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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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wir Wunderlich gerade beim Spielen von »Call of Duty« unterbrochen hatten.
    Raphael ließ seinen Blick über die ansonsten eher spartanische Einrichtung schweifen, dann setzte er sich unaufgefordert auf einen der beiden Stühle, die zusammen mit einer Couch und einem verschlissenen Sessel den Glastisch umrahmten. Dennis Wunderlich musterte ihn unsicher, dann lächelte er mich zu meinem Erstaunen an und bot mir mit einer knappen Bewegung ebenfalls Platz an.
    »Sie wissen, weshalb wir hier sind«, eröffnete Raphael das Gespräch, nachdem sich Wunderlich betont lässig auf die Couch gefläzt hatte. »Ihre Freundin Jenny hat uns informiert, dass Sie am Abend des 19.   Dezember Zeuge einer Auseinandersetzung auf der Steinernen Brücke geworden sind. Ist das richtig?« Raphael klang barsch – wahrscheinlich trug er ihm immer noch nach, dass er gezögert hatte, uns in die Wohnung zu lassen.
    Wunderlich nickte.
    »Um wie viel Uhr war das ungefähr?«, fragte ich freundlich. Vielleicht war er wirklich nicht so unzugänglich, wenn man ihn nett behandelte.
    »So zwischen zwölf und ein Uhr vielleicht?«, antwortete er.
    Raphael wollte dazwischenfunken, aber Wunderlich kam ihm zuvor: »So genau weiß ich das aber nicht mehr. Ein Kumpel war bei mir, wir haben ein bisschen gek-« Für den Bruchteil einer Sekunde riss er erschrocken die Augen auf, dann korrigierte er sich hastig. »Alkohol getrunken. Ein paar Bier. Der Kumpel ist dann heim, wohnt gleich zwei Häuser weiter, und ich bin noch in die Stadt gegangen.«
    »Über die Steinerne Brücke«, folgerte ich.
    »Richtig. Und da habe ich die beiden Männer dann gesehen.«
    »Und was haben Sie genau gesehen?«, fragte Raphael ungeduldig.
    »Nicht viel«, antwortete Wunderlich. »Ich war ziemlich besoffen. Wenn nicht einer der beiden so scheiße gelacht hätte, hätte ich mir das alles wahrscheinlich überhaupt nicht gemerkt.«
    »Gelacht?«, fragte ich. »Ich dachte, Sie hätten einen Streit beobachtet.«
    »Ja«, antwortete er. »Aber der Kleine hat den Größeren gepackt, und dann hat der Größere ihn ausgelacht.«
    »Wie sahen die beiden aus?«, fragte ich.
    »Den Kleineren habe ich nur von hinten genauer gesehen«, sagte Wunderlich. »Kurze Haare, ich glaube, irgendwie braun. Oder dunkelblond. Und eine Brille, das habe ich gesehen, als ich mich nochmals kurz umgedreht habe. Aber mehr weiß ich nicht mehr, ehrlich.«
    Raphael warf mir einen schnellen Blick zu. Sascha Hoyer trug eine Brille und war kleiner, als Wahlner gewesen war. Ganz im Gegensatz zu Leo Wollenschläger.
    »War er dick?«, fragte ich.
    Dennis zuckte die Achseln. »Nicht richtig fett zumindest. So mittel vielleicht.«
    »Und der Größere?«, fragte ich.
    »Der war schlank. Hatte längere Haare. Dunkel. Und eine Zigarette in der Hand.«
    »Sah der vielleicht so aus?«, fragte Raphael und zog das Foto von Wahlner aus seiner Brusttasche.
    Wunderlich betrachtete es nachdenklich und nickte dann. »Ja, das könnte er gewesen sein.«
    »Warum haben Sie nicht eingegriffen?«, fragte Raphael streng.
    Wunderlich zuckte schuldbewusst zusammen, aber im nächsten Moment setzte er sich auf und verschränkte die Arme vor der Brust. »Weil das nicht besonders krass aussah«, sagte er. »Hier gibt’s doch ständig irgendwelche Schlägereien, oder? Der Kleine sah nicht so aus, als hätte er gegen den Größeren wirklich eine Chance. Und der Große hat gelacht.« Er schnippte lässig mit dem Finger und schlug die Beine übereinander. »Würden Sie da eingreifen?«
    Nach einem auffordernden Blick zu Raphael beantwortete er seine Frage gleich selbst. »Ja, wahrscheinlich würden Sie das. Aber ich nicht. Erstens war ich dicht, und zweitens war es mir ehrlich gesagt auch scheißegal.«
    »Tolle Einstellung, Kumpel«, antwortete Raphael und tippte mit den Fingerknöcheln auf das Foto von Wahlner. »Jedenfalls ist dieser Mann jetzt tot.«
    Wunderlich biss sich auf die Unterlippe. Er war blass geworden. Angestrengt rückte er seine Kappe gerade und zog sie tiefer in die Stirn. »Ja, hab ich gehört. Aber was kann ich dafür?«
    »Warum wollten Sie sich nicht selbst bei uns melden?«, fragte ich und versuchte, nicht vorwurfsvoll zu klingen. Ein beleidigter Zeuge half uns schließlich auch nicht weiter.
    »Weil ich genau wusste, dass das passiert!«, brauste er auf und starrte Raphael anklagend an. »Dass die Bullen behaupten, ich wäre schuld! Oder mir sonst was in die Schuhe schieben. Ist doch immer die gleiche

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