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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Überraschungsseufzer auslö-
    ste. Ich erzählte ihm von den Unterschriften auf meinen Gipsverbänden, und daß sich Arnies Autogramm vom Erntedankfest mit der Unterschrift seines Bruders bei Christines Erstzu-lassung deckte. Ich erzählte ihm, daß Arnie ständig das Wort

    »Scheißer« benutzte. Daß er in letzter Zeit sein Haar wie Fabian kämmte oder wie irgendein anderer dieser Schnulzen-sänger der fünfziger Jahre. Ich erzählte ihm alles, ausgenommen meine Alptraumerlebnisse auf der Heimfahrt in der Neujahrsnacht. Ich hatte es vorgehabt, brachte es aber einfach nicht fertig. Ich behielt das für mich, bis ich das alles vier Jahre später zu Papier brachte.
    Als ich geendet hatte, blieb es in der Leitung still.
    »Mr. LeBay? Sind Sie noch am Apparat?«
    »Ja«, erwiderte er schließlich. »Mr. Guilder - Dennis -; es liegt mir fern, Sie zu beleidigen, aber Sie müsen doch begreifen, daß alles, was Sie mir soeben geschildert haben, über den Bereich möglicher psychischer Phänomene hinausgeht und in…« Seine Stimme verlor sich.
    »… Wahnsinn übergeht?«
    »Ich hätte dieses Wort nicht benutzt. Sie haben mir von Ihrem schrecklichen Sportunfall erzählt. Sie haben zwei Monate im Krankenhaus gelegen und große Schmerzen gehabt. Nun ist es doch vorstellbar, daß Ihre Einbildungs-kraft…«
    »Mr. LeBay«, unterbrach ich ihn, »hat Ihr Bruder öfter eine Redewendung mit einem kleinen Tramp benutzt?«
    »Wie bitte?«
    »Von einem kleinen Tramp. Zum Beispiel im Zusammenhang mit einem zusammengeknüllten Stück Papier, mit dem man auf einen Papierkorb zielt. Und wenn das Papier im Papierkorb landet, sagt man: Volltreffer! Möglich wäre auch:
    >Sieh mal, wie ich das Ding dem kleinen Tramp in den Hintern jage.< Hat Ihr Bruder das schon mal gesagt?«
    »Woher wissen Sie denn das?« Und dann, ohne mir Zeit für eine Erwiderung zu geben: »Er sagte das bei irgendeiner Gelegenheit, als Sie mit ihm zusammentrafen, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Mr. Guilder, Sie sind ein Lügner.«
    Ich sagte nichts. Meine Knie wurden mir weich, ich zitterte. Das war das -Erstemal in meinem Leben, daß ein Erwachsener mich einen Lügner nannte.
    »Tut mir leid,’Dennis. Mein Bruder ist tot. Er war ein unangenehmer, vielleicht sogar ein böser Zeitgenosse; aber jetzt ist er tot, und alle diese morbiden Hirngespinste und Einbildungen…«
    »Wer war mit dem Tramp gemeint?« brachte ich hervor.
    Schweigen.
    »War es Charlie Chaplin?«
    Ich glaubte nicht, daß er darauf antworten würde. Aber dann, endlich, nach einem tiefen Seufzer, sagte er: »Nur indirekt. Eigentlich meinte er Hitler damit. Es gab einen vagen Zusammenhang zwischen Hitler und Charlie Chaplins kleinem Tramp. Chaplin drehte mal einen Film unter dem Titel Der Große Diktator. Sie haben ihn vermutlich nie gesehen. Der kleine Tramp - das war während der Kriegsjahre für ihn ein geläufiger Begriff. Jedenfalls ist es bedeutungslos.«
    Nun war ich es, der sich in Schweigen hüllte.
    »Es bedeutet nichts!« rief er laut ins Telefon. »Nichts! Es sind nur grundlose Vermutungen und Spekulationen, nichts anderes! Das müssen Sie doch einsehen!«
    »Es sind inzwischen sieben Menschen in West-Pennsylvania umgekommen«, antwortete ich. »Das sind keine haltlosen Vermutungen. Auf meinem Gipsverband sind Unterschriften, auch sie keine Hirngespinste. Ich habe sie aufgehoben, Mr.
    LeBay. Ich schicke sie Ihnen gerne zu. Schauen Sie sie an und sagen Sie mir, ob eine davon die Handschrift Ihres Bruders zeigt.«
    »Es könnte sich um eine absichtliche oder zufällige Fälschung handeln.«
    »Wenn Sie das glauben, können Sie ja einen Handschriften-experten hinzuziehen. Ich bezahle das.«
    »Das könnten Sie ja selbst tun.«
    »Mr. LeBay«, sagte ich, »ich brauche keine Beweise mehr.«
    »Was verlangen Sie dann von mir? Daß ich Ihre Hirngespinste teile? Das kommt nicht in Frage. Mein Bruder ist tot. Sein Wagen ist nichts anderes als ein Auto.« Er log. Ich spürte es.
    Selbst durch das Telefon.
    »Ich wollte von Ihnen eine Erklärung für etwas, das Sie mir damals an jenem Abend erzählten.«
    »Eine Erklärung wofür?« fragte er argwöhnisch.
    Ich befeuchtete meine Lippen. »Sie meinten, er wäre streitsüchtig, besessen und jähzornig, aber er wäre kein Monster.

    Jedenfalls, so sagten Sie, nähmen Sie das nicht an. Und dann schien es mir so, als hätten Sie das Thema abrupt gewechselt … aber je länger ich darüber nachdenke, um so mehr bin ich davon überzeugt, daß Sie das Thema

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