Donavan und das süsse Leben
Manager, war ein sehr auf Sicherheit bedachter Knabe, was nur gut
war, denn im Keller befand sich unser Waffenlager. Das sparte jeweils Ärger mit
den Metall-Detektoren, wenn wir zwischen London und New York hin und her
trudelten. Ich besaß ein Haus in Connecticut, in dem aus demselben Grund ein
eigenes Waffenarsenal untergebracht war.
Finchley versprach uns
Abendessen in einer halben Stunde und legte mir die Post und die Liste der
Anrufer hin. Einer der letzteren interessierte mich, die Post konnte warten.
»Rufen Sie Ballentine an«,
befahl ich Hicks.
»Den Wirtschaftsprüfer?« Er hob
die Brauen. »Das wird ihm zu dieser Nachtzeit gar nicht gefallen.«
»Er wird dafür bezahlt, daß es
ihm gefällt«, sagte ich kurz.
»Das ist immerhin ein
Standpunkt, Kollege«, gab Hicks zu und griff nach dem Telefonhörer.
»Guten Morgen, Mr. Donavan«,
sagte ungefähr eine Minute später Ballentines Stimme in mein Ohr. Ballentine
ist schrecklich englisch, und sein Sarkasmus entspricht dem aufs Haar.
»Freut mich zu hören, daß Sie
so früh auf und munter sind«, sagte ich vergnügt. »Haben Sie gut geschlafen?«
»Ich bin um Mitternacht zu Bett
gegangen«, erwiderte er. »Genau genommen vor fünfundvierzig Minuten, und ich
war eben eingeschlafen, als das Telefon klingelte.«
»Das stößt Leuten, die mit
Pauschalen abgegolten werden, schon mal zu«, sagte ich.
»Sie haben die Gabe aller
Amerikaner, Ihren Standpunkt klar und deutlich zu machen, Mr. Donavan«, sagte
er. »Was kann ich für Sie tun?«
»Fontaine?« fragte ich.
»Korrekt.« Er zögerte einen
Augenblick. »Das ist natürlich nur eine Annahme, Mr. Donavan. Da Sie mir keine
ordentliche Revision und nur heimliche Nachforschungen gestatten — , kann ich
nur nach dem äußeren Anschein und diskreten Erkundigungen gehen.«
»Wie korrekt?«
»Ich glaube, ich verstehe die
Frage nicht recht, Mr. Donavan.«
»Würden Sie für ihn Ihren Ruf
aufs Spiel setzen?«
»Mr. Donavan — « In seiner
Stimme lag plötzlich etwas wie ein Krächzen. »Ich würde für niemanden meinen
Ruf aufs Spiel setzen, auch nicht für Sie.«
»Sie behaupten also, er mache
einen korrekten Eindruck, können jedoch ohne eine volle Revision nicht sicher
sein.«
»So ungefähr.«
»Das ist nutzlos«, sagte ich.
»Es gibt Gerüchte«, sagte er
zögernd. »In Zürich, Paris und Amsterdam. Aber Gerüchte gibt es immer, Mr.
Donavan.«
»Welche Art Gerüchte?«
»Daß man unter dem offiziellen
Marktpreis einkaufen kann, wenn man weiß, wohin man sich wenden muß.«
»Sind Sie dem weiter
nachgegangen?«
»Mr. Donavan«, sagte er müde,
»ich bin Wirtschaftsprüfer, kein Geheimagent.«
»Wo kann man den Gerüchten nach
unter dem Marktpreis einkaufen?«
»Ich habe zum Beispiel den
Namen Althof in Amsterdam gehört.«
»Sonst noch jemand?«
»Einen, der näher ist. Ein Mann
namens Grimes in London.«
»Wo kann ich ihn finden?«
»Das weiß ich nicht.«
»Für einen Wirtschaftsprüfer
sind Sie ein lausiger Geheimagent«, sagte ich.
»Für einen Auftraggeber sind
Sie ein skrupelloser Amerikaner ohne jeden Sinn für Anstand«, erwiderte er.
»Allein mich um ein Uhr früh anzurufen, ist absolut unerträglich.«
»In New York ist es jetzt erst
acht Uhr abends«, sagte ich.
»Rufen Sie von New York aus
an?«
»Nein«, sagte ich. »Aber es
hätte ja sein können.«
Dann legte ich auf.
5
Kurz vor elf Uhr vormittags
kehrten wir wieder in das Haus auf dem Land zurück. Hicks lud sein eigenes
privates Waffenarsenal ab, nachdem wir das Gebäude von oben bis unten durchsucht
und festgestellt hatten, daß offenbar nichts angerührt worden war. Keinerlei
Leichen warteten in Lehnsesseln auf uns, keine galoppierenden Majore lauerten
mit erhobenen Reitpeitschen hinter den Türen. Ich wußte nicht, was Hicks
eigentlich erwartet hatte, aber er war mit einer Ausrüstung zurückgekommen, die
darauf schließen ließ, daß er auf alles vorbereitet war. Da gab es ein
FN-Gewehr, eine Maschinenpistole und zwei Walther-Schnellfeuerpistolen samt
Nickelmunition mit größerer Durchschlagskraft. Der Rückschlag ist dabei
höllisch, aber wenn die Geschosse eindringen, sorgen sie fast immer für eine
endgültige Lösung aller Probleme.
»Wollen Sie einen Privatkrieg
starten?« fragte ich Hicks.
»Man muß zu allem bereit sein,
Kollege«, erwiderte er selbstgefällig. »Ich war früher mal Pfadfinder, bis sie
mich dabei erwischten, daß ich den Pfad zu einer Mädchenführerin gefunden
hatte, die zu dem
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