Dolly - 03 - Ein Pferd im Internat
Vorstellung begann um halb acht. Aber wie war es mit der Rückfahrt? Wie lange würde die Vorstellung dauern? Höchstens zwei Stunden. Kurz nach halb zehn Uhr ging ein Bus zurück – der letzte. Die Zeit, ihn noch zu erreichen, war knapp!
Margot bekam nun doch Bedenken. Und dann allein im Finstern von der Haltestelle bis ins Schulgebäude laufen! Ob der Mond schien? Vor Dunkelheit fürchtete sie sich immer.
Am Morgen desselben Samstags war Will zu Dolly gekommen. “Dolly, ,würdest du mir einen Gefallen tun? Ich gehe nicht wieder zu den Ställen, ehe ich die Erlaubnis von Fräulein Peters erhalte. Könntest du bei Donner mal nach dem Rechten sehen?”
“Ja, natürlich gern”, versicherte Dolly. “Heute früh ist er nicht mit den anderen Pferden weg gewesen.”
“Nein”, sagte Will, “er läßt keinen anderen aufsitzen. Also bitte, geh, Dolly, und sieh, wie es um ihn steht!” Dolly ging. Sie öffnete die Stalltür. Alle Pferde waren in ihren Boxen.
Einer der beiden Pferdepfleger war gerade dabei, die Tiere zu striegeln. Er pfiff sich ein Liedchen. “‘n Morgen, kleines Fräulein”, sagte er.
“Guten Morgen”, grüßte Dolly zurück. “Wie geht’s Donner? Schon besser?”
“Leider nein”, sagte der Mann. “Jedenfalls ist nicht viel mit ihm los. Ich glaube, er hat Kolik oder zumindest so etwas Ähnliches.”
Kolik – das ist doch so eine Art Magenverstimmung? dachte Dolly. Na, das ist sicher nicht weiter schlimm. Sie ging hinüber zu Donner, der seinen Kopf hängen ließ und einen kläglichen Eindruck machte.
“Er sieht aber wirklich nicht besonders aus”, sagte sie. “Ob es daran liegt, daß er seine Herrin vermißt? Sie darf nämlich nicht zu ihm.”
“Mag sein”, sagte er. “Aber ich meine eher, seine Gedärme machen ihm zu schaffen. Wenn’s nicht besser wird, müssen wir den Tierarzt kommen lassen. Habe aber so was gehört, als ob dieses Pferd nach Hause geschickt werden soll.”
Dolly sagte nichts weiter, sondern lief zurück zu Will, die angstvoll auf ihren Bescheid wartete.
“Donner scheint’s nicht gut zu gehen”, berichtete sie. “Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Der Pferdepfleger sagte, er hätte nur Kolik. Das ist doch sicher nichts Außergewöhnliches?”
Will starrte sie entsetzt an. “Kolik? Das ist eine der schlimmsten Pferdekrankheiten, die es gibt. Ach, Dolly, denke daran, was für einen großen Magen ein Pferd hat – und wenn der über und über krank ist! Das ist ganz schlimm!”
“Das wußte im nicht”, sagte Dolly. “Aber so gefährlich wird’s schon nicht sein!”
“Doch! Doch!” Will stürzten die Tränen aus den Augen. “Was soll im nur tun?”
“Gar nichts”, sagte Dolly. “Warte bis morgen, da ist’s sicher wieder besser. Die Pferdepfleger kümmern sich schon um Donner. Och – jetzt fängt’s auch noch an zu gießen!”
Will drehte sich um. Was bekümmerte sie der Regen! Sie setzte sich in eine Ecke und grübelte.
Kolik! Eines der Pferde zu Hause hatte Kolik gehabt und war gestorben. Wenn nun Donner mitten in der Nacht todkrank würde – und keiner wüßte es! Die beiden Pferdepfleger schliefen nicht in der Nähe des Stalles. Niemand würde es dann merken, und am Morgen wäre Donner tot!
Während Will sich mit solchen trüben Gedanken plagte, gingen erfreuliche durch Margots Kopf.
Sie hatte sich den Plan genau zurechtgelegt. Um die Folgen, wenn sie ertappt wurde, kümmerte sie sich nicht. Dann hatte sie längst Erfolg und Beifall eingeheimst. Möwenfels würde sie mit Jubel begrüßen und sie bewundern! Und die Klasse würde ihren Unternehmungsgeist loben: “Genau wie eine echte Künstlerin! Herrlich, Margot!”
Zunächst klappte alles großartig. Fräulein Pott wunderte sich nicht, daß Margot eine Extra-Gesangstunde hatte und deshalb ihr Abendbrot etwas früher haben wollte. Auch die Klassenkameradinnen fanden nichts dabei.
Margot erreichte den Bus rechtzeitig. Es goß zwar in Strömen, aber sie hatte ihren Regenmantel an. Nur die Mütze setzte sie nicht auf – es könnte ja jemand das aufgenähte Schulabzeichen bemerken. Außerdem war die Bus-Haltestelle direkt vor dem Roxy-Kino in Billstedt. Da würde ihr Haar kaum naß.
Auf ging’ s – zum Beginn einer wunderbaren Karriere!
Wo steckt Margot?
Als Fräulein Pott bei der Abendtafel Margot nicht sah, erinnerte sie sich, daß ihr diese Schülerin etwas von einer Extra-Gesangstunde erzählt hatte. So war sie beruhigt.
Die Klasse vermißte sie weiter nicht. Für sie war Margot
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