Doppelspiel
aus der Tasche und überlegte kurz, Frank anzurufen, um sich zu erkundigen, ob es irgendetwas Neues über Shaw gab. Ihr Finger schwebte über der Tastatur, berührte sie aber nicht.
Was wäre auch der Sinn gewesen, dachte sie. Es hätte alles nur noch schlimmer gemacht. Also ging sie stattdessen in der Gewissheit zu Bett, dass es morgen auch nicht besser werden würde als heute.
Kapitel vierundachtzig
A lso für mich sah das alles ziemlich unkompliziert aus«, bemerkte Frank. »Na ja, wenn man davon absieht, dass ich angeschossen worden bin. Ich habe die Fotos von dir und deiner Freundin wie besprochen am Bahnhof verteilt. Daraufhin habt ihr vier euch dann getrennt, wie wir gewollt haben, da der Ire wirklich unberechenbar ist. Du hast den GPS-Chip in das Handy eingesetzt, das du dir geschnappt hast, und es ihr dann zurückgegeben, damit sie ihre Leute anrufen kann. Schließlich haben wir sie erst mal zurückgehen lassen, und du bist ihr gefolgt und hast die Anlage infiltriert. Simpel.«
»Ja, all das habe ich getan und dir brav Bericht erstattet.«
»Ich weiß. Und du warst jetzt ein paar Tage dort. Also erwarte ich einen neuen Bericht.«
Shaw erzählte Frank, was er in den letzten achtundvierzig Stunden gesehen und gehört hatte.
»Also machen die das wirklich schon eine Weile.« Frank wischte sich ein paar Fussel vom Jackett. »Weißt du, wir haben so etwas schon länger vermutet.«
»Wie das?«, fragte Shaw.
Frank holte sich eine Cola aus der Minibar, öffnete sie und trank einen Schluck. »Tote Nazis«, sagte er.
»Was?«
»Nun ja, wir haben zwar nie sicher bestätigen können, dass es sich wirklich um Nazis gehandelt hat, aber in den letzten fünf, sechs Jahren sind überall auf der Welt Neunzigjährige auf mysteriöse Art und Weise aus dem Leben geschieden. Ein paar davon in Südamerika, wo die Bonzen des Dritten Reiches sich versteckt haben, nachdem ihr geliebter Führer sich im Bunker eine Kugel in den Kopf gejagt hat.«
»Aber warum hatten wir so etwas überhaupt auf dem Radar?«
»Weil ein paar von denen später in Dinge involviert waren, die durchaus in unseren Zuständigkeitsbereich fallen. Bei zwei Gelegenheiten haben wir ihre Spur bis nach Berlin zurückverfolgt. Aber die Kerle waren bereits tot; also ergab es keinen Sinn, die Sache noch weiterzuverfolgen. Und sollten wirklich deine Reggie und ihre Jungs diese Arschlöcher erledigt haben, dann sage ich: Kudos. Weiter so.«
»Du meinst, dass sie Vigilanten sind?«
»Ich meine, dass sie Gerechtigkeit üben, wo es bis dahin keine gegeben hat. Das ist nichts anderes als das, was wir auch tun, Shaw.«
»Wir haben nie den Befehl bekommen, jemanden zu ermorden.«
»Nein, aber glaubst du wirklich, dass die Typen, die wir schnappen, vor einem ordentlichen Gericht landen?«
»Ich weiß, dass sie das nicht tun.«
»Kommen wir wieder aufs eigentliche Thema zurück. Wo liegt nun das Problem?«
Shaw erzählte ihm von Mallorys Ultimatum. »Entweder kommt Reggie mit auf die Jagd nach Kuchin, oder sie werden auch uns bloßstellen.«
Frank leerte die Cola. »Ist das alles? Falls ja, dann verstehe ich das Problem nicht. Nimm sie doch einfach mit.«
Shaw starrte ihn an. »Ich will sie aber nicht auf die Jagd nach diesem Bastard mitschleppen. Das ist viel zu gefährlich.«
»Die Kehrseite ist nur, dass Kuchin sie aufstöbern könnte, wenn du weg bist, und diesmal wird er den Job zu Ende bringen.« Frank warf die leere Coladose in den Mülleimer, holte eine Packung Erdnüsse aus der Tasche und begann zu knabbern.
Shaw schaute ihn unbehaglich an.
»Siehst du das anders?«, fragte Frank.
»Nicht notwendigerweise, aber was ist das eigentliche Ziel hier?«
»Sag mir, was du glaubst, und ich sage dir, ob du recht hast.«
»Kuchin zu schnappen? Aber ich dachte, den Jungs in den teuren Anzügen sei er inzwischen egal. Er verdient wieder sein Geld mit Kindern, die er als Sexsklaven verkauft. Von Atompilzen ist keine Rede mehr. Das hast du selbst gesagt.«
Frank leerte erst einmal die Erdnusspackung, bevor er antwortete: »Nun ja, ich kann jetzt nicht gerade behaupten, dass sich ihre Meinung in diesem Punkt geändert hätte. Aber diese Leute hier in England interessieren sie sehr.«
»Warum?«
»Warum?«, erwiderte Frank ungläubig. »Eine bis dato unbekannte Organisation, deren Aktionen weltweite Folgen haben könnten? Hm … Lass mich mal darüber nachdenken.«
»Das hat wirklich nichts mit uns zu tun«, erklärte Shaw wenig überzeugend.
»Glaubst
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