Doppelspiel
die alten Spinde, den zerbeulten Schreibtisch und die Aktenschränke schweifen. »Reggie, dreh dich mal, damit Frank alles aufzeichnen kann.«
Das tat sie und ging dabei so nah wie möglich an alle Gegenstände heran.
Shaw öffnete einen der Spinde und sah die Uniform, die Kuchin in seiner Zeit beim KGB getragen hatte. Als Nächstes durchsuchte er die Aktenschränke und holte Dokumente heraus, die einige der Grausamkeiten belegten, die der Mann an unschuldigen Frauen, Männern und Kindern begangen hatte. Reggie hielt das alles mit ihrer Kamera fest.
Und dann fanden sie die Filmrolle und den Projektor. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie alles einsatzbereit hatten. Während der Film lief, schwiegen Shaw und Reggie. Noch nicht einmal Frank sagte ein Wort. Schließlich schaltete Reggie das Gerät wieder aus. »Ich kann nicht mehr hinsehen«, sagte sie.
Als Shaw sich zu ihr umdrehte, sah er, dass sie Tränen in den Augen hatte. Er stellte den Projektor wieder zurück, steckte den Film aber ein.
»Brauchen wir sonst noch was, Frank?«, fragte er.
Als Frank antwortete, klang seine Stimme angespannt. »Nein, das war’s.«
*
Ein paar Minuten später gingen Shaw und Reggie über die Straßen von Montreal. Ein Wagen holte sie ab und brachte sie zu einem niedrigen Bürogebäude gut eine halbe Meile entfernt. Frank wartete dort auf sie.
Ein paar Sekunden lang saßen sie einfach nur schweigend da und starrten auf ihre Hände.
Schließlich hob Shaw den Kopf. »Okay, das bestätigt eine Menge. Der Kerl ist ein Psychopath – nicht dass da irgendwelche Zweifel bestanden hätten.«
»Aber was haben wir gefunden, das uns zu ihm führen könnte?«, fragte Reggie.
Shaw schaute zu Frank. »Alan Rice?«
»Das Flugzeug ist aus Frankreich zurückgekehrt. So viel wissen wir. Es ist in Montreal gelandet, aber weder Rice noch Kuchin waren an Bord. Und Rice ist weder in seiner Wohnung noch im Büro oder an einem anderen Ort, wo wir gesucht haben. Das heißt, er ist entweder tot oder hält sich bedeckt. Bei tiefergehenden Nachforschungen müssten wir die hiesigen Behörden involvieren, und das wollen wir nicht – jedenfalls noch nicht. Das könnte das Ganze noch verschlimmern.«
»Dann können wir Rice also nicht für unsere Zwecke nutzen?«, fragte Reggie.
»Offenbar heißt es Kuchin oder nichts.«
»Aber wo ist er?«, wollte Reggie wissen. »Wir sind das Risiko eingegangen und haben bei ihm eingebrochen, aber wir haben nichts gefunden, was uns zu ihm führen könnte.«
Shaw und Frank schauten einander an.
»Seit Frankreich haben wir nichts mehr von ihm gehört oder gesehen«, sagte Frank. »Da er ein Privatflugzeug benutzt, gibt es auch keine Passagierlisten, die wir überprüfen könnten. Also hat er Frankreich entweder gar nicht erst verlassen, oder er hat auf dem Weg nach Kanada einen Zwischenstopp eingelegt. In jedem Fall ist der Flieger seit der Landung auf dem Boden geblieben. Aber natürlich könnte er auch eine andere Maschine unter falschem Namen mieten.«
»Also könnte er überall sein«, seufzte Reggie.
»Aber jetzt haben wir wenigstens Beweise für seine Arbeit beim KGB in der Ukraine«, bemerkte Frank.
»Nur wussten wir das alles schon«, schoss Reggie zurück. »Und ich bin zwar kein Anwalt, aber ich glaube nicht, dass ein Gericht diese Beweise anerkennen wird, denn Einbruch ist definitiv keine autorisierte Durchsuchungsmethode.«
»Da hat sie recht«, sagte Shaw.
Frank war davon nicht so überzeugt. »Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Soweit es mich betrifft, hat dieser Bastard sich für einen Kriegsverbrecherprozess in Den Haag qualifiziert, und deren Regeln sind ein wenig anders. Und das Zeug ist noch immer in seinem Penthouse. Vielleicht können wir den kanadischen Cops oder Interpol ja einen Tipp geben, und die rücken dann mit einem Durchsuchungsbefehl an.«
»Schön, dann wird er in Abwesenheit verurteilt«, schnappte Reggie.
»Es hat nie jemand behauptet, dass es leicht werden würde«, bemerkte Frank. »Hast du wirklich geglaubt, dass wir da einfach so reinspazieren und den geheimen Schlüssel zu seinem Aufenthaltsort finden würden?«
»Nein, aber ich habe gehofft, etwas zu finden, das uns weiterhelfen könnte. Haben wir aber nicht. Was sollen wir jetzt tun?« Erwartungsvoll schaute Reggie zwischen Shaw und Frank hin und her.
»Wir klopfen noch ein wenig auf den Busch«, antwortete Frank vage.
»Na, wunderbar. Ihr habt all diese Supertechnologie mit Lasern und so, und ihr könnt
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