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Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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wohl noch etliche Stunden bleiben,
     bewacht und umsorgt von Salma Schleißheimer.«
    »Und warum hat sich der
     Pauli niedergesoffen? Das soll doch sonst nicht seine Art sein.«
    »Weil die Unterschrift
     Schleißheimers auf der Kreditbewilligung gefälscht ist, sodass
     sein Umschuldungskonstrukt nun doch noch Gefahr läuft
     zusammenzubrechen. Marageter ist also aus dem Rennen, und nach Regenmandls
     Leiche suchen bereits die oberösterreichischen Kollegen in den
     Salzachauen zwischen Ostermiething und Burghausen. Aber erst die
     Verdachtsmomente, die sich gegen Stubi richteten, haben mich auf die
     richtige Spur gebracht. Ich zog die Asservatenkammer und die
     Rechnungsabteilung zurate und: Volltreffer! Wegeners Gehaltskonto ist
     hoffnungslos überzogen, seine Häuser gehören mittlerweile
     den Banken, und er ist Stammgast in der Asservatenkammer, wo er immer
     wieder mal Koks durch Staubzucker ersetzt. Zu guter Letzt hat er sich
     letzte Woche einen Peilsender von der Technik geholt – mit von mir
     unterzeichnetem Anforderungsformular. Vermutlich hat er ihn an Regenmandls
     Range Rover angebracht, um schneller zu sein als wir.«
    »Ein frecher Hund! Und
     was ist jetzt mit Stubi?«
    »Seine penetrante Fürsorglichkeit
     wäre ihm beinahe zum Verhängnis geworden. Er wollte Werner, den
     er ja für krank hielt, besuchen und sah ihn ausgerechnet mit
     Regenmandls Range Rover vor seinem ehemaligem Zinshaus auf den Parkplatz
     fahren.«
    »Du sagtest ›beinahe‹,
     also lebt Stubi noch?«
    »Ja, er wollte Werner
     zur Rede stellen, aber der hat ihn erst zusammengeschlagen und dann mit
     Paketband verschnürt in seinem Kellerabteil zurückgelassen.«
    »Hauptsache, er ist
     noch am Leben.«
    »Ist er. Ehe Werner
     abgehauen ist, hat er Stubi sogar noch genüsslich den Grund für
     dessen rätselhafte Magenverstimmung genannt. Um die Haussuchung bei
     den Schleißheimers allein durchführen zu können, hat er
     Stubis geliebte Gorgonzola-Jausensemmel schon tags zuvor mit einer
     Schimmelpilzkultur geimpft, also noch ehe er nach Gastein gefahren ist, um
     Schleißheimer zu ermorden. Für den Samstag glaubte er, Stubi
     damit außer Gefecht gesetzt zu haben, doch dessen Pflichtbewusstsein
     gab erst am späten Nachmittag w.o. und hätte ihm so fast noch
     einen Strich durch die Rechnung gemacht. Stubi ist übrigens auch
     jetzt wieder auf dem Weg ins Krankenhaus.«

 
    42
    DER SCHLÜSSEL steckte
     tatsächlich in einer Fuge unter der Holztreppe, sodass die drei
     Frauen unbehelligt den Dachboden erreichten. Dem Vorschlag Hohenauers, auf
     die wenig Erfolg versprechende Flucht zu verzichten und stattdessen die
     sich nach oben öffnende Bodenfalltür mit zwei massiven Pfosten
     zu beschweren und danach auf Hilfe zu warten, erteilten sowohl Kotek als
     auch Häuslschmied eine Absage.
    »Dein Liebhaber würde
     nicht zögern, das Haus abzufackeln«, sagte die alte Frau.
     »Dabei entginge ihm zwar das Gold, das ihm beliebig viele
     Menschenleben wert ist, aber ein Spieler, wie er einer ist, würde in
     einer derartigen Pattsituation sicher nicht tatenlos auf seine Verhaftung
     warten.« Damit war diese Variante vom Tisch.
    Das Haus durch die Dachluke
     zu verlassen entpuppte sich nicht als so einfach wie geglaubt, weil die
     Luke nur nach und nach hochgestemmt und vom darauf lastenden Schnee
     befreit werden konnte. Dann aber gestaltete sich der Abgang der drei
     Frauen dank der bergseitigen Hangaufschüttung als Kinderspiel. Mit
     zwei, drei Schritten Anlauf sprang sogar Häuslschmied in ihren
     Winterstiefeln vom Dach in den fast hüfthohen Schnee auf der
     Erdrampe.
    Und so schlecht waren ihre
     Karten auch wieder nicht: Sie waren alle drei mit Winterkleidung ausgerüstet,
     hatten den Rucksack samt Inhalt und zwei Stablampen mit starken Batterien
     zur Verfügung, und das Paar Schneeschuhe, das sie auf dem Dachboden
     gefunden hatten, betrachteten sie als einen echten Wink des Schicksals.
    Doch schon nach den ersten
     hundert Schritten nach Osten in Richtung Bockartsee-Straße verflog
     die leichte Euphorie, die sie nach dem Verlassen des Hauses erfasst hatte.
     Zwar kam die Greisin dank der Schneeschuhe zunächst so gut voran,
     dass die beiden jüngeren Frauen ihr im Tiefschnee kaum zu folgen
     vermochten, erlahmte aber unter den extremen Bedingungen schnell. Ein
     weiteres Problem war die Orientierungslosigkeit. Ohne ihr Handy bedauerte
     Kotek nun, dass sie ihre Taucheruhr mit Kompassfunktion, ein Geschenk

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