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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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wirbelte sie hoch in die Luft, um sie langsam zurück zur Erde fallen zu lassen.
    Der alte Tempel stand abseits, seine Bronzetüren, die Simeons Großvater verschlossen hatte, waren zu Dawsons Lebzeiten nicht geöffnet worden. Dann der private Tempel mit seinen perlweißen Fenstern und Bahnen aus grün emailliertem Stahl, wie die Schuppen einer großen Echse oder eines Drachen. Über alldem erhob sich der große, glattwandige Turm, hoch wie hundert Menschen, und darin ragten hohe Bogendecken auf wie die Architektur der Träume. Dawson hatte den großen Turm nur dreimal betreten, und zweimal davon in Gesellschaft des jungen Prinzen, als sie beide noch jung und feucht hinter den Ohren gewesen waren. Er träumte von Zeit zu Zeit noch von diesen Räumen. Sie waren geschaffen, um jene Ehrfurcht zu lehren, die sie betraten, und es war gut gelungen.
    Die königlichen Gemächer selbst waren erstaunlich zurückgenommen, wenn man das Umfeld betrachtete. Anderswo wären sie vielleicht grell und prahlerisch erschienen, aber im Schatten des großen Turms hätte selbst ein Gebäude, das in Blattgold gefasst und mit Rosen durchwirkt war, immer noch bescheiden ausgesehen. Tatsächlich war es ein weitläufiges Bauwerk aus Stein und Holz; Glaslaternen waren unmittelbar in die Wände eingelassen, so dass die Kerzen darin auf der Innen- und der Außenseite leuchteten. In der hellen Nachmittagssonne waren die Laternen dunkel und düster.
    Ein in Seide gekleideter Diener an einer Bronzekette erwartete Dawson am Steingarten, der zu den Räumen führte, in die Simeon sich zurückzog. Dawson nahm die Verbeugung des Mannes mit einem Nicken entgegen und ließ sich nach drinnen in die kühlen Schatten führen.
    König Simeon saß neben einem kleinen Springbrunnen. Er trug ein Gewand aus einfacher weißer Baumwolle, und sein Haar war durcheinander, als wäre er gerade aufgestanden. Sein Blick lag auf dem fallenden Wasser, das silbern und weiß über einen Bronzedrachen herabströmte, der vom Grünspan beinahe unkenntlich geworden war.
    »Eine lockere Audienz also, Eure Majestät?«, fragte Dawson, und sein alter Freund wandte sich um. Sein Lächeln war voller Melancholie.
    »Vergebt mir, wenn ich nicht aufstehe«, sagte Simeon über das plätschernde Wasser hinweg.
    »Ihr seid mein König«, erwiderte Dawson. »Wie tief Ihr auch sitzt, es ist meine Pflicht, mich Euch kniend unterzuordnen.«
    »Ihr habt die Form immer geschätzt«, sagte Simeon. »Oh, hört auf damit. Steht auf, oder kommt zumindest her und setzt Euch neben mich.«
    »Form verleiht der Welt ihre Gestalt«, erläuterte Dawson, während er sich erhob. »Wenn man sich nicht an die Tradition hält, was gibt es dann noch? Tausend verschiedene Leute, ein jeder mit eigenen Vorstellungen von Gerechtigkeit, und jedermann versucht seinem Nächsten seine Vorstellungen aufzuzwingen? Wir haben gesehen, wohin das führt.«
    »Anninfeste«, sagte Simeon düster. »Ihr lebt in einer erschreckenden Welt, alter Freund, wenn alles, was zwischen uns und dem steht, die Etikette ist.«
    »Die Ordnung ist seit eh und je teuer und zerbrechlich gewesen. Sind die Kleinigkeiten erst einmal dahingegangen, sind die großen Dinge zu mächtig, um sie aufzuhalten. Jeder an seinem Platz. Jene, denen die Führung bestimmt ist, führen. Jene, denen es bestimmt ist zu folgen, folgen. Die Zivilisation verfällt nicht in Anarchie. So soll es sein. Und es ist auch die Welt, in der Ihr lebt, Eure Majestät.«
    »So ist es«, sagte Simeon. »So ist es. Und dennoch wünschte ich, ich könnte Aster eine bessere hinterlassen.«
    »Das Wesen der ganzen Geschichte verändern, nur um eines Jungen willen?«
    »Das würde ich tun. Wenn ich es könnte, bei Gott, ich würde es tun. Eine Welt, in der nicht alles auf seinen Schultern lastet. In der seine eigenen Leute sich nicht verschwören, um ihn umzubringen.« Simeon schien in sich zusammenzusinken. Seine Haut war grauer, als Dawson sie in Erinnerung hatte, wie ein bleiches Hemd, das zu oft in der Wäscherei gelandet war. Der König fuhr sich mit den Fingern gedankenverloren durchs Haar. Sein Spiegelbild im Springbrunnen war nur ein weißer Fleck. »Es tut mir leid. Ihr hattet recht mit Issandrian und Maas. Ich dachte, ich könnte den Frieden halten.«
    »Das habt Ihr. Euer einziger Fehler war, dass Ihr geglaubt habt, Ihr könntet es tun, ohne jemanden hinzurichten.«
    »Und nun …«
    »Asterilreich«, sagte Dawson und ließ das Wort in der Luft hängen. Es war das, wozu er

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