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Dornteufel: Thriller (German Edition)

Dornteufel: Thriller (German Edition)

Titel: Dornteufel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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Auge. Das verlangst du von deinen Kunden doch auch: eine schonungslose Bestandsaufnahme, wenn ihre persönliche Karriere ins Stocken geriet. Meinst du nicht, dass das, was du siehst, real ist? Läufst du plötzlich vor der Realität davon, Rebecca?
    »Unsinn!«, sagte sie laut.
    Als sie im Bad fertig war, suchte sie im Wohnzimmer nach ihrem Telefon. Sie wollte im Büro anrufen. Es war kurz nach sieben, Sandrine würde schon an ihrem Platz sein. Dann konnte sie ihr Bescheid sagen, dass sie heute später kam, noch einen Arzttermin wahrnehmen wollte … was auch immer.
    Sie entdeckte das Telefon. Eine Taste blinkte: Gestern Abend hatte jemand zweimal versucht, sie zu erreichen, wie sie rasch feststellte. Sie hatte wohl schon geschlafen und es nicht mehr mitbekommen, so geschafft, wie sie gewesen war. Sie rief zurück und landete bei Juliette Reyer, der Polizeibeamtin, die in dem Mordfall Simone Bertrand ermittelte.
    »Kennen Sie einen Paul Renard?«, fragte Reyer direkt nach der Begrüßung.
    Rebecca bejahte. Ihre Knie wurden weich.
    »Wissen Sie, wo er sich befindet?«
    »In Hamburg, soweit ich weiß.«
    »Wissen Sie, was er dort wollte?«
    »Ich bin eine Freundin von ihm, nicht sein Kindermädchen«, antwortete sie ausweichend.
    »Die Polizei in Deutschland hat festgestellt, dass Sie gestern Abend auf seine Mobilbox gesprochen haben.«
    »Ist das verboten?«
    »Nein. Es tut mir leid, Madame Stern. Paul Renard ist tot. Man hat ihn erhängt in einem Park in Hamburg aufgefunden.«

23. Kapitel
    M ANHATTAN , N EW Y ORK , USA
    Ryan Ferland saß in dem Besprechungszimmer seines Arztes und studierte ein Poster, das die Schichten der menschlichen Haut darstellte. Er tat es nicht zum ersten Mal, und so kannte er inzwischen die Fachbegriffe »Epidermis«, »Dermis« und »Subcutis« auswendig. Besonders widerlich fand er die Darstellung des dicken Haares, das aus dem sackartigen Haarbalg, dem Follikel, herauswuchs. Er suchte etwas anderes, das er betrachten konnte. Wo blieb der Kerl, dieser Dr. Kenneth Wilmington, heute nur? Ferland schwitzte, und er konnte nur noch mühsam atmen. Ein, aus, ein, aus …
    Er zuckte zusammen, als sich die Tür hinter ihm öffnete und Gummisohlen über den Fußboden schmatzten. Im nächsten Moment drückte er eine zu warme Hand, versuchte, etwas in dem Gesicht des Arztes zu lesen.
    Im Sprechzimmer blickte Wilmington ihm zunächst nicht in die Augen. Er korrigierte den Stand der Jalousien, setzte sich seufzend und schob dann die Unterlagen auf seinem Schreibtisch zurecht. »Aha, soso. Ja genau. Hm, hm …« Er saß über die Akte gebeugt da, blätterte hin und her.
    Schließlich sah er Ferland durch seine Brillengläser hindurch prüfend an. »Leider keine guten Neuigkeiten für Sie.«
    »Und das heißt, Doc?«
    Er ließ einen Sermon an Fachausdrücken über Ferland niedergehen und schloss mit: »Noch drei Monate. Vielleicht auch sechs, vielleicht auch nur noch sechs Wochen. Wir sind Ärzte, nicht der liebe Gott.«
    »Ich werde also sterben. Und so schnell? Es geht mir doch gar nicht so schlecht«, protestierte Ferland.
    Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Freuen Sie sich darüber. Trotzdem ist Ihre Prognose nach neuestem Kenntnisstand so, wie sie ist. Tut mir leid.«
    »Und … was soll ich Ihrer Meinung nach jetzt tun?«
    »Genießen Sie jeden Tag. Nehmen Sie es, wie es kommt.«
    Damit verließ sein Arzt gehetzt und scheinbar über Gebühr beansprucht das Sprechzimmer.
    Die Nachricht über seine Beurlaubung erreichte Ferland kurz nach seinem Arztbesuch. Die Begründung lautete, er habe im Fall Moira Stern seine Kompetenzen überschritten. Dr. Fiona Rungford hatte ihre Drohungen also wahr gemacht. Normalerweise hätte er Beschwerde dagegen eingelegt. Doch er war zu müde und zu deprimiert, um sich zu wehren. Der Schock, dass er nur noch wenige Monate oder Wochen leben würde, und die Enttäuschung über das Verhalten seines Vorgesetzten saßen tief. Lähmten ihn. Er konnte sich einfach zu nichts mehr aufraffen.
    Wie oft hatte Ryan Ferland sich in den vergangenen Jahrzehnten gewünscht, morgens einfach im Bett liegen zu bleiben. Den ganzen Tag über tun und lassen zu können, was ihm in den Sinn kam. Er hatte gedacht, sein Job – der Zwang, Geld für Brötchen und Miete verdienen zu müssen – hätte ihn daran gehindert, dem süßen Nichtstun zu frönen. Und im Urlaub und an den Wochenenden war es seine Frau gewesen, die mit ihren detailliert ausgearbeiteten Freizeitplänen und überzogenen

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