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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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sagte er. »Habe ich etwas Anstößiges getan? Was habe ich …?«
    Clara verschränkte die Hände hinter dem Rücken. Die Luft in den Dienerschaftsunterkünften war irgendwie dünner als im Haupthaus. Sie hatte Schwierigkeiten beim Atmen.
    »Wir wissen beide, worum es hier geht«, sagte sie. »Willst du mich wahrhaftig dazu bringen, es zu erklären?«
    »Ich …«
    Der Jäger neigte den Kopf, und als er ihn wieder hob, war sein Gesichtsausdruck nicht mehr der eines Dieners, der mit seinem Herrn sprach, und sein Tonfall verlieh den Worten eine zusätzliche Bedeutung, die nicht von den bloßen Regeln der Sprache getragen wurde. »Ich werde meiner Lady dienen, wie sie es für richtig hält«, sagte er. »Ich habe keine andere Aufgabe.«
    »Auch wenn sie es für richtig hält, dich auf den Landsitz zu schicken, um nach den Zwingern zu sehen?«
    »Selbst wenn sie es für richtig hält, mich in die Hölle zu schicken, meine Lady.«
    »Sei nicht dramatisch«, flüsterte sie.
    Einen Augenblick lang hielt zwischen ihnen die Zeit an. Ein einzelner Augenblick, der eine Ewigkeit dauerte, denn es war der letzte. Clara wandte sich um und ging langsam zurück zum Haupthaus. Allmählich bekam sie wieder Luft. Sie zog die Schultern hoch. Sie wollte in ihre Gemächer gehen, sich mit ihrer Stickarbeit und ihrer Pfeife hinsetzen und noch einmal, falls es ihr gelang, ein paar stille Momente des Winters erhaschen. Sie wollte wieder ruhig sein. Sie wollte sich nicht rühren.
    Aber Dawsons Stimme drang durch die Eingangshalle, als sie dort ankam. Sie erkannte an seinem Tonfall, dass er verärgert war, aber nicht wirklich zornig. Seine Launen und sein Gemüt waren ihr so vertraut wie ihre eigenen Kleider und genauso tröstlich. Zwei seiner Jagdhunde strichen nervös durch den Gang vor seinem Arbeitszimmer, winselten verhalten und blickten von Clara zur geschlossenen Tür und wieder zurück. Sie hielt kurz an, um sie sanft hinter den Ohren zu kraulen.
    Dawson saß an seinem Schreibtisch. Ein Brief lag darauf ausgebreitet. Sie musste das königliche Siegel nicht sehen. Die Qualität des Papiers und die präzise Handschrift reichten aus, um zu wissen, dass er von König Simeon stammte. Sie war einen Augenblick lang erleichtert. Es hatte wahrscheinlich nichts mit Jorey zu tun.
    »Gibt es Schwierigkeiten?«, fragte sie.
    »Simeon hat die Audienz mit diesem dummen Bastard aus Asterilreich verschoben«, erklärte Dawson.
    »Du meinst den Botschafter?«
    »Ja, den«, sagte Dawson. »Und das neue Datum ist dasselbe wie das von Lord Banniens Fest. Und als ob das nicht genug wäre, hat er mich nächste Woche um eine Privataudienz gebeten, zur selben Zeit, zu der ich einen Tisch zum Kartenspielen im Großen Bären mit Daskellin und seinem dicken Vetter hatte, der nicht weiß, wie man spielt.«
    »Ah«, sagte Clara. Sie trat auf ihn zu, eine Hand auf seiner Schulter. Er nahm ihre Finger, küsste sie sanft, ohne auch nur zu merken, dass er es tat. Die Zuneigung zwischen ihnen war eine Angewohnheit, umso ehrlicher, da sie so nebensächlich war. Statt seinen Seufzer zu hören, spürte sie, wie sich sein Körper hob und wieder senkte.
    »Dieser Mann«, sagte er, »hat keine Vorstellung davon, was ich alles für ihn opfere.«
    »Die wird er nie haben«, erwiderte Clara.

D AWSON
    DIE KÖNIGSHÖHE WAR NICHT das ursprüngliche Gebäude, das diesen Namen erhalten hatte. Solange es Camnipol gab, hatte es auch eine Königshöhe gegeben, und daher war bei jedem Wiederaufbau der Stadt, auf jeder Schicht aus Ruinen und Vergangenheit, eine neue Burg errichtet worden. Irgendwo in der Tiefe, vergessen und zusammengepresst im Stein, befand sich die erste Königshöhe mit den Knochen der ersten Könige.
    Das Gebäude, durch das Dawson jetzt ging, hatte er schon als Junge gekannt. Es ragte am nördlichen Stadtende empor, blickte hinaus über den Spalt. In den niedrigeren Gebäu den residierte König Simeon wie sein Vater zuvor und da vor dessen Vater, vier Generationen lang bis zum Schwarzwasserkrieg. Weiße Kieswege wanden sich durch Gärten, die mit einer Präzision gepflegt wurden, die schon an Mathematik heranreichte. Kein Blatt schien fehl am Platz zu sein, kein Stein ruhte nicht in Vollkommenheit. Das einzig Wilde hier war die Luft. Sie wehte aus den südlichen Ebenen heran, durch die Stadt herauf und suchte sich mit jähen Windstößen ihren Weg entlang der Gartenpfade. Sie pflückte Blüten von den Bäumen, trieb Blütenblätter wie Schnee vor sich her und

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