Doppelspiel
verdient. Es wäre der perfekte Übergang. Der König ist tot, lang lebe der König.«
»Das klingt nun wirklich nicht logisch«, schnaubte Mallory.
»Ich war in dieser Krypta«, sagte Shaw. »Ich habe gesehen, wie Rice auf Kuchin geschossen hat. Er hat versucht, seinen Boss zu töten.«
»Könnte Rice Ihr Informant sein?«, verlangte Reggie von Mallory zu wissen.
Der Professor zuckte mit den Schultern. »Das wäre durchaus möglich, nehme ich an. Aber wie gesagt: Er blieb anonym .«
Liza meldete sich wieder zu Wort. »Wenn das, was Sie sagen, stimmt, Shaw, wie hilft uns das dabei, Kuchin erneut zu finden?«
»Wenn Rice der Insider ist, dann können wir das gegen ihn verwenden und ihn zwingen, uns zu seinem Boss zu führen. Er dürfte ohnehin schon ein wenig nervös sein. Immerhin lebt Kuchin noch.« Er schaute zu Reggie. »Ihr habt in der Krypta seinen echten Namen benutzt. Rice muss das gehört haben. Ich bezweifele, dass Kuchin das gefällt. Rice könnte glauben, dass seine Tage sowieso gezählt sind.«
»Aber wie sollen wir an Alan Rice herankommen?«
»Kuchin tätigt auch eine Reihe von legalen Geschäften. Vermutlich ist Rice an deren Leitung beteiligt. Kuchins Hauptquartier liegt in Montreal. Dort hat er auch ein Penthouse. Also werde ich nach Kanada gehen und mal ein wenig auf den Busch klopfen.«
»Du?«, fragte Reggie.
Shaw schaute sie an. »Ja, ich.«
Reggie wandte sich instinktiv an den Professor. »Was denken Sie?«
»Wie wäre es, wenn Whit Sie begleiten würde?«, schlug er vor, doch Shaw schüttelte bereits den Kopf.
»Wir kommen nicht wirklich gut miteinander aus. Und er ist ein Hitzkopf, der meine Führung vermutlich nicht akzeptieren wird.«
»Dann fahre ich«, verkündete Reggie.
»Das halte ich für keine gute Idee«, schoss Shaw zurück.
»Warum?«
»Es ist einfach so. Vertrau mir.«
»Dem muss ich widersprechen«, sagte Mallory. »Ich denke, sie sollte gehen.«
»Sie haben dabei nichts zu sagen«, erklärte Shaw. »Nur ich.«
»Wir haben auch ein Interesse, das alles zu einem ordentlichen Ende zu bringen«, sagte Mallory. »Und wichtiger noch: Vergessen Sie nicht, dass ich zwar einräume, dass Sie uns problemlos zu Fall bringen können, aber das ist umgekehrt genauso möglich.«
»Wie meinen Sie das?«
»Offenbar arbeiten Sie auch für eine äußerst geheime Organisation. Sollte unsere Existenz also an die Öffentlichkeit gelangen, dann kann ich Ihnen versichern, dass es bei Ihnen genauso sein wird.«
Shaw dachte darüber nach, ließ sich seine wahren Gefühle jedoch nicht anmerken. »Ich werde mir das mal durch den Kopf gehen lassen.«
»Lassen Sie sich damit aber nicht allzu lange Zeit«, sagte Mallory. »Sie haben es ja selbst oft genug betont: Kuchin ist uns vermutlich schon dicht auf den Fersen.«
Shaw und Reggie fuhren gemeinsam nach London zurück. Sie setzte ihn am Savoy ab.
»Willst du, dass ich mit raufkomme?«, fragte sie. »Nur zum Reden, meine ich«, fügte sie rasch hinzu.
»Heute nicht. Ich muss über vieles nachdenken. Vielleicht ein andermal.«
Offensichtlich enttäuscht fuhr sie davon.
Shaw fuhr mit dem Aufzug zu seinem Zimmer hinauf, öffnete die Tür und schaltete das Licht ein.
»Wie geht’s, Shaw?«
Frank saß am Schreibtisch. Durch das Hemd war deutlich der dicke Verband um seinen Bauch zu sehen.
Shaw war offensichtlich nicht überrascht. Er zog sein Jackett aus und legte es aufs Bett. »Wir könnten ein Problem haben, Frank, ein großes Problem.«
»Dann läuft nicht alles nach Plan?«
Shaw ließ sich aufs Bett fallen. »Absolut nicht.«
Kapitel dreiundachtzig
K atie James aß nur ein paar Bissen des chinesischen Essens, das sie mitgenommen hatte; dann hatte sie den Appetit verloren. Die zwanzig Dollar waren wirklich Verschwendung gewesen. Sie warf das Essen in den Müll, steckte die Gabel in die Spülmaschine, wusch sich die Hände und ging ins Wohnzimmer. Das Haus war dunkel, ganz so, wie sie es dieser Tage bevorzugte.
Dieser Tage? Es müsste wohl eher dieser Monate heißen .
Katie setzte sich auf einen Stuhl und starrte mürrisch auf die Wand ihr gegenüber, wo Fotos ihrer Freundin und deren Familie hingen. Schließlich stand sie wieder auf, ging zu den Bildern und strich mit dem Finger über die Köpfe der Kinder. Die Fotos waren so angeordnet, dass sie sich von Baby zu Kindergartenkind zu Teenager zu Erwachsenen entwickelten, und den neuen Fotos von kleinen Kindern nach zu urteilen, waren sie inzwischen selbst Eltern
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