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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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habe ja jetzt schon verdammte Krämpfe.«
    Er musste Atem holen, um
     weitersprechen zu können. »Ich brauche wirklich eine Mütze
     voll Schlaf. Andererseits wird Jacobi Himmel und Hölle in Bewegung
     setzen, wenn Melanie sich nicht zur vereinbarten Zeit über ihr
     Spezialhandy meldet. Der nächste Anruf sollte um vierzehn Uhr
     erfolgen, also jetzt gleich.«
    Er lachte kurz auf. »Heut
     Morgen hat mir Weider am Telefon noch ganz unbefangen erzählt, der
     Chef habe Kontrollanrufe im Zwei-Stunden-Takt verlangt. Also, Melanie, du
     wirst Hans gleich folgenden Text aufsagen: ›Bei uns ist noch immer
     alles in Ordnung, keine besonderen Vorkommnisse. Gibt’s bei euch was
     Neues?‹ Nur das! Keine Grüße oder sonst irgendwas, und
     vermeide alle Codewörter, die andeuten könnten, dass etwas faul
     ist. Beim geringsten Verdacht erschieße ich dich.«
    »Und was sage ich, wenn
     Hans tatsächlich etwas Neues zu berichten hat?«
    »Dann lass ihn reden
     und verabschiede dich anschließend mit: ›Okay, dann bis später.‹.
     Aber es wäre besser für euch, wenn der Anruf ohne Komplikationen
     vonstattenginge.«
    Er wählte eine
     Kurznummer auf ihrem Handy und hielt es ihr ans Ohr.
    Wie erwartet hob Weider ab.
     Kotek sagte folgsam ihren Text auf, Weider hatte nichts zu berichten, und
     Wegener legte danach ohne Hast auf.
    »Wenn er nichts gemerkt
     hat, haben wir jetzt weitere zwei Stunden gewonnen. Trotzdem sollten wir
     bis spätestens sechzehn Uhr oder besser sechzehn Uhr dreißig
     von hier verduftet sein, denn Jacobi hat meistens noch einen Joker im
     Talon. Aber selbst, wenn Hans was gemerkt hätte: Sogar Urviecher wie
     Leo und Lenz bräuchten auf Tourenskiern immer noch gute zwei Stunden
     von Böckstein bis hierher, vorausgesetzt, dass sie noch in Gastein
     sind. Es ist jetzt knapp nach zwei. Um vier wirst du über drei Leben
     befinden, Amanda: über das der beiden jungen Damen und dein eigenes.«
    Er nahm aus der
     Stecknadeldose zwei kleine Schlüssel, zeigte sie den Frauen und
     sagte: »Mein eigener und deiner, Melanie.« Sie waren für
     die Handschellen. »Fluchtversuche sind also unnötig und vor
     allem nutzlos. Selbst wenn es euch gelänge, das Haus zu verlassen, würdet
     ihr nicht weit kommen. Sämtliche Tourenski stehen drüben im
     Schlafzimmer, mit denen hole ich euch schnell ein. Also versucht es erst
     gar nicht. Ihr erspart euch eine Menge Schmerzen – zumindest
     vorerst.«
    Er verließ die Stube
     und schloss im Schlafzimmer hinter sich ab, wohl um nicht durch irgendeine
     Verzweiflungsattacke überrascht zu werden. Spätestens ab diesem
     Zeitpunkt war klar: Wegener hatte tatsächlich vor, sich hinzulegen,
     sein Schlafbedürfnis musste im wahrsten Sinne des Wortes überwältigend
     sein.       
    Kotek hatte Todesangst, und
     gerade deshalb arbeitete ihr Gehirn auf Hochtouren. Wegener war durch den
     extremen Schlafmangel oder seinen Medikamentenmissbrauch zwar platt, aber
     Gefangene – und mochten sie auch angekettet sein –
     unbeaufsichtigt sich selbst zu überlassen, das hätte auch in
     seiner Lage wohl kaum ein Schwerverbrecher getan. Und da er kein hundertäugiger
     Argus war, musste er andere Augen haben, die für ihn wachten.
    Es dauerte keine fünf
     Minuten, da ertönte aus dem Nebenraum lautes Schnarchen. Trotzdem ließ
     Kotek es vorsichtig angehen.
    »Wo sind die Handys?«,
     fragte sie leise.
    »Sämtliche Handys,
     Ihr Lawinenpiepser und unsre Glocks liegen drüben bei ihm im
     Schlafzimmer«, gab Hohenauer ebenso leise Auskunft.
    »Wie und wo hat er Sie
     letztlich erwischt?«
    »Es war so, wie er erzählt
     hat. Er hat mich auf der Brücke gehört und dann hinterm
     Valerie-Haus auf mich gewartet. Als ich von der Genossenschaftsalm kam und
     nah genug heran war, stand er plötzlich da und hielt mir die Pistole
     unter die Nase. Anschließend hat er mich vor sich hergehen lassen
     und sich hier neben die Tür gestellt, ehe mir Amanda öffnete.«
    Kotek horchte auf das
     Schnarchen im Nebenzimmer. Sie wusste, sie hatte nur diesen einen kleinen
     Trumpf in der Hand, und der musste stechen. Aber dazu musste sie ihn erst
     ausspielen.
    »Hm, Tina«,
     begann sie verhalten, »das ist leider schwer zu glauben, ebenso
     wenig wie die anderen Zufälligkeiten.«
    Hohenauer drehte ihren Oberkörper
     zur Seite und versuchte der Mitgefangenen ins Gesicht zu blicken. »Ich
     glaube, ich verstehe nicht ganz.«
    »Frau Häuslschmied
     saß sicher ständig am Fenster,

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