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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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weiße Auspuffwolke hinter sich her.
    Arnie saß hinter dem Lenkrad, er trug seine Schuljacke. Er schaute nicht zu mir, er fuhr geradewegs zu seinem Stamm-platz in der letzten Reihe und parkte.
    Wenn du dich tief genug duckst, wird er dich überhaupt nicht bemerken, flüsterte der feige, verräterische Teil meines Verstandes. Er wird an deinem Wagen vorbeigehen wie die anderen auch.

    Statt dessen öffnete ich die Fahrertür und schob umständlich meine Krücken hinaus. Ich stützte mein Gewicht darauf, stemmte mich aus dem Sitz und stand auf dem festgefahrenen Schnee des Parkplatzes und kam mir ein bißchen vor wie Fred MacMurray in dem alten Filmstreifen Den Haien zum Fraß. Im Schulgebäude erklang das erste Läuten, ein durch die Entfernung schwaches und bedeutungsloses Signal - Arnie kam später zur Schule als in früheren Zeiten. Meine Mutter hatte gesagt, Arnie wäre geradezu ekelhaft pünktlich. Vielleicht war LeBay das nicht gewesen.
    Er kam auf mich zu, die Bücher unter den Arm geklemmt, den Kopf gesenkt, sich zwischen den geparkten Wagen hin-durchschlängelnd. Er ging hinter einem Kleinbus vorbei, geriet kurz aus meinem Blickfeld und tauchte wieder auf. Dann sah er hoch, mir direkt in die Augen.
    Seine Augen weiteten sich, und er drehte sich instinktiv halb zu Christine um.
    »Fühlst dich wohl nackt, wenn du nicht hinter dem Lenkrad sitzt?« fragte ich.
    Er sah mich wieder an. Seine Lippen verzogen sich, als hätte er einen unangenehmen Geschmack auf der Zunge.
    »Wie geht es deiner Schnalle, Dennis?« fragte er.
    George LeBay hatte es nicht ausdrücklich gesagt, doch zumindest angedeutet, daß sein Bruder es außerordentlich gut verstanden hatte, andere Mensehen zu verletzen, ihre emp-findlichen Stellen zu treffen.
    Ich schlurfte auf meinen Krücken zwei Schritte vorwärts, während er nur dastand, mit herabgezogenen Mundwinkeln ein Lächeln andeutend.
    »Wie hat es dir gefallen, als Repperton dich Mösengesicht nannte?« fragte ich ihn.
    Ein Teil von ihm schien dabei zurückzuzucken - etwas, das vielleicht nur in seinen Augen erkennbar war -; doch dieses verächtliche, lauernde Lächeln in seinen Mundwinkeln hielt an: Es war kalt. Ich hatte meine Handschuhe nicht angezogen, und meine Hände auf den Metallgriffen meiner Krücken wurden gefühllos. Unser Atem bildete kleine Wölkchen.
    »Und wie war das in der fünften Klasse, als Tommy Deckin-ger dich immer Stinker nannte?« fragte ich mit erhobener Stimme. Wütend zu werden, gehörte eigentlich nicht zu meinem Plan; aber nun war die Wut da und ließ sich nicht mehr unterdrücken. »Hat dir das gefallen? Und weißt du noch, als Ladd Smythe Schülerlotse war und dich in den Rinnstein stieß und ich ihm die Lotsenmütze vom Kopf riß und ihm in die Unterhose stopfte? Wo bist du gewesen, Arnie? Dieser LeBay ist immer unpünktlich. Ich bin schon die ganze Zeit da.«
    Wieder das Zusammenzucken. Diesmal machte er eine halbe Kehrtwendung, sein Lächeln wurde unsicher, seine Augen suchten Christine, wie man auf einem überfüllten Bahnhof nach einem geliebten Menschen Ausschau hält. Oder wie ein Rauschgiftsüchtiger auf seinen Dealer wartet.
    »Brauchst du sie so nötig?« fragte ich. »Mann, du bist dieser Schlampe ganz schön hörig, was?«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, erwiderte er heiser. »Du hast mir mein Mädchen ausgespannt. Das ist eine Tatsache. Du hast mich hintergangen… mich getäuscht… du bist auch nur ein Scheißer wie alle anderen.« Nun sah er mir wieder voll ins Gesicht, mit vor Wut und Enttäuschung flackernden Augen.
    »Ich dachte, ich könnte dir vertrauen, und dann stellt sich heraus, daß du schlimmer bist als Repperton und seine ganze Bande!« Er machte einen Schritt auf mich zu und schrie mir seine ganze Wut ins Gesicht: »Du hast sie mir gestohlen, du Scheißer!«
    Ich humpelte einen weiteren Schritt auf ihn zu; eine meiner Krücken geriet auf dem glatten Schneebelag ins Rutschen. Wir benahmen uns wie zwei unentschlossene Revolverhelden, die aufeinander zugehen.
    »Man kann nicht stehlen, was bereits weggegeben wurde«, sagte ich.
    »Was soll das heißen?«
    »Ich rede von dem Abend, an dem sie fast in deinem Wagen erstickt wäre. An dem Abend, als Christine versuchte, sie zu töten. Du hast ihr gesagt, du brauchtest sie nicht mehr. Du sagtest ihr, sie sollte sich zum Teufel scheren.«
    »Niemals! Das ist eine Lüge! Eine verdammte Lüge!«
    »Mit wem rede ich jetzt?« fragte ich.
    »Das tut nichts zur Sache!« Seine

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