Doppelspiel
Flugzeug bleiben.«
Rice wurde bleich. »Ich verstehe nicht.«
»Unglücklicherweise geht es nicht anders. Meinen Jet kann man viel zu leicht verfolgen.«
»Heißt das, dass ich den ganzen Weg bis nach Montreal fahren soll? Das ist verdammt weit.«
»Über tausend Meilen, um genau zu sein. Aber Sie bekommen einen Fahrer, und Sie müssen auch nicht die ganze Strecke im Auto sitzen. In Goose Bay wird ein weiteres Flugzeug auf Sie warten, das Sie den Rest des Weges fliegt. Sie werden zum Abendessen dort sein. Aber Sie werden weder nach Hause noch ins Büro fahren. Sie werden in einem sicheren Unterschlupf außerhalb der Stadt bleiben. Von dort aus werden Sie auch die Geschäfte führen. Und zwei meiner Männer werden ständig bei Ihnen sein. Verstanden?«
»Ja. Natürlich. Aber glauben Sie wirklich, dass diese Vorsichtsmaßnahmen nötig sind?«
»In Anbetracht der Tatsache, dass man erst vor Kurzem versucht hat, mich in eine alte Knochenkiste zu stopfen, damit ich da verrotte … Ja, ich halte das in der Tat für notwendig.« Er legte Rice die Hand auf die Schulter. »Ich werde Ihre Fortschritte aufmerksam verfolgen. Sie können jetzt erst einmal im Flieger bleiben. Ihr Transport kommt gleich.«
Die Flugzeugtür öffnete sich; die Gangway wurde ausgefahren, und Kuchin stieg aus und in einen wartenden Escalade. Dann fuhr er davon.
Kuchin schaute nicht zu seinem Jet zurück, sondern blickte entschlossen geradeaus. Wenn diese Leute wussten, dass er Fedir Kuchin war, was war dann ihr nächster Schritt? Und sie waren bereit, ihn zu töten; daher glaubte er nicht, dass sie einer staatlichen Organisation wie Interpol oder dem FBI angehörten, vermutlich noch nicht einmal dem FSB, der russischen Nachfolgeorganisation des alten KGB. Zwar war der FSB bekannt dafür, den ein oder anderen verdienten Sowjet aufzuspüren, zu verhaften und vor Gericht zu bringen, was sogar in einer Exekution münden konnte, doch geschah dies stets öffentlich, um der Welt zu zeigen, wie sehr sich das Land entwickelt hatte. Und das obwohl ein ehemaliger KGB-Offizier das Land als Staatspräsident führte, dachte Kuchin voller Verachtung. Es war einfach widerlich, was die Demokratie aus den Menschen machte.
Doch was, wenn er sich irrte, und sie doch einer staatlichen Organisation angehörten? Dann könnten sie sich auf ihn stürzen und seine gesamte Organisation zerschlagen. Vielleicht warteten sie in Montreal ja schon auf ihn. Aber sollten sie ruhig. Der Flieger würde leer sein, und seinen Piloten konnte Kuchin vertrauen. Beide waren sie schon viele Jahre bei ihm, und ihnen war durchaus bewusst, dass Kuchin wusste, wo ihre Familien lebten.
An einem abgelegenen Ort, fast vierzig Meilen entfernt, besaß Kuchin ein riesiges Grundstück, und dort stand sein Haus inmitten der unwirtlichsten Tundra außerhalb Sibiriens. Das Land war hart, und doch fand Kuchin hier stets Trost. Im Laufe der letzten vier Jahre hatten er und Rice hier viele erfolgreiche Geschäftsideen entwickelt. Hier konnte er in Ruhe nachdenken, und das war genau, was er jetzt brauchte, um seinen Gegenangriff zu planen.
Kapitel dreiundsechzig
W ir sind am Arsch«, murmelte Shaw, als er in den Bahnhof schaute. Er trug einen Hut, eine dunkle Sonnenbrille und trotz der warmen Luft ein dickes Sweatshirt. Damit hatte er sich in das Gedränge am Gare du Nord von Paris vorgewagt, doch lediglich um festzustellen, dass es dort nur so von Polizisten wimmelte, die sein Bild herumzeigten. Reggie, Whit und Dominic, die sich ebenfalls verkleidet hatten, waren ihm getrennt gefolgt und hatten das Gleiche gesehen.
Dann deutete Shaw zu einer Polizistin nahe dem Haupteingang. In der Hand hielt sie die Farbaufnahme einer zweiten Person.
Reggie erkannte ihr Bild sofort. »Scheiße.«
Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass das die einzigen beiden Bilder waren, die herumgezeigt wurden, drehte Shaw sich um und verließ den Bahnhof wieder. Draußen, bei den Gepäckwagen, trafen sie sich alle wieder.
»Und was jetzt?«, fragte Dominic.
Whit antwortete: »Ich sage, wir drei versuchen es trotzdem, und du …«, er deutete auf Shaw, »… du kannst es irgendwo anders probieren.«
»Dem kann ich nicht zustimmen«, erklärte Shaw.
»Es ist mir egal, ob du dem zustimmst oder nicht.«
»Schalt doch mal dein Hirn an, Whit. Je mehr von uns zusammen sind, desto einfacher sind wir zu schnappen. Sie haben aber nur mein und Reggies Bild, nicht eures. Also steigt ihr in den Zug und fahrt nach London. Reggie
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