Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)
sagte der Junge und war fort.
Dawson stand einen Augenblick da, lauschte den weichen Hufschlägen auf dem Schlamm und den Grassoden, die immer leiser wurden. Und dann dem fernen Klopfen, als sie die ewig standhafte Jade erreichten. Es war noch Zeit. Er konnte einen ausgeruhten Reiter auf einem schnellen Pferd hinter dem Jungen herschicken. Dawson hatte die Sache in Bewegung gesetzt, aber er konnte sie noch immer rückgängig machen. Er schloss die Augen und atmete tief ein, bis die kühle Luft ihn ausfüllte und dann hinaussickerte. Er wartete darauf, dass in seinem Herzen irgendwelche Zweifel aufkamen.
Er suchte seinen schlummernden Knappen und rüttelte ihn wach.
»Hör mir zu«, sagte Dawson. »Wach auf und hör mir zu, du kleiner Bastard. Du gehst jetzt und suchst die Unterhändlerflagge. Bring sie zur Stadt hinaus. Und nimm jemanden mit, der sie halten kann, falls du zu viel Aufregung hervorrufst und man dich versehentlich mit Pfeilen spickt. Sag dem Grafen, dass ich sofort mit ihm sprechen muss. Die Lage hat sich verändert, und ich habe sehr wenig Zeit. Kannst du das tun?«
»J…ja, Lordmarschall.«
»Dann starr mich nicht so an und verschwinde !«
Als die Sonne aufging, standen Dawson und Mysin Haul, der Graf von Ebenfurt, an ihrem kleinen Tisch im Niemandsland. Am späten Vormittag ritt der Graf zurück in die Stadt, erschüttert und weinend, den entschlüsselten Brief in seinem Gürtel. Den ganzen Tag lang saß Dawson am Verhandlungstisch. Sein Stuhl war so unbequem wie ein Sattel, aber auf andere Weise. Sein Rücken schmerzte, er war hungrig und durstig und unaussprechlich müde, aber er blieb am Tisch, da die Verhandlungen noch nicht offiziell beendet waren.
Die Sonne hatte ihren langen, müden Abstieg zum Hori zont begonnen, als das Geräusch herandrang. Eine große, nüchterne Trauertrommel. Weit, weit vorn knirschten die Tore von Kaltfel und schwangen langsam auf. Die Soldaten, die herauskamen, trugen das Banner von Lechan, das verkehrt herum hing, und den gelben Wimpel der Kapitulation. Hinter sich hörte Dawson die anschwellenden, brüllenden Siegesschreie. Die Geräusche gingen über ihn hinweg wie die Brandung an der Küste. Alles, was er selbst spürte, war Erleichterung. König Lechan war ein kleiner Mann mit schlechten Zähnen, aber er hielt sich mit Würde, während Dawson seine Unterwerfung akzeptierte und ihn in seinen Schutz nahm. Im Gegenzug schwor Dawson, alles zu tun, was er konnte, um diesen Schutz aufrechtzuerhalten. Alles, was er an Palliako geschrieben hatte, bewahrheitete sich, abgesehen von einer kleinen Unstimmigkeit, die den zeitlichen Ablauf betraf.
Einer kleinen Unstimmigkeit, die den Unterschied machte zwischen der Treue dem Mann gegenüber, der auf dem Thron saß, und der Treue, die der Ehre des Thrones selbst galt.
Für die Plünderung erteilte er Fallon Brut den Befehl. Zwölf Stunden lang würde Kaltfel den Preis seiner Niederlage bezahlen, während die Soldaten von Antea sich dort austobten, Gold, Juwelen und Silber an sich rissen, Gewürze und Seidenstoffe. Alle Soldaten von Antea bis auf zwei. Wenn Dawson nach einer besseren Möglichkeit gesucht hätte, um Ungestörtheit zu garantieren, hätte er keine ersinnen können.
Alan Klin war blasser, als Dawson ihn in Erinnerung hatte. Ein Fieber hatte ihn während des Feldzugs im Süden niedergestreckt, und er hatte sich nicht ganz davon erholt. Die Kundigen sagten, dass er sich womöglich nie mehr erholen würde. Er saß auf dem Boden, sein Gesicht verschlossen und trotzig. Dawson betrachtete seinen einstigen Feind mit bitterer Erheiterung. Die Welt ließ merkwürdige Bündnisse entstehen.
»Curtin Issandrian hat meine Frau aufgesucht«, sagte Dawson. »Er war auf Euch neidisch. Er hat gehofft, selbst seine Gelegenheit in der Schlacht zu bekommen. Eine Möglichkeit, seine Ehre und seinen guten Namen wiederherzustellen.«
»Er ist schon immer ein bisschen töricht gewesen«, erwiderte Klin. »Ehrlich, aber …«
»Ihr habt die Gelegenheit, Eure Ehre wiederzugewinnen«, sagte Dawson leise.
»Ich bin nicht hier, um meinen guten Namen wiederzuerlangen. Ich bin nicht wegen der Sache mit Maas hier. Noch vor Vanai habe ich Geder Palliako einen Streich gespielt. Und nun bringt er mich um, ohne mir auch nur den Gefallen zu tun, es schnell zu machen.«
»Ich denke, Ihr habt recht«, sagte Dawson und reichte Klin einen Becher mit honigsüßem Wasser.
»Ich bedeute ihm weniger als ein Buch. Mein Leben ist we niger wert
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