Dog Boy
gegenüber noch untereinander. Sie kämpften und heulten, bissen und zankten wegen Nahrung oder irgendwelchem Metallschrott. Bestahlen einander, bekriegten sich, töteten sich sogar gegenseitig. Sie paarten sich, auch wenn einer von beiden nicht wollte. Und berührten sich manchmal mit einer Zärtlichkeit, die ihn mit Verwirrung und Sehnsucht erfüllte.
Romotschka wusste, dass er für Fremde und für Menschen, die in richtigen Häusern lebten, aussah und stank wie einer der bomschi , der vielen Obdachlosen. Die Städter und die milizia machten da keinen Unterschied. Lange hatte es ihm gefallen, dass er als bomsch durchging, doch in letzter Zeit störte es ihn. Wie schon oft entfloh er an diesem Tag seiner unbestimmten Traurigkeit, indem er sich wieder seinen üblichen Tätigkeiten zuwandte: Nahrungssuche oder Rückkehr zur Höhle.
Im Wald war es im Frühling am allerbesten. Die Hunde nahmen für ihn die Witterung auf, und er kletterte wie ein junger Bär, um Eier und Jungvögel aus den Nestern zu rauben. Schwarzer Rüde grub immer wie verrückt nach Maulwürfen, obwohl er nur selten einen erwischte. Sie jagten Hirschkälber, wenn ihnen welche über den Weg liefen, mieden jedoch junge Elche, denn die hatten wilde und sehr starke Mütter. An den von Quellen gespeisten Teichen wimmelte es von Entenjungen und anderen Wasservögeln, doch die waren ziemlich flink.
Romotschka konnte nicht schwimmen und wurde auch nicht gern nass, doch wie alle anderen versuchte auch er, Fische zu fangen, so verlockend war das Glitzern in dem tosenden Bach, der von den prudi durch den Wald in die Stadt floss. Schwarze Schwester, schon immer die Schnellste, war die Einzige, die bisher Erfolg gehabt hatte. Sie hatte bis zu den Schultern im Bach gestanden, konzentriert ins Wasser gestarrt und immer wieder den großen Kopf eingetaucht. Nachdem sie dann das eine Mal mit dem spritzenden, zappelnden silbernen Leckerbissen wieder aufgetaucht war, hatten alle ihre Anstrengungen verdoppelt.
Doch an diesem Tag war Romotschka schlecht gelaunt und nur halbherzig bei der Sache, und sie fingen nichts.
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Grauer Bruder sprang freudig umher, mit dem unmissverständlichen Gebaren eines Regelverstoßes. Mit federndem Gang führte er Romotschka über die Freifläche, sein Hinken kaum wahrnehmbar. Romotschka dachte, Grauer Bruder sei aufgeregt, weil sie zum ersten Mal zu zweit unterwegs waren. Auch er tollte herum, während er sich fragte, welche Möglichkeiten die Nahrungssuche mit seinem hinkenden Bruder bieten könnte. Grauer Bruder war kräftig und ein guter Jäger, wenn auch nicht mehr so schnell wie früher, und das Verbotene machte ihm immer noch mehr Spaß als alles, was erlaubt war. Er schlich sich gern allein davon und provozierte nicht selten Kämpfe mit anderen Rudelhunden, indem er absichtlich deren Grenzen missachtete. Wenn er zusammen mit Schwarze Schwester auf Nahrungssuche ging, kam es vor, dass die beiden jeweils aus ganz unterschiedlichen Bereichen des Reviers wieder zurückkehrten. Einmal war er über einen Tag lang verschwunden gewesen und ohne die geringste Nahrung nach Hause gekommen, am ganzen Körper den Geruch fremder Hunde.
Grauer Bruder markierte den letzten Treffpunkt und stand jetzt zitternd da. Er blickte zum Berg hinüber und zögerte. Romotschka wollte gerade die Führung übernehmen, doch plötzlich sprang Grauer Bruder in die andere Richtung davon. Romotschka lief, vor Freude kläffend, hinter ihm her. In diese Richtung war er noch nie gegangen.
Grauer Bruder verströmte den Geruch von Übermut und hatte ihm viel zu zeigen. Sie überquerten die Grasstreifen an den Hochhäusern, wichen am Straßenrand dem Verkehr und den Joggern aus, streiften an Läden und Verkaufsständen vorbei. Das Abenteuerliche an ihrem Ausflug besserte Romotschkas Laune. Dann kamen sie zum Eingang derMetro. Rings um das gedrungene Glasgebäude mit den ständig schwingenden Türen sah Romotschka bekannte Gesichter, Menschen, die auf kleinen Rasenstücken mit ihren Hunden schliefen oder am Metroeingang bettelten. Er sah, dass auch sie ihn erkannten. Und Grauer Bruder.
Allmählich schwand seine gute Laune wieder. Grauer Bruder kannte diesen Ort auffallend gut. Selbstbewusst zog er von einem Treffpunkt zum anderen. Hierher also stammten die Papiertüten mit den angebissenen piroschki . Die ganzen Brote. Die Kuchen.
Romotschka runzelte die Stirn. Sie hatten ihn hinters Licht geführt. Alle waren in der Stadt auf Nahrungssuche gegangen. Alle
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