Dornteufel: Thriller (German Edition)
sich eine Zigarette anzuzünden. Es hatte aufgehört zu regnen, doch der Boden war voller Pfützen, und von den Bäumen tropfte das Wasser. Er schlenderte zum Hauptgebäude hinüber, ging an den Fenstern vorbei und schaute in die Räumlichkeiten hinein. Und dann sah er sie in der Vinothek sitzen: Catherine Almond und zu ihrer Rechten Noël. Die anderen beiden am Tisch konnte er vom Fenster aus nicht erkennen. Dafür erblickte er eine Kellnerin, die Wein nachschenkte. Sie trug eine lange weiße Schürze, hatte kurzes, sehr frech geschnittenes Haar und war jung und hübsch … aber nicht zu hübsch.
Er musste es versuchen.
Paul Renard holte sein Notebook aus dem Wagen, setzte sich wieder an seinen Tisch und recherchierte im Internet. Er war erfreut, als er entdeckte, dass auf der Homepage des Lokals auch die Angestellten mit Bild und Namen aufgeführt wurden. Lisa Perleberg hieß die junge Frau, die er in der Vinothek gesehen hatte. Sie war noch in der Ausbildung. Eher unerfahren, sagte er sich. Mit etwas Glück würde er sie vielleicht überreden können, das zu tun, worum er sie bitten wollte. Er musste sie nur kurz irgendwo allein antreffen.
Mit dem Cognac ging er ins Haus, beobachtete die Wege der Angestellten, die sich um das Wohl der Gäste kümmerten, und passte Lisa Perleberg vor dem Kamin in der Empfangshalle ab.
»Ich glaube, ich habe mich verlaufen«, sagte er lächelnd auf Englisch. »Verdammt weitläufig, der Laden hier. Da wissen Sie abends bestimmt, was Sie getan haben, nicht wahr?«
Sie schien erfreut zu sein, ein paar Worte Englisch anbringen zu können. »Kann ich Ihnen helfen? Wo wollen Sie denn hin?«
»In die Vinothek«, antwortete er. »Ich war eben kurz draußen, um zu rauchen, und nun …«
Sie zog misstrauisch die Augenbrauen hoch. »Da ist heute eine geschlossene Gesellschaft.«
»Ich weiß; aber das sind Bekannte von mir«, log er. »Vorstandsmitglieder von Serail Almond. Ich habe vorhin noch mit Herrn Almond gesprochen, und er sagte mir, dass sie nach der Sitzung alle vier hierherfahren wollten. Nun muss ich ihm noch etwas Wichtiges zu dem Thema mitteilen, über das sie gerade sprechen, aber er hat leider sein Telefon ausgestellt.«
»Moment, ich hol lieber den Oberkellner«, erwiderte die junge Kellnerin und wollte davoneilen.
Er fasste sie mit einer vertraulichen Geste sanft am Arm und legte all seinen Charme in seinen Blick. »Ganz im Vertrauen gesprochen: Sie sind noch neu hier, nicht wahr? Vorgesetzte schätzen es im Allgemeinen nicht, wenn man sie wegen jedem Kleinkram belästigt. Tun Sie sich den Gefallen und lassen Sie das Herrn Almond selbst entscheiden. Etwas anderes würde Ihr Vorgesetzter auch nicht tun. Geben Sie Herrn Almond meine Karte, und sagen Sie ihm, dass ich im Wintergarten auf ihn warte. Es ist wichtig!«
Widerstrebend nahm sie die Visitenkarte entgegen, die Rebecca ihm überlassen hatte, und ging davon. Hoffentlich nicht zu ihrem Vorgesetzten, sondern zu Almond persönlich, dachte Paul und machte sich auf den Weg in den heute nicht genutzten Wintergarten. Er nahm seinen Cognac mit und wartete.
Paul Renard wartete fünf Minuten, zehn … Als er schon glaubte, dass die Kellnerin die Karte nicht übergeben oder aber Almond nicht angebissen hatte, kam dieser mit verschlossener Miene um die Ecke gebogen. Rebeccas Lover oder Exlover wich fast erschrocken zurück, als er nicht den Mann antraf, den er erwartet hatte.
»Guten Abend, Monsieur Almond.«
»Kennen wir uns?«
»Renard ist mein Name. Tut mir leid, dass ich zu dieser kleinen Täuschung greifen musste, Monsieur Almond. Aber ich freue mich, dass Sie so bereitwillig mit Monsieur Lars Wagenknecht sprechen wollen. Es geht um die Aurelie , nicht wahr?«
»Was wollen Sie?«, blaffte Almond. Sein Gesicht war von zu viel Wein und der Wärme in der Vinothek gerötet. Vielleicht reagierte er aber auch etwas zu erregt auf das angesprochene Thema?
»Was hatte Monsieur Wagenknecht samt Gefolge eigentlich so lange auf der Aurelie zu suchen? Drei lange Wochen. Und warum hat er sich so schlecht benommen?«
»Schlecht benommen?«, krächzte Almond und sah sich um.
»Das schöne Deck mit Straßenschuhen verkratzt, die Weinvorräte ausgetrunken, den Whirlpool verdreckt und Ihre Stewardess angegrabscht?«
»Unsinn!«, fuhr Almond ihn an. In seinen Augen sah Paul Wut aufflackern. Das Thema Aurelie setzte ihm zu, so als würde er erfahren, dass eines seiner Kinder gequält worden war. »Wenn das alles ist, was Sie zu
Weitere Kostenlose Bücher