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Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (02): Königsblut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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sind sie geflohen?«
    »Sie sind langsam, sie sind schwach, wenn sie nicht im Wasser sind, und sie sind nackt. Seeleute und Küstenbewohner haben manchmal einen grausamen Sinn für Humor«, erklärte Barth. »Die Versunkenen sind wie jeder sonst auch. Sie sehen eine Bedrohung, und sie weichen ihr aus. Sogar Fische tun das.«
    Cithrin nickte, aber sie merkte sich auch den Seemann, während seine Kameraden ihn grinsend aus dem Wasser zogen, und sie bemühte sich darum, ihm für den Rest der Reise aus dem Weg zu gehen.
    Carse. Die weißen Kalkfelsen nahmen einen halben Tag, bevor die Stadt in Sicht kam, ihren Anfang, ragten wie ein Gletscher an der Küste auf. Das Meer selbst schien eine bleiche Farbe anzunehmen, und der dunstige Himmel war heller als Blau. Die ersten Anzeichen für menschliches Leben – oder genauer für die Dutzend Rassen, die über dem Wasser bauten – waren die Fischerboote. Klein und schwarz kehrten sie gerade zu den Klippen zurück oder machten sich auf den Weg nach Norden zu den kleineren Städten, die dichter am Wasser lagen.
    Obwohl sie am Meer lag, war Carse keine richtige Hafenstadt. Sie befand sich am Ende der nördlichen Drachenstraßen und blickte auf die Wellen hinab. Ein großes Netzwerk von Kais überspannte den Fuß der Klippen, aber nur wenige Händler entschieden sich dafür, sie zu nutzen. Sie legten lieber dort an, wo die Klippen endeten, und schafften ihre Waren über Land in die große Stadt. Cithrin und die anderen Passagiere, die wenig zu tragen hatten, stiegen an den Kais aus und machten sich auf den Weg die Serpentinen hinauf, die ins eigentliche Carse führten. Sie fand es ein wenig beunruhigend, die anderen, älteren Wege zu sehen, die immer noch über die Felsen führten, aber verwittert und zerbröckelt waren, so dass man sie nicht mehr nutzen konnte. Eines Tages würde sich hier die gleiche unpassierbare Ruine befinden, wo jetzt der weiße Kalk ihre Schuhe und ihr Kleid hell färbte, während sie die Klippe hinaufstolperte, weil ihr Gleichgewicht noch nicht ganz an den stillstehenden Boden angepasst war.
    Oben auf den Klippen bog der Pfad nach Osten ab, wobei er sich in breite Eisenstufen verwandelte, die zu einem großen Platz und der Stadt selbst emporführten. Wenn man sie entworfen hatte, um jene zu beeindrucken, die auf ebendiesem Weg heraufkamen, hätte man es kaum besser machen können. Der Ratsturm erhob sich zehn Stockwerke hoch, sein Stein so glatt wie Haut. Das oberste Stockwerk hatte auf jeder Seite ein Dutzend Fenster aus Buntglas, die dazu dienten, die Erlasse und Entscheidungen des Rates von Abendstund zu verkündigen, wann immer er zusammentrat. Selbst wenn es im Krieg hoch herging, war dieser Turm sakrosankt. Kein König oder Prinz würde die Theologen und Kundigen stören, aus denen der Rat bestand, und ohne ihn wäre Carse nur ein geringerer Edelstein in jeder beliebigen Krone gewesen.
    Dahinter lag ein zusammengerollter Jadedrache, größer als das Schiff, mit dem sie hergesegelt war, seine riesige Schnauze unter einen geschnitzten Flügel gesteckt. Cithrin hatte vom Grab der Drachen mit der Statue des schlafenden Morade am Eingang gelesen, des letzten Drachenimperators. Doch ob wohl sie vorgewarnt war, raubte es ihr den Atem.
    Aber die Stadt war nicht dazu geschaffen, von diesem Standpunkt auf der Klippe betrachtet zu werden. Sie war dazu geschaffen, aus der Luft gesehen zu werden. Gebäude waren eingestürzt und wiederaufgebaut worden, alles Brennbare hatten längst vergessene Armeen niedergebrannt und erneuert und wieder niedergebrannt, aber im Herzen war Carse eine Stadt der Drachen. Ihre Straßen und Plätze waren weitläufig, um Raum für große Körper zu bieten, die schon jahrhundertelang nicht mehr hier gewandelt waren. Die großen Sitzplätze, auf denen sich, so sagte es die Geschichtsschrei bung, die Drachen einst getroffen hatten, wurden sauber und zugänglich gehalten, als könnten die Meister der Menschheit eines Tages zurückkehren.
    Cithrin hatte ihre Kindheit in Vanai mit seinen schmalen Straßen und Kanälen verbracht und sich danach die engen Wege und weißen Mauern von Porte Oliva zur Heimat gemacht. Carse war riesig und grau, stattlich, nüchtern und wür devoll. Die breiten Straßen fühlten sich prahlerisch an, die hohen Türme erhoben sich wie Bäume. Ein einzelner Mann in feingliedriger Kettenrüstung, ein Schwert an der Seite, ging durch die Straßen, und Cithrin erkannte mit Erstaunen, dass er zur Stadtwache gehörte. In

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