Doppelspiel
gemacht hatte, was sie anziehen sollte. Sie hatte all ihre Kleider gewaschen und sich schließlich für ein schlichtes blassgrünes Kleid entschieden, das an der Hüfte ein wenig enger war, ihren Teint betonte und bis kurz über die Knie reichte. Vorne war es ausgeschnitten, aber nicht zu tief. Erst hatte sie den einzigen Push-up-BH angezogen, den sie besaß, ihn dann jedoch wieder gegen einen schlichteren getauscht. Auch auf einen Sweater hatte sie verzichtet, denn das Wetter in London war tatsächlich anders als in Leavesden, obwohl das nur selten der Fall war. Die Wolken hatten sich verzogen; die Temperatur war über siebzig Grad Fahrenheit gestiegen – ein Grund zum Feiern für die ganze Stadt –, und die frische Brise aus dem Süden wärmte die Bewohner sogar noch mehr. Reggie trug hohe Absätze, sodass sie nur noch acht Zoll kleiner war als der Mann, mit dem sie sich zum Essen verabredet hatte. Ihr Haar hatte sie hochgebunden, und nur ein paar Strähnen fielen ihr auf die Schultern. Große Aquamarinohrringe und eine dazu passende Halskette, die sie vor Jahren in Thailand gekauft hatte, vervollständigten das Bild.
Als Reggie die Nebenstraße hinunterging, wo Shaw sich mit ihr verabredet hatte, prüfte sie noch einmal ihr Aussehen im Rückspiegel eines geparkten Motorrads, wobei sie so tat, als würde sie die Maschine bewundern. Dank seiner Größe würde sie Shaw sofort entdecken; doch es gab auch genug Versteckmöglichkeiten, von wo aus man alles beobachten konnte, und vermutlich tat Shaw im Augenblick genau das.
Reggie dachte kurz nach, doch dann kam sie zu dem Schluss, dass das auch egal war. Sie drehte sich auf dem Absatz, als würde sie tanzen, und winkte in alle Richtungen wie eine Schönheitskönigin. Kurz vergaß sie so all ihre Sorgen und genoss einfach nur einen jener schönen warmen Sommerabende in der Stadt, die sie so sehr liebte.
Die Berührung an ihrer Schulter ließ sie erschrocken zusammenzucken. Sofort wirbelte sie zu ihm herum. Als Erstes fiel ihr auf, dass er offenbar genauso viel Wert auf sein Aussehen gelegt hatte wie sie. Er trug eine frisch gebügelte graue Leinenhose, ein weißes Polohemd und einen marineblauen Blazer. Sein kurz geschnittenes Haar glänzte vom Shampoo, und er war frisch rasiert. Sein Geruch erinnerte Reggie an den wunderbaren Strand in Thailand, wo sie die Halskette und die Ohrringe von einem blassen Mann mit einem alten Koffer voller Modeschmuck gekauft hatte. Shaw roch nach Sand und Meer und nach exotischen Bäumen, und der Duft machte Reggie ein wenig schwindelig.
»Du siehst großartig aus«, sagte er.
»Und ich bin auch nicht mehr seekrank. Versprochen.« Sie trat mehrmals mit ihren hohen Absätzen auf. »Mit beiden Beinen an Land.«
Shaw schaute sich erst einmal um, bevor er sich ihr wieder zuwandte. Reggie wusste, dass er alle möglichen Gefahrenquellen überprüft und in seinem Hirn abgespeichert hatte.
»Magst du Meeresfrüchte und Fisch?«, fragte er.
»Das ist sogar mein Lieblingsessen.«
»Ich kenne da einen guten Laden in Mayfair.«
»Klingt toll.«
Kurz zögerte Shaw; dann bot er Reggie den Arm an. Rasch hakte sie sich bei ihm unter, bevor er es sich noch mal anders überlegen konnte. Sein Zögern hatte Reggie innerlich lächeln lassen. Derartige Unsicherheiten machten eine Person erst menschlich, dachte sie. Reggie drückte ihm leicht den Arm, um ihm zu zeigen, dass er sich richtig entschieden hatte.
»Es ist nicht weit von hier«, sagte Shaw, »und der Abend ist schön. Wir können zu Fuß gehen.« Er schaute auf ihre Schuhe. »Aber schaffst du das in den Dingern? Wir können natürlich auch ein Taxi nehmen, wenn du willst.«
»Also hin schaffe ich das mit diesen Absätzen; der Rückweg ist das Problem.«
»Ich kann dich immer noch tragen.«
Gemeinsam gingen sie die Haymarket Street hinunter, über den Piccadilly Circus und nach Mayfair.
»Es sind nur noch ein paar Blocks«, sagte Shaw, während sie langsam über die Straße schlenderten. »Direkt am Grosvenor Square.«
»Kein Problem. Alles okay.«
Er schaute zu ihr hinunter. »Du siehst wirklich gut aus.«
Reggie schaute zu den anderen Paaren um sie herum, die sich genauso verhielten wie sie, und interpretierte die Bemerkung entsprechend. »Es ist schon schön, mal so zu tun, als wäre man ganz normal. Aber, hm … Irgendwie ist das auch verrückt.«
»Nein. In unserem Beruf sind solche Momente einfach viel zu selten. Da sollte man sie auch genießen.«
Eine grüne Markise vor
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