Doppelspiel
wir vor Kurzem entdeckt haben«, erklärte er. »In der Millisekunde zwischen Stromab- und -anschaltung deutet es einen Laserstrahl als die korrekte Retina.«
»Cool«, sagte Reggie bewundernd.
»Na ja, eigentlich ist es kein Fehler.«
»Was meinst du damit?«
»Wir haben gute Beziehungen zu einer der größten Firmen für diese Art von Hardware. Wir tun das ein oder andere für sie, und hier und da lassen sie eine Hintertür für uns offen.«
Reggie schüttelte den Kopf, während Shaw die Stahltür aufzog. »Neunundfünfzig Minuten. Machen wir uns an die Arbeit.«
Shaw holte einen kleinen laminierten Grundriss der Wohnung aus seiner Tasche und schaute ihn sich im Licht der Taschenlampe an. »Halt dich von den Fenstern fern«, riet er Reggie. »Nur für den Fall, dass Kuchin die Wohnung von einem anderen Gebäude aus überwachen lässt. Selbst im Dunkeln könnte man uns mit dem richtigen Equipment sehen.«
»Schade.«
»Warum?«
»Ich wollte mir mal die Aussicht anschauen.«
Schnell, aber systematisch durchsuchten sie alles, und wann immer sie dabei den Fenstern zu nahe kamen, legten sie sich auf den Bauch. Dreißig Minuten später hatten sie noch immer nichts Nützliches gefunden.
Dann standen sie mitten in Kuchins Schlafzimmer. Reggie schaute enttäuscht drein, doch Shaw blieb neugierig.
»Was ist?«, fragte sie schließlich, als sie seinen verwirrten Blick bemerkte.
»Ich habe die Fläche mit dem Laser vermessen, während wir durch die Wohnung gegangen sind, doch laut Plan fehlen fünfzehnhundert Quadratfuß.«
»Wie kann das sein?«
Fünf Minuten lang ging Shaw den Rand des Penthouse ab. »Das Zentrum stimmt nicht«, verkündete er schließlich.
»Was heißt das?«
»Das heißt, dass es einen verborgenen Raum im Inneren des Penthouse gibt, und er ist zu groß für Heiz- oder Wasserrohre. Die sind bei dieser Art Häusern ohnehin meist in der Decke.«
Nach einigem Suchen erreichten sie das Ende des Flurs und starrten auf den kunstvollen Wandschrank dort. »Wie komme ich nur darauf, dass das Ding irgendwie beweglich ist?«, sagte Shaw zu Reggie. »Frank? Siehst du das?«
»Ja, ich bin bei euch. Wir haben weniger als dreißig Minuten. Schnüffelt mal ein wenig rum.«
Vier Minuten später brachte ein leichtes Drehen des Türknaufs gegen den Uhrzeigersinn eine Sicherheitstastatur zum Vorschein. Shaw holte eine Spraydose aus seinem Gürtel und sprühte die Tastatur damit ein. Dann leuchtete er mit einem blauen Licht darauf, und auf bestimmten Tasten waren Fingerabdrücke zu sehen. »Ich habe hier vier Zahlen«, sagte er, befestigte ein kleines Gerät an den Kabeln der Tastatur und schaltete es ein. Er schaute zu Reggie. »Wenn man weiß, welche vier Zahlen zum Kode gehören, schränkt das die Möglichkeiten dramatisch ein.«
»Ja, das weiß ich«, erwiderte sie. »Dann muss man nur noch die richtige Reihenfolge herausfinden, und das übernimmt dein kleines Maschinchen da.«
Die Zahlen 4–6-9–7 öffneten die Schrankwand mit einem Klick und gaben den Blick in einen dunklen Raum frei.
»Dann wollen wir doch mal sehen, was Mr Kuchin hier versteckt«, sagte Shaw.
Kapitel siebenundachtzig
K uchin saß in seinem Hotelzimmer. Seine Strategie war nicht aufgegangen. Seine Männer hatten das Gebiet gründlich durchkämmt, aber keine Spur von Katie James gefunden. Sie waren noch immer in Position, aber Pascals letzter Bericht war entmutigend gewesen. Sie wussten schlicht nicht mehr, wo sie noch suchen sollten. Die Frau war entweder irgendwo in der Stadt untergetaucht, oder sie hatte sie sogar schon verlassen. Keine der beiden Möglichkeiten war nach dem Geschmack des Ukrainers.
Kuchin holte die kleine Tasche mit der Spritze und seiner Spezialmischung heraus und setzte sich einen Schuss. Normalerweise bescherte ihm das wenigstens kurzfristig einen Adrenalinrausch und ein Gefühl der Unbesiegbarkeit. Und er schwor, dass es ihn auch klarer denken ließ, und genau das brauchte er im Moment.
Doch nichts geschah. Nun, das stimmte nicht ganz. Kuchin war sogar noch deprimierter als zuvor. Er warf die leere Spritze durch den Raum. Sie schlug gegen die Wand, und die Nadel brach. Zum letzten Mal hatte Fedir Kuchin in der Ukraine eine Niederlage erdulden müssen, als er gezwungen gewesen war, seinen Tod vorzutäuschen und aus dem Land zu fliehen, um nicht der Rache des Volkes zum Opfer zu fallen, das jahrzehntelang seinen Terror hatte erdulden müssen. Aber nur sie nannten das Terror. Kuchin nannte das nach wie
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