Dolly - 08 - Eine aufregende Mitternachtsparty
Kaffeedeckchen, die alte Teekanne, der Stiefel aus Glas, aus dem man trinken konnte, oder der altmodische Nachttopf einen Käufer fanden und welcher Preis dafür erzielt werden würde. Die Kinder scharten sich um Will und Clarissa und opferten ihr letztes Taschengeld für noch einen und immer noch einen Ritt in der Reithalle.
In der Schießbude versuchte Evelyn, angetan und geschminkt wie zu einer Tanzparty, mit all ihrem Charme die Männer zum Schießen zu animieren.
In den Räumen des Haupthauses herrschte Hochbetrieb. Susanne konnte stolz sein auf ihren Erfolg, ihr Stand mit Bastelarbeiten war ständig umlagert, und ihre Gürtelschnallen und Schmuckstücke verkauften sich wie warme Semmeln.
In der alten Schmiede stand Monsieur Monnier, der Französischlehrer, in weißer Kochmütze und mit einer großen rotweiß-karierten Schürze am Grill und briet Würstchen, die Michaela verkaufte. Das Geschäft lief wie am Schnürchen.
Besonderen Anklang fanden die Gewinnspiele. Trotzdem brachten sie am wenigsten ein, denn die Mädchen hatten so viel in ihre Preise investiert, daß der Reingewinn nur mager war.
Als Dolly sicher war, daß ihre Veranstaltung auch ohne ihr Zutun prächtig laufen würde, entschloß sie sich, nun ihren eigenen Stand zu eröffnen.
Sie schlich sich an ihrem Lehrer Don Rodriguez, der spanische Gitarrenmusik zum besten gab, vorbei in die Küche und holte ihr Werkzeug – einen großen Eimer voller Wasser und einen Schemel. Jetzt noch die Aufmachung: Sie streifte sich einen Clownanzug mit weiten Hosen und schlotternder Jacke über, band einen bunten Schal um den Hals und stopfte ihre Haare unter einen spitzen Hut. Nun noch weiße Farbe ins Gesicht, ein paar schwarze Striche um die Augen und einen riesigen roten Herzmund gemalt. Fertig war der Jahrmarktsausrufer, kein Mensch würde sie so erkennen. Auch eine Flüstertüte hatte sie sich gebastelt. Dolly angelte sie vom Küchenschrank, wo sie sie vor den anderen versteckt hatte. Jetzt konnte es losgehen. Dolly nahm Eimer, Schemel und Flüstertüte und ging in den Speisesaal.
„Entschuldigen Sie, haben Sie vielleicht Dolly Rieder gesehen?” Mademoiselle lief ihr direkt in die Arme. „Ich muß ihr unbedingt sagen, was für eine köstliche Veranstaltung dies ist! Formidable!”
Dolly schüttelte nur stumm den Kopf, um sich nicht zu verraten. Das war ja großartig! Wenn nicht einmal Mademoiselle sie erkannte, würden es auch die anderen nicht.
Don Rodriguez hatte seine Darbietung beendet, das paßte ausgezeichnet.
Dolly suchte sich einen Platz, an dem alle sie sehen konnten und an dem sie die anderen möglichst wenig durch ihr Geschrei behinderte. Dann legte sie los: „Meine Herrschaften! Sehr verehrte Damen und Herren! Ein neues, ein einzigartiges Spiel! Hier können Sie Ihr Geld verdoppeln! Kommen Sie! Sehen Sie! Versuchen Sie – hier können Sie reich werden!”
Sofort hatten sich Dolly alle Blicke zugewandt. Jetzt kamen die Besucher neugierig näher. Etwas erstaunt schauten sie auf den mit Wasser gefüllten Eimer.
„Nur ein Eimer mit Wasser? Was soll denn das?” fragte ein junger Mann.
„Was soll denn das für ‘n komisches Spiel sein?” kicherte ein Mädchen.
„Passen Sie gut auf, meine Herrschaften. Hier habe ich einen Groschen. Wer riskiert einen Groschen, um ihn zu verdoppeln? Sehen Sie! Schauen Sie hin! Ich werfe jetzt diesen Groschen in den Wassereimer. Können Sie ihn sehen?”
Eifrig beugten sich die Köpfe über den Eimer und verfolgten den Weg des Groschens, der langsam auf den Boden des Eimers trudelte. Genau in der Mitte blieb er liegen.
„Meine Herrschaften!” verkündete Dolly. „Jetzt ist es an Ihnen, ihr Glück zu machen! Werfen Sie einen Groschen in den Eimer, zielen Sie genau! Trifft der Groschen den Groschen im Eimer, haben Sie ihn gewonnen. Bedenken Sie – in weniger als einer Minute haben Sie Ihr Geld verdoppelt.
Treffen Sie daneben, haben Sie Ihr Geld für einen guten Zweck gespendet. Vergessen Sie das bitte nicht – wir machen einen Wohltätigkeitsbasar, und alles Geld, das Sie verlieren, dient einer Hilfsaktion. Also stehen Sie nicht zurück! Wagen Sie Ihren Einsatz – haben Sie Mut!”
Der junge Mann, der sich zuerst zu Wort gemeldet hatte, riskierte auch den ersten Groschen. Eine Weile sah es so aus, als würde er gewinnen, aber dann trudelte das Geldstück ein wenig zur Seite und fiel am Rand des Eimers nieder.
„Tut mir leid, mein Herr, vielleicht das nächste Mal. Übung macht den Meister. Wer möchte
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