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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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betrafen, hab ich gleich eingesteckt.
     Ich musste nicht einmal reinhören, außen stand sorgfältig
     mein Name drauf. Abends bin ich dann ein zweites Mal nach Hofgastein
     gefahren und ins Haus eingestiegen, um Nachlese zu halten. Hätte ja
     sein können, dass Fredl noch irgendwo irgendeinen Hinweis hinterlegt
     hatte. Aber es war unnötig, mich der Aufmerksamkeit der Nachbarn
     auszusetzen.«
    »Hast du Schleißheimer
     gedroht?«
    »Ja, aber nicht damit,
     ihm etwas anzutun. Weil er so ein Angsthase war, hab ich ihn zunächst
     an seine Rentner-Sparbuch-Nummer erinnert, die er in Zell am See geschoben
     hat. Als das allein nicht mehr zog, hab ich ihm die Bloßstellung als
     Defraudant und Stecher minderjähriger Mädchen in Aussicht
     gestellt. Das war alles. Außerdem: Ich war ja bereits am Boden,
     warum also hätte ich ihn noch umbringen sollen? Paul dagegen steht
     der tiefe Sturz noch bevor. Er hat deshalb darauf bestanden, Schleißheimer
     aus dem Verkehr zu ziehen, was er ja letztlich auch getan hat.«
    Auch diese Behauptung ließ
     Kotek unkommentiert, aber die Frage, weshalb Wegener die Morde nach wie
     vor abstritt, versetzte sie in Alarmzustand. Es ging schließlich um
     ihr Leben – und das ihrer Mitgefangenen.
    Doch sie hatte jetzt keine
     Zeit, solchen Gedanken noch länger nachzuhängen. Wegener nahm
     aus einer Innentasche seines Parkas, der neben ihm auf der Sitzbank lag,
     ein Messer und zog es aus der Schweinslederscheide. Es hatte einen
     stabilen Griff aus orangefarbenem Hartplastik und sah aus wie ein oft
     geschliffenes Küchenmesser. Kotek wurde nicht nur als Folge der
     Gehirnerschütterung flau im Magen. Sie hatte die Tatortbesichtigung
     in der Rettenwänd-Hütte vor Augen, wo Pernauer ein
     Schlachtmesser mit exakt diesen Attributen beschrieben hatte.
    »Tja, für einen
     kleinen Plausch sollte immer Zeit sein«, sagte der abgehalfterte
     Adelsspross, während er die Schärfe der Klinge mit der
     Daumenkuppe prüfte. »Besonders dann, wenn man dadurch erfährt,
     was man wissen will. Aber irgendwann ist auch Schluss mit lustig. Ich habe
     nicht drei Nächte hintereinander fast kein Auge zugetan, nur um am
     Ende den kleinen Vorsprung, den ich mir in letzter Minute erarbeitet habe,
     wieder zu verspielen.«
    Ruckartig erhob er sich, ging
     zu den am Boden sitzenden Frauen und postierte sich so neben Hohenauer,
     dass Häuslschmied sowohl sie als auch ihn im Blickfeld hatte.
    »Ich mache es kurz«,
     sagte er an die alte Frau gewandt. »Wenn du mich nicht zum Schatz führst,
     der sich nach Lotte Heinrichs Notizen hier ganz in der Nähe in
     irgendeinem der alten Stollen befinden soll, dann schneide ich Tina die
     Finger ab. Einen nach dem anderen.« Unangenehm nachdrücklich
     demonstrierte er, wie er dabei vorgehen würde, bevor er ohne Hast
     wieder zur Sitzecke zurückging.
    Ohne Hast? Nein, viel eher
     war der Mann todmüde, fertig und hatte sicher nicht nur mutwillig
     darauf hingewiesen, tagelang kaum geschlafen zu haben. Jetzt bemerkte
     Kotek auch Wegeners gerötete Nasenflügel – eine
     Beobachtung, die sie durchaus schon früher gemacht, aber noch nie
     kritisch hinterfragt hatte, man war ja schließlich unter Kollegen.
     Jetzt aber fiel es ihr wie Schuppen von den Augen: Wegener war also nicht
     nur Spieler, sondern auch Kokser. Kein Wunder, dass er nichts als Schulden
     hatte.
    In Zeitlupentempo steckte er
     das Messer in den Parka zurück, setzte sich neben Häuslschmied
     und zog aus einer Hosentasche eine kleine Alu-Dose mit Stecknadeln hervor.
     Er nahm eine heraus und hielt sie der Greisin unter die Nase.
    »Vorher treibe ich der
     Tina allerdings sukzessive eine von diesen Nadeln unter die Fingernägel,
     bis hinein ins Nagelbett. Das tut unerträglich weh. Mit dieser
     Methode haben sich im Vietnamkrieg die Vietkong und die GIs gegenseitig
     gefoltert, um Infos zu bekommen. Sie wirkt immer, und ich glaube kaum,
     dass du das Geheul von Tina aushalten wirst. Sollte das wider Erwarten
     doch der Fall sein oder Tina zu früh ohnmächtig werden, dann
     kommst du selbst dran.«
    »Und warum
     veranstaltest du diese Sauereien nicht mit der Kripo-Tussi?«, fragte
     Häuslschmied scheinbar ungerührt.
    »Weil dir das bei der
     Kripo-Tussi, wie du sie nennst, wurscht wäre. Deine Ausdrucksweise
     verrät dich ja. Du hast zwei Stunden Zeit, dir zu überlegen, wie
     du dich entscheidest. Leider kann ich die Dosis Pentetrazol nicht mehr erhöhen,
     um munter zu bleiben. Ich

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