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Dokument1

Dokument1

Titel: Dokument1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Rita gestorben war, in der Garage stünde, käme Veronica nicht über den Verlust ihrer Tochter hinweg.
    Rollie fragte sie dann auf seine sarkastisch-häßliche Weise, ob sie von ihm verlange, daß er den Wagen mit Benzin überschütten und mit einem Streichholz anzünden sollte, weil seine Tochter an einem Hamburger erstickt war. Meine Schwester fing an zu heulen und sagte ihm, das wäre ein großartiger Einfall. Schließlich nahm ich sie beim Arm und führte sie fort.
    Es hatte keinen Sinn, mit Rollie zu reden. Es war sein Wagen, und alles Gerede von niedrigem Meilenstand und Wiederver-kaufswert lief auf die simple Tatsache hinaus, daß ex den Wagen behalten wollte.
    Marcia fuhr mit ihrer Familie im nächsten Greyhound-Bus nach Denver zurück, und soweit ich weiß, hat sie Rollie seither nie wieder gesehen oder ihm auch nur eine Zeile geschrieben.
    Sie kam auch nicht zu Veronicas Begräbnis.«
    Seine Frau. Zuerst das Mädchen, dann die Frau. Ich hatte geahnt, daß es so weitergehen mußte. Peng-peng. Ein Gefühl von Taubheit kroch an meinen Beinen hinauf bis in die Magengrube.
    »Sie starb ein halbes Jahr später. Im Januar 1959.«
    »Aber das hatte doch wohl nichts mit dem Wagen zu tun«, sagte ich. »Das kann doch unmöglich etwas mit dem Wagen zu tun gehabt haben, nicht wahr?«
    »Es hatte mit dem Wagen zu tun«, erwiderte er leise.
    Ich will es nicht hören, dachte ich. Aber natürlich würde ich es hören. Denn der Wagen gehörte jetzt meinem Freund. Und dieser Wagen nahm schon jetzt einen Platz in seinem Leben ein, der ihm nicht zustand.
    »Nach dem Tod ihrer Tochter litt Veronica unter Depressionen. Sie hat sich nie mehr davon erholt. Sie hatte einige Bekannte in Libertyville, die sich rührend um sie bemühten und versuchten, ihr zu helfen, sich wieder im Leben zurechtzu-finden. Aber sie fand sich nicht mehr zurecht. Ganz und gar nicht.
    Sonst war alles in Ordnung. Zum erstenmal in seinem Leben hatte mein Bruder genügend Geld. Zu seiner Armee-Pension und der Schwerbeschädigtenzulage bekam er noch das Gehalt als Nachtwächter einer Reifenfabrik im Gewerbegebiet am Westrand der Stadt. Ich fuhr nach seiner Beerdigung dorthin, aber die Fabrik ist nicht mehr da.«
    »Sie ging vor zwölf Jahren bankrott«, sagte ich. »Ich war damals noch ein Kind. Heute steht ein chinesisches Schnellre-staurant da.«
    »Sie konnten die Hypothek für das Haus in der Hälfte der vorgesehenen Zeit zurückzahlen. Und da sie kein Kind mehr zu versorgen hatten, standen sie überhaupt finanziell viel besser da. Doch Veronica erholte sich nie wieder.
    Sie ging bei der Vorbereitung ihres Selbstmordes ziemlich kaltblütig vor, soweit ich über die Einzelheiten informiert bin.
    Gäbe es Lehrbücher für Selbstmordkandidaten, könnte man sie als nachahmenswertes Beispiel empfehlen.
    Sie fuhr zu einem Auto-Fachhändler in der Innenstadt - das gleiche Geschäft, wo ich vor vielen, vielen Jahren mein erstes Fahrrad kaufte - und besorgte sich dort einen sechs Meter langen Gummischlauch. Das eine Ende schob sie über Christines Auspuff und das andere durch das Ausstellfenster im Fond. Veronica hatte keinen Führerschein, aber sie wußte natürlich, wie man einen Motor anläßt. Und mehr brauchte sie ja auch nicht zu wissen.«
    Ich fuhr mir ein paarmal mit der Zunge über die spröden Lippen und sagte dann mit heiserer Stimme: »Ich glaube, ich trinke jetzt doch lieber ein Sodawasser.«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, bringen Sie mir auch noch eine Flasche mit«, sagte er. »Ich kann dann zwar nicht einschlafen, aber ich fürchte, heute nacht werde ich sowieso nicht einschlafen können.«
    Mir würde es nicht anders gehen als ihm, dachte ich. Ich ging ins Foyer und zog die zwei Sodaflaschen aus dem Automaten.
    Auf dem Rückweg blieb ich einen Moment auf dem Parkplatz stehen - ich sah nur seine weißen Socken im Schatten der Veranda, die sich jetzt kurz bewegten wie Irrlichter. Dabei gingen mir so koboldhafte Gedanken durch den Kopf. Vielleicht ist der Wagen verhext. Vielleicht ist das sein Geheimnis. Was er mir bisher erzählt hat, klingt wie eine Gespenstergeschichte.
    Aber das war ein bißchen lächerlich, oder?
    Natürlich war es lächerlich. Ich ging weiter. Ein Auto ist ebensowenig verhext wie ein Mensch. So etwas war vielleicht ein ganz guter Stoff für einen Horrorfilm für die Samstag-Spätvorstellung im Autokino, aber mit dem wirklichen Leben hatte das sehr, sehr wenig zu hin.
    Ich brachte ihm das Wasser und hörte den Rest der

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