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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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seinem Brief bezeichnete Rollie Sie als Einfaltspinsel, den er gründlich übers Ohr gehauen hätte.
    Ich habe ihn wörtlich zitiert.«
    Mir fiel die Kinnlade herunter. Ich drehte mich zu Arnie um, weil ich erwartete, daß er wieder einen Wutanfall bekam. Doch in seinem Gesicht zuckte keine Miene.
    »Übers Ohr gehauen«, wiederholte er gelassen. »Der Wert einer Sache ist immer eine relative Größe, finden Sie nicht auch, Mr. LeBay?«
    Mr. LeBay lachte… ein sprödes Lachen, wie mir schien.
    »Das ist mein Freund. Er war dabei, als ich den Wagen gekauft habe.«

    Ich wurde vorgestellt und schüttelte George LeBay die Hand.
    Die Soldaten hatten sich davongemacht. Wir drei Zivilisten, LeBay, Arnie und ich, waren allein am Grab zurückgeblieben und sahen uns gegenseitig unbehaglich an. LeBay wechselte die Flagge vom Sarg seines Bruders von einer Hand in die andere.
    »Kann ich etwas für Sie tun, Mr. Cunningham?« fragte LeBay schließlich.
    Arnie räusperte sich. »Vielleicht könnten Sie mir für eine Weile die Garage Ihres verstorbenen Bruders vermieten. Ich arbeite nämlich gerade an dem Wagen und versuche, ihn wieder verkehrstüchtig zu machen. Meine Eltern möchten nicht, daß ich den Wagen vor ihrem Haus abstelle, und da dachte ich mir…«
    »Nein.«
    »… ich möchte sie ja nicht umsonst haben, sondern mieten…«
    »Nein, das ist ganz ausgeschlossen…«
    »Ich würde dafür zwanzig Dollar pro Woche bezahlen«, fuhr Arnie fort. »Sogar fünfundzwanzig, falls Ihnen das zu wenig ist.«
    Ich biß mir auf die Unterlippe. Er benahm sich wie ein Kind, das bis zum Hals im Treibsand steckt und sich die Haare ausreißt, an denen es sich aus dem Dreck ziehen wollte.
    »Unmöglich.« LeBay ging diese Feilscherei sichtlich auf die Nerven.
    »Nur die Garage«, bettelte Arnie, der allmählich seine Beherrschung verlor. »Nur die Garage, wo der Wagen doch auch vorher gestanden hat.«
    »Ich kann nicht mehr darüber verfügen«, sagte LeBay. »Ich habe das Haus heute morgen dem Maklerbüro >Pittsburgh Homes in Libertyville Realty< zum Verkauf übergeben. Sie müssen den Kaufinteressenten jederzeit Zutritt zum Haus…»
    »Gewiß, aber das wird doch eine Weile dauern, und bis dahin…«
    »… würde es wider die Abmachung sein, wenn ich Ihnen erlaubte, dort herumzubasteln. Das sehen Sie doch ein, nicht wahr?« Er beugte sich wenig zu Arnie vor: »Sie dürfen mich nicht mißverstehen; ich habe nichts gegen Teenager, sonst wäre ich längst in einer Nervenheilanstalt, denn ich habe fast vierzig Jahre lang in Paradise Falls, Ohio, an der High School unterrichtet. Und Sie scheinen mir auch ein sehr intelligentes und gut erzogenes Exemplar des genus adolescens zu sein. Aber ich bin nur deshalb in Libertyville, um so rasch wie möglich das Haus zu verkaufen und den Erlös mit meiner Schwester in Denver zu teilen. Ich möchte das Haus schnellstens loswerden, Mr. Cunningham, und ich möchte auch mit der Vergangenheit meines Bruders nichts mehr zu tun haben.«
    »Ich verstehe«, antwortete Arnie. »Würden Sie Ihre Meinung ändern, wenn ich Ihnen verspreche, das Grundstück in Ordnung zu halten? Ich könnte den Rasen mähen, die Fassadejieu streichen. Die notwendigen Reparaturen ausführen. Ich bin sehr geschickt in solchen Sachen.«
    »Er ist ein ausgezeichneter Mechaniker«, warf ich ein. Es konnte mir nicht schaden, wenn Arnie sich später wieder daran erinnerte, daß ich Partei für ihn ergriffen hatte… obwohl ich nicht auf seiner Seite stand.
    »Ich habe bereits einen jungen Mann engagiert, der dort nach dem Rechten sehen und die anfallenden Reparaturen erledigen soll«, sagte LeBay. Das klang einleuchtend, aber ich wußte sofort und mit absoluter Gewißheit, daß er uns belog. Und ich glaube, Arnie wußte das ebenfalls.
    »Nun gut. Es tut mir leid um Ihren Bruder. Er schien ein so… ein willensstarker Mann zu sein.« Und während Arnie das sagte, erinnerte ich mich daran, wie ich LeBay zum letztenmal gesehen hatte - vor seinem Ölfleck im Vorgarten, glänzende Tränen im Gesicht. Nun, das war es wohl. Sie ist aus meinem Leben getreten, Söhnchen.
    »Willensstark?« LeBay lächelte zynisch. »Oh, ja, er war ein willensstarker Hundesohn.« Er schien Arnies schockierten Gesichtsausdruck nicht zu bemerken. »Entschuldigen Sie mich jetzt bitte, Gentlemen. Ich fürchte, die Hitze bekommt mir nicht. Sie schlägt sich mir auf den Magen.«
    Und damit schritt er von dannen. Wir standen neben dem Grab und blickten ihm nach.

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