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Doktor im Glück

Doktor im Glück

Titel: Doktor im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Salon.»
    «Großer Gott, wirklich? Wo ist Miles?»
    «Bei einem Krankenbesuch. Sorg dich nicht — Onkel will dir bloß einen Job anbieten. Einer dieser reichen Patienten, die überall Landbesitz aufgekauft haben, hat ihn eingeladen, seinen Urlaub bei ihm in Jamaika zu verbringen. Nachdem er vierundzwanzig Stunden vergebens nach einem Stellvertreter für die nächsten drei Monate gesucht hat, habe ich dich vorgeschlagen.»
    «Kolossal anständig von dir, Connie.»
    Seit seiner Rückkehr aus Ostasien hatte sich Onkel in Long Wotton niedergelassen, einem freundlichen Nest in den Cotswolds mit Strohdächern, Obstwein und Kühen auf der Straße. Da mir nach meiner Sitzung beim Psychiater nun doch keine andere Wahl blieb als eine lebenslängliche allgemeine Praxis, und Miles' zehn Pfund bereits einer schweren Amputation unterzogen worden waren, freute ich mich, überhaupt irgendwo eine anständige Arbeit zu bekommen. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, daß die halbe ländliche Praxis in Veterinärmedizin besteht, und ich habe Tiere recht gern.
    «Meine Schwiegertochter hat mir dreißig Minuten lang ein Loch in den Bauch geredet, damit ich dich als Stellvertreter nehme», empfing mich Onkel Rudolph. Er war kleiner und ruppiger als Miles; seine Haare und Augenbrauen wirkten wie Stahlwolle unter dem Einfluß starker Magneten, und auch sein rostbrauner Tweedanzug hatte etwas Stachliges.
    «Sehr freundlich von dir, Onkel», sagte ich, «aber du bereitest mir damit gar keine Ungelegenheiten, da ich augenblicklich vollkommen frei bin.»
    «Wenn du Donnerstag nach Long Wotton kommst, kann ich dir übergeben. Meine Mrs. Wilson wird angemessen für dich sorgen. Allerdings ist sie auf die Lebensgewohnheiten eines ältlichen Witwers abgestimmt, erwarte dir daher weder Champagner noch Kaviar zum Frühstück.»
    «Du lieber Himmel, woher denn! Etwas Schwereres als Haferflocken könnte ich sowieso nicht am Morgen vertragen.»
    «Halte dir gefälligst vor Augen, Gaston, daß im ganzen Umkreis eine Menge einflußreiche Leute wohnen. Die meisten von ihnen gehören zu meinen Patienten, und ich wünsche, daß sie es bleiben. Ich höre von Miles, daß es dir derzeit an Kleingeld gebricht.»
    «Bin augenblicklich allerdings ziemlich blank», gab ich zu.
    «Du weißt, daß ich einen gewissen Fonds in meiner Kontrolle habe, den ich aufbewahrte, damit du ihn nicht als Medizinstudent verschleudertest. Wenn du dich in Long Wotton bewährst und vernünftig aufführst, bin ich bereit, ihn locker zu lassen. Wenn nicht, mußt du bis zu meinem Ableben darauf warten. Aber ich kann dir versichern, daß mein Blutdruck ausgezeichnet ist.»
    «Mir ist um nichts anderes zu tun, Onkel», sagte ich, «als dich zufriedenzustellen. Und daher könntest du mit dem Geld ebensogut jetzt herausrücken.»
    Aber er schien sich diesem Argument zu verschließen und bat Connie eilends, ihm noch ein Glas Whisky mit Soda zu reichen. Kurz darauf kam Miles herein, und man schenkte mir nicht mehr viel Beachtung.

Achtes Kapitel

    Ich traf an einem jener Apriltage auf dem Lande ein, da alle Blumen frisch bemalt und alle Mädchen wunderhübsch aussehen. Der englische Frühling war gekommen, wie er in Gedichten und Reiseprospekten geschildert wird, und nicht jenes graue, quatschige Zeug, das wir sonst meist an seiner Statt haben.
    Ich hatte bereits einige Wochenenden in Long Wotton verbracht; es war ein freundlicher Ort, dessen Einwohner alle miteinander bekannt, wenn nicht, wie ich später auf Grund der allgemein verbreiteten Schwach sinnigkeit schloß, sogar verwandt waren. Obgleich ich kein ausgesprochener Liebhaber ländlicher Zeitvertreibe bin — Gewehre machen solch einen entsetzlichen Krach, vom Angeln bekomme ich wochenlange Erkältungen, und Pferde betrachte ich als höchst straßenwidrige Fortbewegungsmittel —, war es für mich vergnüglich, dort als ein gelehrter Bursche angesehen zu werden und nicht nur als der Kerl, der die Anweisungen für falsche Gebisse ausschreibt. Außerdem gab es in Long Wotton ein sehr liebenswürdiges Hilfspostfräulein, und so lagen ein paar Monate vor mir, in denen ich das Leben friedlich an mir vorbeiziehen und Avril Atkinson sowie Porterhampton in meinem Unterbewußtsein versinken lassen würde.
    Nach etwa einer Woche begann ich mich sogar ein bißchen zu langweilen, da mir meine neue Existenz keine komplizierteren Probleme bot, als meines Onkels Haushälterin bei guter Laune zu erhalten; sie schien jedoch mit der Geschichte vom

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