Doppelspiel
und ich, wir werden uns einen anderen Weg suchen.«
»Das hättest du wohl gerne«, schoss Whit zurück.
»Er hat recht, Whit«, sagte Reggie. »Es ist besser, wenn wir uns trennen. Wenn sie uns beide schnappen, dann ist das eben so; aber es wäre wirklich dumm, wenn wir ihnen alle gemeinsam in die Arme laufen würden.«
Whit ließ sich nicht davon beeindrucken. »Du versuchst wirklich alles, um bei diesem Kerl zu bleiben.«
Shaw lehnte sich an die Bahnhofswand und sagte: »Warum lässt du die Frau nicht für sich selbst entscheiden, Whit, oder widerspricht das eurer Firmenpolitik?«
»Und warum hältst du nicht einfach mal das Maul? Du weißt gar nichts über uns.«
»Was allerdings nicht an mangelndem Interesse liegt.«
»Wenn wir in den Zug steigen, wie wollt ihr dann nach England kommen?«, wandte Whit sich an Reggie.
Shaw antwortete: »Über Amsterdam. Von dort können wir die Fähre nehmen. Ich kenne da ein paar Leute. Sie stellen keine Fragen, und ich bezweifele, dass die Polizei dort sich für uns interessiert.«
Reggie sagte: »Whit, du und Dom, ihr müsst in den verdammten Zug. Doms Arm muss so schnell wie möglich medizinisch versorgt werden. Und zwei Stunden Zugfahrt sind tausendmal besser als mehrere Tage auf einem Schiff.«
»Du meinst das wirklich ernst, nicht wahr? Du willst mit diesem Kerl gehen, obwohl du nicht die leiseste Ahnung hast, wer er wirklich ist?«
»Ich weiß, dass er uns das Leben gerettet hat, und ich weiß, dass er sich Befehlen widersetzt hat, um uns zu begleiten. Muss ich da wirklich noch mehr wissen?«
Whit betrachtete sie aufmerksam. Dann schaute er zu Shaw und schließlich Hilfe suchend zu Dominic. Der junge Mann blickte jedoch nur zu Boden.
»Also schön«, sagte Whit schließlich. »Zieht los, und macht, was ihr wollt. Vielleicht sehe ich euch ja in England wieder, vielleicht aber auch nicht. Ich schreibe euch dann, wenn ich Kuchin erledigt habe.« Er drehte sich um und marschierte in den Bahnhof. Dominic huschte ihm hinterher.
Shaw schaute zu Reggie. »Ist er eigentlich immer so freundlich?«
»Er ist eben ein Mann, und es liegt nun mal nicht in der Natur der Männer, freundlich zu sein, wenn sie ihren verdammten Kopf nicht durchsetzen können! « Die letzten Worte brüllte Reggie Whit hinterher, doch der und Dominic waren bereits im Gare du Nord verschwunden. Wütend stapfte Reggie in die entgegengesetzte Richtung.
Fünf Minuten später saßen sie und Shaw in einem dunkelblauen Ford Kombi, dessen Fahrer freundlicherweise die Autoschlüssel auf dem Beifahrersitz liegen gelassen hatte. Nach drei Blocks hielt Shaw an. Bevor sie den Range Rover stehen gelassen hatten, hatte er die Nummernschilder abgeschraubt, und die tauschte er nun gegen die des Ford.
»Cops prüfen immer erst Modell und Farbe, bevor sie sich die Nummernschilder anschauen«, erklärte er Reggie. »Sie suchen einen Range Rover, keinen Ford, und was den Kerl betrifft, dem der Wagen hier gehört …«
»Da wird es genau umgekehrt sein. Die Nummernschilder passen nicht zum Typ. Und jetzt auf nach Holland?«
»Jep. Schlaf etwas.«
»Und was, wenn du müde wirst?«
»Werde ich nicht«, sagte Shaw.
Kapitel vierundsechzig
W hit hatte gerade aufgehört zu reden. Dominic saß neben ihm, den verletzten Arm frisch eingegipst, und Professor Mallory und Liza saßen ihnen in der Bibliothek von Harrowsfield gegenüber. Mallory klopfte gedankenverloren mit dem Pfeifenstiel auf den alten Tisch, während Liza konzentriert die Lippen schürzte und auf ihre Hände starrte.
»Sind Sie sicher, dass dieser große Mann … Wie hieß er noch gleich?«, begann Mallory.
»Shaw«, antwortete Whit.
»Ja, dieser Shaw. Sind Sie sicher, dass nicht er es war, der Sie in die Falle gelockt hat?«
»Er hat uns gerettet, Professor. Ich wüsste nicht, warum er unseren Plan zuerst sabotieren und uns dann den Arsch retten sollte.«
»Offenbar ist er wirklich genau das, was er zu sein vorgibt«, sagte Liza. »Der Agent einer Organisation, die aus anderen Gründen hinter Kuchin her war als wir.«
»Jaja, der Handel mit spaltbarem Material«, sagte Mallory. »Ja, ich nehme an, das ist eine durchaus logische Erklärung. Allerdings kommt es schon verdammt ungelegen, dass wir beide zufälligerweise zur selben Zeit hinter demselben Schurken her sind.«
Liza erwiderte: »So zufällig ist das gar nicht, glaube ich. Ohne Zweifel haben diese Leute ähnlich gedacht wie wir. Sie wollten sich den Mann im Urlaub schnappen, weil sie
Weitere Kostenlose Bücher