Doppelspiel
Gefängnisses. Sein Blick wanderte zur Toilette. Er hob den Metalldeckel und tastete daran herum. Eine Minute später hatte er ein langes Metallstück herausgelöst. Damit ging er zur Tür und sah sich das Schloss an.
Ein Bolzenschloss. Das machte die Sache problematisch, aber nicht unmöglich.
Shaw setzte sich auf den Stuhl und begann, das Metallstück so zu verbiegen, dass er es als Dietrich nutzen konnte. Er wusste nicht, ob es Tag oder Nacht war. Sie hatten ihm seine Uhr abgenommen. Aber er begann, im Kopf die Sekunden zu zählen. Shaw nahm dabei die Mahlzeit, die sie ihm gebracht hatten, als Grundlage. Das war entweder das Mittag- oder das Abendessen gewesen. Das war zwar nicht perfekt, aber besser als nichts.
Nachdem er das Metallstück in zwei Teile zerbrochen und die dann an der Wand in die richtige Form gebogen hatte, schlich er zur Tür. Kurz legte er das Ohr an das geschätzt zwei Zoll dicke Holz und lauschte. Die Scharniere waren außen; also nutzten sie ihm nichts. Das Schloss war seine einzige Möglichkeit.
Shaw ließ sich auf alle viere nieder und öffnete die Klappe ein kleines Stück. Er lauschte, ob sich da draußen irgendetwas bewegte, ob jemand zu laut atmete oder ob auch nur ein Herz zu schnell schlug … neben seinem natürlich.
Und da war es. Ein Fuß, der über den Boden schabte. Shaw zog sich zu seinem Stuhl zurück, setzte sich und zählte weiter die Sekunden. Er musste hier raus und zwar schnell; doch das würde offensichtlich nicht geschehen.
Immer mit der Ruhe , ermahnte er sich. Lass dir Zeit. Wenn du es übereilst, machst du nur Fehler .
Shaws einziges Problem mit dieser Philosophie war, dass Janie vermutlich nicht mehr viel Zeit hatte. Selbst wenn Waller nichts mit seiner Entführung zu tun haben sollte, so konnte der Kerl jetzt mit ihr tun und lassen, was er wollte. Und es machte Shaw krank, wenn er sich vorstellte, was der Kerl mit Sicherheit wollte.
Geduld, Shaw, Geduld .
Er spielte an den beiden Metallteilen herum und zählte weiter die Sekunden.
Kapitel neunundvierzig
W ie lange arbeiten Sie schon für Evan?«, fragte Reggie. Sie stand auf der Terrasse von Wallers Villa und schaute sich den Sonnenuntergang an. Alan Rice stand neben ihr. Er trug eine Kakihose und ein weites Hemd, dazu ein rotes Tuch um den Hals. Wenn er damit einen lässig-eleganten Eindruck erzeugen wollte, dann hatte er sein Ziel verfehlt, dachte Reggie. Alan nippte an einem Glas Wein, während Reggie sich mit einem Soda zufriedengab. Sie hatte sich zum Dinner einen halblangen Rock, eine Bluse und offene Schuhe mit niedrigem Absatz ausgesucht. Der Ausflug nach Roussillon war relativ ereignislos verlaufen, und Waller war charmant und informativ gewesen und hatte Reggie wie eine Prinzessin behandelt. Sie konnte durchaus nachvollziehen, wenn eine Frau sich von so jemandem bezaubern ließ – vorausgesetzt natürlich, sie wusste nicht, mit wem sie es wirklich zu tun hatte. Doch wenn Reggie den Mann anschaute, dann sah sie nur die hilflosen Opfer dieses kranken Geistes. Trotzdem hatte sie gelächelt und sogar ein wenig geflirtet, denn das musste sie.
»Fast vier Jahre«, sagte Rice. Er stellte sein Glas ab und legte die Arme auf die brusthohe Mauer, die die Terrasse umgab. »Er ist ein brillanter Geschäftsmann.«
»Mir scheint er so ziemlich in allem brillant zu sein. Er ist sehr weltgewandt.«
»Das ist genau das richtige Wort: weltgewandt.«
»Wie sind Sie zu ihm gekommen?«
»Ich habe in einer Firma in New York gearbeitet, und er hatte geschäftlich dort zu tun. So haben wir uns kennengelernt, und er hat mich mit seinem Charme rumgekriegt, so wie er es bei allen macht. Dann hat eins zum anderen geführt, und schließlich habe ich für ihn gearbeitet.«
»Ich nehme an, das ist sehr fordernd.«
»Absolut. Mr Waller toleriert keine Fehler. Das erzeugt einen großen Druck. Aber man lernt auch viel.«
»Dann können Sie diesen kleinen Urlaub sicher gut gebrauchen. Wie ich sehe, humpeln Sie ein wenig. Haben Sie sich verletzt?«
»Ich bin in der Dusche ausgerutscht, und seit einiger Zeit habe ich ohnehin schon Knieprobleme. Aber es wird schon wieder besser.«
Ein paar Sekunden später kam Waller, und Reggie bemerkte, dass Alan Rice sofort wieder im Haus verschwand. Waller trank einen Schluck von seinem Cocktail und sagte: »Ich hoffe, Alan hat Ihnen gut Gesellschaft geleistet.«
»Absolut. Er arbeitet wirklich gern für Sie.«
Waller setzte sich auf ein Sofa und winkte Reggie, sich zu ihm zu
Weitere Kostenlose Bücher