Dokument1
nicht unter einer Leiter hindurch, und sie glauben an das Weiterleben nach dem Tod.
Und früher oder später - vermutlich früher, wenn Leigh und ich den Mund aufmachen - wird jemand deinen Wagen in eine Ölsardinenbüchse verwandeln. Und ich wette, daß es mit dir auch zu Ende ist, wenn sie verschrottet wird.«
»Wunschträume, wie?« erwiderte er hämisch.
»Wir werden heute abend in Darnells Werkstatt sein«, sagte ich. »Wenn du gut bist, kannst du dich gleich von uns beiden befreien. Das bedeutet zwar nicht das Ende deiner Schwierigkeiten, aber es verschafft dir eine Atempause… genug Zeit, um aus der Stadt zu verschwinden. Aber ich glaube nicht, daß du gut genug bist, Freund. Der Spuk hat schon zu lange gedauert. Wir werden mit dir ein Ende machen.«
Ich humpelte zurück zu meinem Duster und stieg ein. Ich bewegte mich auf meinen Krücken viel schwerfälliger, als es nötig gewesen wäre, und versuchte gebrechlicher auszusehen, als ich wirklich war. Ich hatte ihm mit der Erwähnung der beiden Unterschriften einen tüchtigen Schock versetzt; es war Zeit, das Feld zu räumen, ehe ich mein Blatt überreizte. Aber da war noch etwas. Etwas, das LeBay garantiert zur Weißglut bringen mußte.
Ich zog mein linkes Bein mit beiden Händen in den Wagen hinein, warf die Tür zu und beugte mich aus dem heruntergekurbelten Fenster.
Ich blickte ihm in die Augen und lächelte.
»Sie ist großartig im Bett«, sagte ich. »Zu schade, daß du das nie erfahren wirst.« /
Mit einem wütenden Aufschrei attackierte er mich. Ich kurbelte schnell das Fenster in die Höhe und drückte die Türverrie-gelung herunter. Betont lässig ließ ich den Motor an, während er mit seinen behandschuhten Fäusten gegen die Scheibe trommelte. Sein Gesicht war eine schreckliche, raubtierhafte Fratze.
Darin steckte kein Arnie mehr. Nicht eine Spur von Arnie.
Mein Freund war verschwunden. Ich spürte eine dunkle Trauer, die tiefer war als Tränen oder Angst; aber ich behielt dieses beleidigende, schmutzige Grinsen auf meinem Gesicht.
Dann streckte ich langsam meinen Mittelfinger hoch.
»Leck mich, LeBay«, sagte ich, und dann fuhr ich an, ließ ihn auf dem Parkplatz stehen, geschüttelt von dieser primitiven, unerschütterlichen Wut, von der sein Bruder mir erzählt hatte.
Mehr als alles andere war es diese Wut, die mich hoffen ließ, daß wir es heute abend zu Ende bringen konnten.
Wir würden ja sehen.
50 Petunia
Something warm was running in my eyes
But Ifound my baby somehow that night, I held her tight, I kissed her our last kiss…
- J. Frank Wilson and the Cavaliers Ich fuhr ungefähr vier Häuserblocks weiter, ehe die Reaktion einsetzte, und dann mußte ich anhalten. Ich hatte einen schlimmen Schüttelfrost. Nicht einmal das Heißluftgebläse, das ich voll aufdrehte, konnte dieses Zittern beenden. Mein Atem kam in rauhen kleinen Stößen. Ich schlug die Arme um meinen Oberkörper, um mich warm zu halten, aber es schien, als würde ich nie mehr richtig warm werden, nie mehr. Dieses Gesicht, dieses schreckliche Gesicht, und Arnie, der irgendwo darin begraben war, er ist immer hier, hatte Arnie gesagt, immer außer… - was? Wenn Christine sich von selbst auf den Weg machte - natürlich. LeBay konnte nicht an zwei Orten gleichzeitig sein. Das lag außerhalb seiner Macht.
Endlich konnte ich weiterfahren, und mir war nicht einmal bewußt, daß ich geweint hatte, bis ich im Innenspiegel die feuchten Ringe unter meinen Augen sah.
Es war viertel vor zehn, als ich bei Johnny Pomberton eintraf.
Er war ein großgewachsener, breitschultriger Mann, bekleidet mit grünen Gummistiefeln und einer dicken rot-schwarzka-rierten Lodenjacke. Ein alter Hut mit speckiger Krempe saß auf seinem kahlen Schädel, als er den grauen Himmel betrachtete.
»Soll noch mehr Schnee geben, sagt das Radio. War nicht sicher, ob du bei diesem Wetter kommen würdest; hab’ sie aber trotzdem schon herausgeholt. Nun, wie gefällt sie dir?«
Ich schob mir die Krücken wieder unter die Achseln und stemmte mich aus meinem Wagen heraus. Streusalz knirschte unter den Gummipuffern meiner Stelzen, aber ich fühlte mich sicher. Vor Johnny Pombertons Schuppen stand eines der eigenartigsten Fahrzeuge, das ich jemals in meinem Leben gesehen hatte. Es strömte einen schwachen, stechenden, nicht gerade angenehmen Geruch aus, der bis zu uns herüber wehte.
Es muß einmal ein Fließbandprodukt von General Motors gewesen sein - so behauptete wenigstens das Wappen an der
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