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Dornenkuss

Dornenkuss

Titel: Dornenkuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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Volvo. Das Behandlungszimmer war ein Traum gewesen. Ein Scheißtraum wohlgemerkt. Aber was in der Realität gerade so lustig sein sollte, verstand ich auch im Wachzustand nicht. Worüber lachten die anderen? Und warum zum Henker stank es immer noch nach Menthol und Kampfer? War ein Teil von mir im Traum hängen geblieben? Denn meine Zunge und mein Mund blieben unverändert trocken und ätherisch. Ich konnte nur durch meinen entzündeten Schlund atmen.
    Möglicherweise ein Staffeltraum, mutmaßte ich. Ich hasste Staffelträume. Man wachte sukzessive aus ihnen auf. Irgendwann registrierte man zwar, dass man träumte, konnte seinen Körper aber trotzdem nicht aus dem Schlaf befreien. Wie jetzt.
    Nun hörte ich das leise, elegante Einrasten einer Handykamera. Blinzelnd schlug ich die Augen auf. Das Lachen schwoll erneut an.
    »Aggh«, machte ich noch einmal. Kein Zweifel, ich war wach. Aber warum …?
    Schmatzend löste sich meine verschwitzte Schläfe von der Fensterscheibe, als ich mich aufrichtete und meine Nase abtastete. Es steckte etwas darin, auf beiden Seiten. Etwas Großes, Stinkendes. Außerdem standen wir. Warum fuhren wir nicht mehr? Waren wir schon in Italien?
    Gianna, Paul und Tillmann guckten mich fasziniert an und drehten sich abwechselnd wieder weg, geschüttelt von ihren nicht enden wollenden Lachkrämpfen, die immer ausgelassener wurden, je intensiver ich mich mit meiner Nase beschäftigte.
    Meine tauben Finger bekamen einen dünnen Faden zu greifen, der über meinen Lippen baumelte und mich kitzelte. Zornig packte ich ihn und riss daran. Mit einem Plopp löste sich der Pfropfen aus meiner Nase und sofort ließ der penetrante Mentholgestank nach.
    Tillmann kippte gackernd nach hinten, während Gianna und Paul sich wie in einem fanatischen Gebet krümmten und ihre Bäuche umklammerten. Wenigstens hatten auch sie Schmerzen.
    »Was soll das?«, fragte ich grantig und hielt anklagend den Tampon in die Höhe, den ich soeben aus meinem rechten Nasenloch befreit hatte. Der linke saß etwas fester, doch da meine Nase ohnehin ruiniert war, gab ich mich nicht zimperlich und zog ihn mit einem kräftigen Ruck heraus. Sofort schoss eine Ladung durchsichtiger Glibber hinterher.
    »Iiiiiiiihhhhhh«, gellte Gianna. »Och, Ellie, jetzt hab dich nicht so …«, setzte sie rasch hinterher, als ich sie finster ansah.
    »Warum steckt ihr mir Tampons in die Nase? Was soll der Mist?«
    Doch die beiden Herren waren noch nicht des Sprechens fähig und widmeten sich stattdessen der Aufgabe, die Szenerie fotografisch und filmisch festzuhalten. Es war Gianna, die den Job der Diplomatin übernehmen musste.
    »Du hast im Schlaf die ganze Zeit vor dich hin gesabbert und deshalb kam Tillmann auf die Idee, Tampons mit Erkältungscreme einzuschmieren und dir in die Nase zu stecken …«
    »So. Tillmann. Und ihr fandet das natürlich Spitzenklasse. Wie alt seid ihr, vierzehn? Paul, du bist Arzt, du müsstest wissen, dass ätherische Öle nicht direkt auf die Schleimhaut aufgetragen werden dürfen …«
    »Mann, Schwesterchen, wo ist dein Humor geblieben? Beim Niesen verloren gegangen? Ich hätte sie schon wieder rausgezogen, aber es sah so witzig aus …«
    »Wo sind wir überhaupt?« Ich nahm die glitschigen Tampons in die Hand und öffnete mit dem Ellenbogen die Tür. Ich brauchte frische Luft. Auch die anderen stiegen aus. Gähnend und stöhnend – Gianna, Paul und Tillmann außerdem immer noch kichernd – stellten wir uns in die Morgensonne und dehnten unsere verkrampften Gliedmaßen. Trotz meiner geschwollenen Schleimhäute merkte ich, dass die Luft rein und klar war. Sie musste köstlich riechen, nach Steinen, Schnee und Tautropfen. Sie erinnerte mich an die norwegischen Winter. Wir waren doch nicht etwa ….? Oh nein. Wir fuhren gar nicht nach Italien. Um uns herum erhoben sich wuchtige Berggipfel, die sich in einem dunkelblauen See spiegelten, dessen steiniges Ufer nur wenige Meter vor unserem Parkplatz begann – das war Norwegen! Das musste Norwegen sein! Wahrscheinlich war es nicht einmal ein See, sondern der Ausläufer eines Fjords. Sie hatten mich in den Norden verschleppt! Deshalb hatte Mama uns ohne Gegenwehr abreisen lassen.
    »Schweiz. Vierwaldstätter See. Ein Pflichthaltepunkt auf dem Weg nach Italien«, befreite Gianna mich von meinen paranoiden Befürchtungen. Schweiz. Gott sei Dank, wir waren in der Schweiz. Schweiz war gut. Gegen die Schweiz hatte ich nichts einzuwenden. Tillmann schon.
    »Ich wäre trotzdem

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