte versuchen aus den um meinen Körper gespannten Stricken herauszurutschen, was wirklich nicht einfach war. Der Unbekannte hatte die Fesseln sehr stramm gezogen.
Ich rutschte hin, und her, auf und nieder, kämpfte wirklich verzweifelt.
Auch die Chance, den Balken vielleicht umzureißen, verging, denn das Gebälk war ziemlich fest verankert und miteinander verbunden.
Aber ich gab nicht auf.
Rechts, links - oben, unten. Irgendwann mussten sich die verdammten Stricke doch lockern.
Tief schnitten sie in meine Kleidung. Zum Glück nur, denn die Haut hätte ich mir sicherlich längst aufgerissen. So schützten mich die Sachen.
Weitermachen, nur nicht aufgeben. Durch meine Bemühungen wirbelte ich Staub hoch, der meine Schleimhäute reizte, so dass ich einen Niesreiz nicht länger unterdrücken konnte.
Zweimal explodierte ich buchstäblich, danach ging es mir besser, obwohl beim Niesen stichartig die Schmerzen in meinem Kopf aufgezuckt waren.
Lockerten sich die Stricke?
Ja, ich glaubte plötzlich, mehr Spielraum zu haben. Das musste doch klappen, zum Henker.
Ich machte weiter.
Keuchte dabei, hustete, nieste wieder, drehte mich, schabte, wendete, ruckte vor so gut es ging, und es gelang mir tatsächlich, die Fesseln ein wenig zu lockern.
Auch hatte ich das Gefühl, der Balken wäre nicht mehr so fest verankert wie zuvor. Vielleicht brach er doch, aber würde er mich dann nicht zusammen mit dem Gebälk begraben?
Das Risiko musste ich eingehen. Ich konnte nicht gefesselt hier hängenbleiben, während unter mir, in der Disco, die Hölle los war. Ich verdoppelte meine Anstrengungen. Hart biss ich die Zähne zusammen, warf mich mit meinem gesamten Gewicht nach vom und hörte es irgendwo über mir knirschen.
Meine
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