Doppelspiel
Reggie gerade wohnt, ist atemberaubend. Da kommt so einiges zusammen.«
Mallory schwieg kurz; dann seufzte er und setzte sich wieder. »Ich will nicht leugnen, dass es in letzter Zeit ein wenig eng geworden ist. Das mit der Miete für die Villa ist jedoch in Ordnung so. Ein Gentleman mit beachtlichem Vermögen und ukrainischem Hintergrund hat diese Kosten für uns übernommen. Und ich habe noch ein, zwei weitere Geldgeber in Aussicht. Natürlich muss das alles sehr diskret vonstattengehen.«
»Natürlich«, sagte Liza. »Wann haben Sie eigentlich zum letzten Mal Urlaub gemacht, Miles?«
»Urlaub?« Er lachte. »Ich könnte jetzt ganz großspurig erklären, das, was ich hier tue, sei so gut wie Urlaub, aber ich halte mich zurück.«
»Ernsthaft, Miles: Wann zum letzten Mal?«
Mallory schaute in eine unbestimmte Ferne. »Da hat Margaret noch gelebt. Rom. Und Florenz. Sie hat den David so geliebt. Stundenlang saß sie einfach nur da und hat ihn angeschaut. Ja, meine geliebte Frau war ein großer Fan von Michelangelo. Das war eine schöne Reise. Kurz nach unserer Rückkehr ist sie dann krank geworden, und sechs Monate später war sie tot.«
»Wenn ich mich recht entsinne, war das vor acht Jahren.«
»Jaja, das stimmt wohl. Die Zeit fliegt nur so dahin, nicht wahr, Liza?«
»Jeder hier steht unter großem Stress, aber einige mehr als andere. Sie sind unser Boss. Wir können es uns nicht leisten, Sie zu verlieren.«
»Es geht mir gut … oder zumindest so gut, wie es einem übergewichtigen, alten Professor gehen kann.« Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. »Ich liebe diese alte Ruine von einem Haus. Und Regina liebt sie auch. Ich höre sie häufig nachts herumlaufen.«
»Sie geht regelmäßig auf den Friedhof. Haben Sie das gewusst?«
Mallory nickte. »Sie besucht das Grab einer Laura R. Campion. Soweit ich herausfinden konnte, gibt es jedoch keine Verbindung zwischen den beiden. Trotzdem fühlt sie sich von der Frau irgendwie angezogen.«
Liza schaute ihn durchdringend an. »Gab es einen besonderen Grund, warum Sie ausgerechnet Reggie rekrutiert haben?«
Mallory erwiderte ihren Blick und sagte dann: »Das war nicht anders als bei jedem anderen auch. Sie hat alle Hürden gemeistert; aber am Anfang stand wie immer mein persönlicher Eindruck.«
Kurz schaute Liza ihm in die Augen und wandte sich dann ab.
»Und jetzt zu diesem Amerikaner …«, begann Mallory.
»Bill Young.«
»Ja. Das ist nicht gut. Das ist eine Ablenkung. Vielleicht mehr. Wir haben keine echten Informationen über den Mann. Jeder kann sich als ehemaliger Lobbyist ausgeben.«
Liza strich mit der Hand über den Gürtel ihres Morgenmantels. »Das stimmt. Whit hat übrigens berichtet, dass Regina morgen mit ihm nach Les Baux fahren wird.«
Mallory schaute sie überrascht an. »Les Baux? Warum das denn?«
»Das wusste Whit nicht. Er war jedenfalls der Meinung, dass Reggie stattdessen lieber Kuchin bearbeiten sollte.«
»Das sehe ich genauso. Ich glaube, ich werde sie mal anrufen.«
»Tun Sie das nicht, Miles.«
»Aber …«
»Sie steht unter großem Druck, aber Reggie hat die besten Instinkte von all unseren Außenagenten. Ich glaube, wir können ihr vertrauen. Das hat sie sich verdient, meinen Sie nicht?«
Unentschlossen war Mallory wie erstarrt, doch dann entspannten sich seine Züge wieder. »Also schön. Ich stimme dieser Einschätzung zum größten Teil zu«, erklärte er steif.
Liza stand auf und schaute noch einmal zum Tisch. »Ich nehme an, Sie arbeiten schon am nächsten Fall, korrekt?«
»Es ist nie weise, zu viel Gras über eine Sache wachsen zu lassen, wissen Sie?«
»Nun, dann lassen Sie uns beten, dass Reggie und die anderen wohlbehalten wieder zurückkommen, damit sie das alles noch mal machen können.«
Leise schloss Liza die Tür hinter sich.
Mallory schaute ihr noch kurz hinterher; dann ging er zu seinem Schreibtisch, kramte in einer Schublade herum und holte das Foto heraus, das er von Whit bekommen hatte. Er setzte sich und betrachtete das Bild von Bill Young.
Eine düstere Vorahnung jagte ihm einen Schauder über den Rücken, und irgendetwas sagte ihm, dass das mit diesem Mann zu tun hatte. Mallory vertraute Reggie, aber Vertrauen hatte seine Grenzen, und nichts durfte die Mission gefährden. Dafür war sie viel zu wichtig. Mallory dachte noch einmal kurz nach, dann entschied er, es zu tun. Er holte das Handy aus der Tasche und tippte eine SMS. Der Professor war nicht annähernd so unbeleckt, was
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