Dokument1
nach einem Blutfleck oder nach ein paar ausgerissenen Haaren suchte. Nach Überresten von Moochie Welch. Arnie war sich plötzlich sicher, daß dieser Scheißer nur deshalb hergekommen war. »Und was kann ich jetzt für Sie tun, Detektiv Junkins?«
Junkins lachte. »Mann, das klingt aber förmlich! So etwas kann ich nicht annehmen. Sag einfach Rudy zu mir, okay?«
»Okay«, erwiderte Arnie mit einem flüchtigen Lächeln. »Was kann ich für Sie tun, Rudy?«
»Es ist schon komisch, verstehst du?«, sagte Junkins und ging vor den linken vorderen Scheinwerfern in die Hocke. Er klopfte das gewölbte Rillenglas mit dem Knöchel ab, und dann fuhr er mit dem Finger über den verchromten Metallring des Scheinwerfers. Sein Mantel bauschte sich auf dem ölverschmutzten Betonboden; dann richtete er sich auf. »Die Kriminalabteilung bekommt immer eine Berichtskopie von solchen Fällen - wenn ein Wagen auf einem öffentlichen Platz zerstört wird…«
»Oh, he, ich sagte doch schon, daß von Zerstören gar keine Rede sein kann«, entgegnete Arnie. Er hatte das Gefühl, als stünde er auf einem Hochseil, und legte wieder die Hand auf Christines Dach. Ihre Festigkeit, ihre Realität schien ihm seine Fassung wiederzugeben. »Sie versuchten es, aber es ist ihnen nicht ganz gelungen, verstehen Sie?«
»Okay. Vielleicht ist meine Terminologie nicht ganz auf dem letzten Stand.« Junkins lachte. »Das kann gut sein. Jedenfalls habe ich gleich gefragt, als ich den Bericht las: >Wo sind denn die Fotos?< Das habe ich damals gesagt. Ich glaubte, es wäre ein Versehen, deshalb rief ich die Dienststelle in Libertyville an, und sie sagten mir, es existierten keine Fotos.«
»Nein, natürlich nicht«, sagte Arnie ungeduldig. »Ein Junge in meinem Alter kann nur eine Haftpflicht abschließen, das wissen Sie sicherlich. Und selbst dabei gibt’s eine Selbstbeteili-gung von siebenhundert Dollar. Ja, wenn das ein Versiche-rungsschaden gewesen wäre, hätte ich natürlich den Wagen von allen Seiten fotografiert. Aber so - warum sollte ich? Oder glauben Sie, ich klebe mir solche Fotos ins Album?«
»Nein, wohl nicht«, erwiderte Junkins und ging bis zum Heck des Wagens, und seine Augen suchten nach geborstenem Glas, Kratzspuren im Lack, verbogenem Blech - nach Schuld-beweisen. »Aber weißt du, was ich noch komisch fand? Du hast die Tat nicht einmal bei der Polizei angezeigt!« Seine dunkel-braunen Augen richteten sich fragend auf Arnie, spähten ihm forschend ins Gesicht - und dann lächelte er wieder, den verwirrten kleinen Beamten spielend. >»Er hat den Vorfall nicht einmal gemeldet?<, sagte ich. >Na so was, wer hafs denn angezeigt?< Der Vater, bekomme ich zur Antwort.« Junkins schüttelte den Kopf. »Das verstehe ich nicht, Arnie, wenn ich ehrlich sein darf. Da schuftet jemand bis auf die Knochen, um aus seiner Schrottkiste wieder einen anständigen Wagen zu machen, bis er seine zwei-, vielleicht fünftausend Dollar wert ist; und dann kommen ein paar Kerle daher und machen wieder Schrott aus der Kiste…«
»Ich sagte Ihnen doch schon…«
Rudy Junkins hob die rechte Hand und lächelte entwaffnend.
Einen kurzen unheimlichen Augenblick glaubte Arnie, Junkins würde »Friede« sagen wie Dennis, wenn das Thema zu heikel wurde.
»Beschädigten die Kiste. Entschuldigung.«
»Ist okay«, sagte Arnie.
»Deine Freundin hat ausgesagt, einer der Täter habe… nun, er habe seine Fäkalien auf dem Armaturenbrett hinterlassen.
Ich könnte mir denken, so etwas hat dich in Weißglut versetzt.
Ich hätte Anzeige erstattet.«
Und nun schwand das Lächeln ganz, und Junkins sah Arnie starr in die Augen.
Arnies kühle graue Augen hielten dem Blick stand.
»Scheiße kann man abwischen«, sagte er schließlich. »Soll ich Ihnen mal was sagen, Mr. - Rudy?«
»Nur zu, mein Junge.«
»Als ich anderthalb Jahre alt war, bekam ich eine Gabel zwischen die Finger und zerkratzte damit das Furnier eines antiken Sekretärs, für den meine Mutter vielleicht fünf Jahre lang gespart hatte. Sie habe Nadelgeld dafür zurückgelegt, hat sie mir später erzählt. Ich muß das Ding in sehr kurzer Zeit ruiniert haben. Natürlich kann ich mich heute nicht mehr daran erinnern, aber sie sagt, sie hätte sich einfach hingesetzt und losgeheult.« Arnie lächelte ein bißchen.
»Bis zu diesem Jahr hätte ich mir meine Mutter so gar nicht vorstellen können. Jetzt, glaube ich, kann ich es. Vielleicht bin ich in diesem Jahr ein bißchen erwachsener geworden, könnte doch
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