Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dohlenflug

Dohlenflug

Titel: Dohlenflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
Vom Netzwerk:
kurzen
     Bockartsee-Tunnel hinunter ins Naßfeld. Der war seinerzeit die
     einzig sinnvolle und logistisch notwendige Transportverbindung vom Naßfeld
     hinauf zum Bockartsee-Wehr.«
    Er hatte tatsächlich
     »logistisch« gesagt, und Max Haberstroh war tief beeindruckt.
    »Üblicherweise
     benutzen nur Befugte den Tunnel, aber zurzeit finden Wartungsarbeiten an
     der Staumauer statt, weshalb er manchmal oft tagelang offen steht. Während
     also der Abstieg von der Bockartsee-Hütte über den verschneiten
     Wandersteig eine Option für Selbstmörder wäre, stellt die
     Route durch den Tunnel eine bequeme und relativ sichere Abkürzung
     dar.«

 
    37
    KOTEK WAR EBEN an der
     Ortschaft Böckstein vorbeigefahren und hatte noch einmal Redl und
     Feuersang kontaktiert. Abgesehen von den Anrainern des »Hotels
     Evianquelle« hatten die beiden niemanden in Richtung Naßfeld
     fahren oder touren gesehen, und von ihrem Beobachtungsposten aus hätten
     sie jeden Pkw und jeden Passanten spätestens an der hell erleuchteten
     Brücke bemerkt.
    Feuersang hatte am Handy
     ziemlich übernächtigt geklungen, was ja auch kein Wunder war.
     Kotek hatte nicht zu fragen gewagt, ob einer von ihnen auf der Wache
     eingeschlafen war.
    Die alte Naßfelder Straße
     war bis zum Parkplatz hinter dem »Hotel Evianquelle« geräumt.
     Von dort war an ein Weiterkommen auch mit einem Allrad-Pkw nicht mehr zu
     denken. Kotek ließ den Wagen stehen und bereitete sich auf die Tour
     nach Sportgastein vor.
    Noch immer schneite es
     – zwar nicht mehr ganz so stark wie am Vortag, aber dennoch dicht
     genug, um die Sicht auf zwanzig bis dreißig Meter zu begrenzen. Auf
     der schmalen Trasse zwischen buschbestandenem Hang und Gasteiner Ache
     stach Kotek nichts Verdächtiges ins Auge. Nur jungfräulicher
     Schnee – keine zugeschneiten Reifenspuren in Richtung Asten-Almen
     und auch kein noch so kleiner Hinweis auf einen nächtlichen
     Tourengeher.
    Da erreichte sie der Anruf
     von Max Haberstroh und machte ihr augenblicklich Beine. Schnell verständigte
     sie noch Redl, Weider und Jacobi und versprach, sich sofort zu melden,
     wenn sie das Landhaus erreicht hatte.

 
    38
     
    AUF DER GADAUNERER HOCHALM
     standen etliche Almhütten. Die erste nach der Waldgrenze und der
     Hochalm-Straße am nächsten gelegene gehörte dem Stubner
     Bauern. Nur wenige Meter dahinter stand eine zweite, auf deren Höhe
     die Ski-Doos hielten.
    Haberstroh und die beiden
     Gendarmen hätten blind und vom Geruchssinn verlassen sein müssen,
     wäre ihnen trotz des Schneefalls nicht der dicke Qualm aufgefallen,
     der aus dem gemauerten Kamin quoll. Anders als bei den umliegenden
     eingeschossigen Almhütten handelte es sich bei dieser um einen
     atypischen schmalbrüstigen Holzbau mit steilgiebligem Dach und
     zweitem Stockwerk.
    »Die Wolkerl-Hütte«,
     erklärte Hofstätter. »Gehört dem Alpenverein. Wie man
     sieht, ist sie belegt.«
    Haberstroh nickte. »Drinnen
     müssten sie die Motoren längst gehört haben. Komisch, dass
     niemand vor die Hütte tritt, was in dieser Einöde eigentlich zu
     erwarten wäre. Wahrscheinlich hatten wir mit unserer Vermutung
     wirklich recht. Kollege Hofstätter, du fährst noch ein Stück
     weiter hinauf und näherst dich dann der Hütte von oben. Und Herr
     … äh …«
    »Gruber, Inspektor
     Philipp Gruber«, half der Beamte Haberstroh.
    »Danke, also der
     Kollege Gruber bleibt hier bei seinem Gerät – zur Sicherheit,
     falls etwas Unvorhergesehenes passiert und ein Kontakt mit dem Tal
     notwendig werden sollte.«
    »Die Handys
     funktionieren hier oben übrigens nur an bestimmten Stellen und heute
     wahrscheinlich noch seltener als sonst«, informierte Hofstätter.
    »Okay, sobald du auf
     Position bist, versuchst du mich anzurufen. Und wenn du nicht durchkommst
     –«
    »Dann pfeife ich auf
     den Fingern. Ich denke, das werdet ihr auch bei Schneefall noch aus
     zweihundert Meter Entfernung hören.«
    Die Handyverbindung war zwar
     miserabel, aber der Ruf ging durch. Haberstroh stapfte auf die Wolkerl-Hütte
     zu, immer darauf gefasst, dass sich eine Tür oder ein Fenster öffnete.
    Und tatsächlich –
     als er nur noch zehn Meter von der Hütte entfernt war, flog mit einem
     Mal ein Fenster auf. Ein Schuss knallte, Haberstroh warf sich reflexartig
     in den Schnee und rollte sofort zur Seite.
    »Frau Schleißheimer,
     Herr Marageter!«, rief er tief auf den Boden vor der Hütte
     hingeduckt und zog seine Dienstwaffe. »Das

Weitere Kostenlose Bücher