Doppelspiel
zeigte Informationen über den Ausstellungsort. »Die Höhlen haben nur einen Eingang, viele Räume und wenige Angestellte. Dort kann man sich sehr leicht verirren. Wenn das Team mit Betäubungsgewehren vor Ort ist, können wir einfach den Strom kappen. Dann müssen wir den Boss nur noch von seinen Schlägern trennen, und das war’s.«
Frank überlegte kurz. »Das minimiert auch das Risiko von Kollateralschäden. Wir brauchen aber jemanden vor Ort, um im Vorfeld die Einzelheiten zu klären.«
»Das sehe ich genauso. Aber wo könnte man eine Ratte besser fangen als in einem Loch?«
»Aber wenn der Zugriff misslingt, sitzt der Kerl sofort wieder in seinem Jet und ist verschwunden.«
Shaw lehnte sich zurück. »Ich weiß, der Plan ist nicht perfekt, aber besser geht es unter den gegebenen Umständen nicht. Sein Ausflug zu den Höhlen ist der einzige genaue Termin, von dem wir wissen, dass er sich daran halten wird. Und ich weiß wirklich nicht, wie unser Plan misslingen sollte.«
Kapitel vierzehn
D er Zugriffsplan war unter Dach und Fach. Informanten hatten die Höhlen vor Ort gründlich ausgekundschaftet, und Shaw würde sie ebenfalls besuchen, wenn er in der Provence ankam. Vorher studierte er jedoch erst einmal die Innen- und Außenpläne der Höhlen, bis er sie aus dem Gedächtnis hätte zeichnen können. Waller sollte weniger als eine Woche nach Shaw dort ankommen, und seine Privatführung würde um exakt zehn Uhr morgens beginnen.
Nach jedem langen Arbeitstag, bei dem auch das Team ausgesucht und gebrieft wurde, fuhr Shaw in sein Hotel, zog sich um, lief eine Runde und wanderte dann allein durch die Straßen von Paris, bis die Dunkelheit sich über die Stadt gesenkt und er keine Energie mehr hatte. An einem solchen Abend aß er allein in einem Café gegenüber dem Jardin du Luxembourg, einem Ort, den Anna Schmidt geliebt hatte. Hand in Hand waren sie durch die Gärten spaziert, hatten den Kindern dabei zugeschaut, wie sie ihre Spielzeugboote in dem großen Brunnen hatten fahren lassen, und sich schließlich irgendwo auf eine Bank gesetzt und die Menschen beobachtet. Jetzt konnte Shaw jedoch nicht mehr dorthin zurück, denn für ihn war der Jardin du Luxembourg heiliger Boden, den er nie wieder betreten durfte. Aber er hatte sich nahe genug herangewagt, um die Blumen aus der Ferne zu sehen. Mehr brachte er nicht übers Herz, denn selbst aus der Ferne zog sich ihm schon die Brust zusammen, und die Tränen traten ihm in die Augen.
Shaw bestellte sich etwas zu essen und schaute sich im Restaurant um. Das hatte er sich über Jahrzehnte hinweg angewöhnt, und nun war das so natürlich für ihn wie das Atmen.
Kurz hielt er die Luft an, als er sie in der Tür stehen sah, die die beiden Essbereiche voneinander trennte.
Katie James sah nicht mehr so dünn aus wie beim letzten Mal, als Shaw sie gesehen hatte, und das war auch gut so, denn sie konnte ein wenig Fleisch auf den Rippen vertragen. Ihr von Natur aus blondes Haar, das beim letzten Mal noch dunkel gewesen war und in Stacheln nach oben gestanden hatte, fiel ihr nun fast bis auf die Schulter. Sie trug einen weißen Rock, zwei Zoll hohe Absätze, keine Strümpfe und eine dunkelblaue langärmelige Bluse. Letzteres war typisch für sie. Wegen der Schusswunde an ihrem linken Oberarm hatte Shaw sie noch nie mit kurzen Ärmeln gesehen.
Als Katie auf ihn zu kam, fiel Shaw auf, dass ihr Make-up die dunklen Ringe unter ihren Augen nur schlecht verdeckte. Katie war eine schöne Frau. Viele Männer im Raum drehten sich nach ihr um, was ihnen wütende Blicke ihrer Begleiterinnen einbrachte, doch offenbar war ein Blick auf Katie das wert.
Katie wartete nicht, bis Shaw sie bat, Platz zu nehmen; sie setzte sich einfach ihm gegenüber. »Du siehst gut aus«, sagte sie und betrachtete sein Haar. »Sehe ich da ein paar graue Strähnen?«
»Ja, aber wirklich nur ein paar. Du siehst übrigens auch gut aus. Die paar Pfund mehr stehen dir. Aber die dunkle Stachelfrisur hat mir besser gefallen.« Er hielt kurz inne. »Woher hast du gewusst, wo ich bin?« Er beantwortete seine eigene Frage. »Frank. Was hat er davon? Bis jetzt hat er sich doch auch nicht für mein Privatleben interessiert.«
»Das stimmt zumindest bis zu Annas Ermordung.«
»Er hat mir erzählt, dass du ihn angerufen hast.«
»Das hätte ich nicht tun müssen, wenn du mich vorher zurückgerufen hättest.«
»Tut mir leid, dass ich dich so einfach habe sitzen lassen.«
»Wir hatten ja nichts Festes. Du bist
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