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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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die Straße entlang, und Cithrin musste sie alle in den Schatten der großen Marmorstatue eines Erstgeborenen zerren, der sein Schwert in eine besonders tierisch aussehende Yemmu stieß. Ein andermal war der Platz, den sie gehofft hatte, überqueren zu können, voller Männer, die sich gegenseitig anbrüllten und Schwerter zogen. Es war noch nicht zum Kampf gekommen, aber sie hörte die Gewalt in der Art, wie ihre Stimmen bebten. Cithrin zog an der Hand des Prinzen, und der Lordregent folgte ihnen beiden in die Finsternis, auf der Suche nach einem anderen Weg.
    Cithrin spürte die Angst, atmete sie, aber sie schien beinahe zu einer anderen Frau zu gehören. Ihre Schritte waren nicht unsicher, ihre Entscheidungen kamen rasch und ohne Zögern. Die Männer und Frauen, die ihrer ansichtig wurden, wirkten nur verwirrt, nicht alarmiert. Sie rannten vor der Gewalt her wie ein Meeresvogel, der einer Welle davoneilte. Selbst wenn man sie jetzt sah, wussten die Bürger von Camnipol nicht, was es zu bedeuten hatte: ein Mann, eine Frau und ein Kind, die kostbare Kleider trugen und durch die Nacht rannten. Sie kreuzten durch die dunkle und trügerische See der Gasseneingänge und Höfe, immer – wie sie hoffte – auf die Brücke zu, zu der man ihr einmal den Weg gewiesen hatte, bei Tageslicht.
    Sie befand sich am Rand der Klippe und bog sich leicht nach oben, während sie den leeren Raum überquerte. Alte Bäume hatten ihre Leiber hingegeben, um diese Brücke zu bauen. Sie war breit genug, dass zwei Karren aneinander vorbeikamen und man immer noch in der Mitte hindurchgehen konnte. Der Bogen nach oben bedeutete, dass sie die andere Seite nicht sehen konnten, weil sie verborgen war, als würde sich dazwischen ein Hügel erheben. Dort hätte ein Dutzend Männer sein können, die mit gezogenen Schwertern auf sie zustürmten, und sie hätten es nicht erkannt, bis sie sich in der Mitte trafen.
    Neben ihr schnaufte Lord Geder Palliako. Sie wandte sich langsam um, suchte nach etwas, das vielleicht eine Schenke oder eine Herberge hätte sein können. Alles, was sie sah, war das dichte Wabern von Rauch im Norden.
    »Na gut«, sagte sie. »Wir müssen hinüber.«
    »Das können wir nicht tun«, erwiderte Palliako. »Man wird uns sehen. Man wird uns erkennen.«
    »Wir können hierbleiben und abwarten, wer uns findet«, sagte sie. Als wollte sie ihre Worte unterstreichen, schwebten Schreie durch die weite, leere Luft heran und hallten an den Wällen des Spalts wider.
    »Es wird schon gut gehen«, meinte der Prinz.
    »Wartet«, sagte Cithrin. Sie zog die dünne Krone vom Kopf des Jungen. Dem Gewicht nach war sie aus Silber. Sie schleuderte sie über den Rand, ließ sie hinaus in den weiten Raum segeln. »Legt Euch hin. Helft mir, Schmutz auf Eurer Kleidung zu verreiben. Schnell jetzt.«
    Es dauerte eine lange, atemlose Minute, aber die weißen förmlichen Roben des Prinzen von Antea waren danach zu Lumpen geworden. Die Perlen und Edelsteine waren zu fest vernäht, um sie loszureißen, aber ihr Glitzern war zumindest gedämpft. Es würde so gehen müssen.
    Cithrin übernahm die Führung, und an der höchsten Stelle der Brücke hielt sie inne. Die Königshöhe im Norden wimmelte von hunderten Fackeln und auch größeren Flammen. Ein Gebäude brannte, und die aufsteigende Rauchwolke wurde vom Feuer an seinen Fundamenten erleuchtet. Cithrin kannte die Stadt nicht gut genug, um zu erraten, was für eines es war. Auf der Silberbrücke waren ebenfalls Lichter – die Fackeln und Laternen von Reitern, die rasch vom Ort des Kampfes ausschwärmten. Die Neuigkeiten würden sich bald in der ganzen Stadt verbreitet haben. Sie wusste nicht, was das bedeutete, außer dass die Zeit, einen Unterschlupf zu finden, ablief. Auch am Rand des Spalts breiteten sich Lichter aus, flossen über das obere Ende der östlichen Klippe. Näherten sich ihr. Im Westen war nun das stetige Glühen von Glaslaternen sichtbar, und in einem Hof, der mit der Rückseite an die Klippe anschloss, war sogar etwas zu sehen, das vielleicht der Karren einer Schauspieltruppe war, der sich vor den Lichtern der Bühne abzeichnete.
    Palliakos Stimme war unsicher. »Ich weiß nicht … äh …«
    Sie drehte sich zu ihm um und bemerkte, dass er sie anstarrte. Ohne darüber nachzudenken, hatte sie sich auf die gekrümmten Flächen der Bäume hinausgelehnt, die die Brücke bildeten. Sie wurde sich plötzlich des Abgrunds unter ihr bewusst, eine Welle des Schwindels erfasste sie, und sie wich

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