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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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durchschnitt. »Ansonsten habe ich ein Paar alte Handschellen. Sie reiben und sind eigentlich für Cinnae vorgesehen, also werden sie Euch vermutlich ein bisschen zu eng sein. Aber wenn Ihr darauf besteht, können wir sie benutzen.«
    »Ich werde Euch umbringen«, sagte Marcus.
    »Und ich bin kein großartiger Kämpfer«, erwiderte Capsen. »Wenn Ihr es also versucht, werde ich entschlossen handeln müssen. Ich verstehe wirklich nicht genug davon, um es zu schaffen, jemanden mit Eurer Erfahrung einfach nur in Schach zu halten. Essen gibt es gleich als Erstes jeden Morgen, eine Kleinigkeit mittags und kurz vor Sonnenuntergang eine weitere volle Mahlzeit. Einmal am Tag werde ich den Nachttopf leeren. Die Tür wird immer von außen verschlossen sein, und Ihr seid zu groß, um durch die Taubenlöcher zu passen. Wenn Ihr die Sache unerfreulich für mich gestaltet, werde ich sie für Euch unerfreulich gestalten.«
    »Noch unerfreulicher, als in einem Taubenschlag an die Wand gekettet zu sein, meint Ihr?«
    » Unerfreulich ist noch so ein relativer Begriff«, sagte Capsen. Sein Lächeln wirkte aufrichtig.
    »Weshalb tut Ihr das?«
    »Ich züchte Tauben und schreibe Gedichte. Von irgendwas muss ich den Steuereintreiber ja bezahlen.«
    Er trat zurück, und Marcus kam stolpernd auf die Beine. Alles von den Knien abwärts war taub wie bei einem Toten.
    »Wenn Ihr wollt, überlasse ich Euch jetzt für eine Weile Euren Fluchtversuchen«, sagte Capsen. »Frühstück gibt es in ungefähr einer Stunde.«
    Im Verlauf der nächsten Woche versuchte Marcus alles, was ihm in den Sinn kam. Er versuchte, sich aus den ledernen Gurten herauszuwinden. Er versuchte herauszufinden, wie die Kette befestigt war, indem er nach hinten griff, bis seine Schultern und Ellbogen schmerzten. Er rannte von der Mauer weg, legte jedes Mal seine ganze Kraft in den Anlauf, in der Hoffnung, etwas losreißen zu können, und dann ging er noch einmal alles durch, was er schon zuvor getan hatte. An einem Tag versuchte er, um Hilfe zu rufen. Am sechsten Tag erinnerte er sich daran, dass er einmal gehört hatte, wie man ein Seil aufdrehte, und er drehte und wand sich verzweifelt, wickelte die Kette immer dichter auf, bis sie ein einziges dickes Ding war, viermal so dick wie der ursprüngliche Gurt, und sich kein Stück mehr bewegen ließ. Er setzte all seine Kraft ein, um sie noch weiter drehen zu können, um ein Glied aufzusprengen.
    »Oha«, sagte Capsen, als er an diesem Tag das Abendessen brachte. »Das habe ich noch nicht zu Gesicht bekommen. Ihr seid sehr schlau.«
    »Danke«, knurrte Marcus. Es dauerte sehr lange, bis er sich wieder ausgewickelt hatte, und als die Kette ihm genug Raum ließ, war sein Abendessen kalt.
    Als die zweite Woche seiner Gefangenschaft begann, stellte Marcus fest, dass sein Zorn und seine Empörung nachließen. Die Welt verengte sich zu einem kleinen, unlösbaren Problem. Es zehrte ihn auf. Noch lange, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass der Mechanismus keine Flucht gestattete, versuchte er es, tat all das, was er schon zuvor getan hatte, erwartete genau die gleichen Ergebnisse, war aber offen für eine schöne Überraschung. Ganz gleich, was als Nächstes geschah, seine oberste Aufgabe war es zu fliehen.
    Die Tauben schienen ihn als kostenlose Unterhaltung zu betrachten, wanderten über ihre Sitzstangen und wandten ihm erst ein Auge und dann das andere zu. Capsens Kinder spähten manchmal durch die Taubenlöcher hoch oben in der Wand herein, starrten Marcus ein paar Minuten lang an und flüchteten dann unter Gelächter. Abends rächte sich Marcus, indem er Steinchen und kleine Erdklumpen nach den Tauben warf, bis sie sich aufplusterten und ihm vorwurfsvoll den Rücken zuwandten.
    Nachts hatte er Albträume. Das war nichts Neues.
    Die Morgendämmerung kam über die Fenster herein, ein aufstrebendes blauweißes Licht. Mit einem fragenden Gurren gaben die Tauben ihre Meinung dazu im Chor zum Besten. Das Rasseln des Schlosses kam früher als gewöhnlich, und als die Tür aufsprang, war es nicht Capsen, der sich hereinduckte.
    »Kit?«
    »Marcus«, grüßte der Schauspieler fröhlich. »Ich habe nach Euch gesucht. Ich glaube, ich verstehe jetzt, weshalb Ihr so schwer zu finden wart.«
    »Ihr müsst mich hier herausholen.«
    »Das werde ich. Aber ich wollte erst mit Euch sprechen.«
    Meister Kit ließ sich mit dem Rücken an die grobe Steinmauer gelehnt nieder. Er wirkte älter, als Marcus ihn in Erinnerung hatte. In seinem Haar

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