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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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Lenny gekannt, könne sich aber nicht erinnern, wo, wann oder wie.
    »Ich verstehe das nicht«, sagte ich. »Die Frau war absolut auf Zack, als ich auf Novaks Beerdigung mit ihr gesprochen habe. Sie war vollkommen klar, sie war pietätlos, sie war witzig. Sie hat sogar gemerkt, dass ich einen Augenblick erschrak, als ich glaubte, ich hätte Jess gesehen. Eine Frau, die ich verloren habe.«
    »Vielleicht hat die Gute eine Schwäche für Sie«, sagte Emert.
    »Da könnte er recht haben«, sagte Thornton. »Und ich finde, Sie sollten schauen, ob Sie mehr aus ihr herauskriegen als wir beide. Herausfinden, was sie über Novak weiß und wer ihn umgebracht haben könnte und warum.«
    »Und was ›Ich kenne dein Geheimnis‹ bedeutet«, fügte Emert hinzu.
    Und so geschah es, dass ich nach diesem Gespräch und nach einem Anruf bei der Nummer, die Beatrice auf das Gottesdienstprogramm gekritzelt hatte, auf der Suche nach ihrem Haus den Black Oak Ridge hinaufkurvte.
    Ich fuhr zweimal an dem Haus vorbei, bevor ich es fand. Es stand hangabwärts ein Stück von der Straße zurückversetzt und halb verborgen zwischen Hemlocktannen und Rhododendren. Es war ein niedriges Haus mit flachem, breit überstehendem Dach. Den klaren Linien, den großen Fenstern und der warmen Redwoodverkleidung nach zu schließen, stammte es wahrscheinlich aus den 1960er-Jahren. Es erinnerte mich an die Entwürfe von Frank Lloyd Wright, der berühmt dafür war, Häuser mit der Natur ringsum zu verschmelzen.
    Als ich auf die Steinplatten unter dem Dachvorsprung trat, hatte ich das Gefühl, eine Schutzzone zu betreten, ein Sanktuarium. Der Eingang – ein großes rotes Türblatt, flankiert von schmalen Seitenfenstern hinter einer Windfangtür aus Glas – schmiegte sich in die Ecke eines L. Das Dach ragte diagonal über die Ecke, wodurch am Eingang eine Art dreieckige Veranda entstand. Der Gehweg und die Veranda wurden gesäumt von niedrigen, unregelmäßigen Terrassen aus Flusskieseln und Kriechwacholder. Ein kleiner künstlicher Bach ergoss sich über die Steine in einen Teich nahe der Haustür. Um zur Tür zu gelangen, ging ich über eine riesige Steinplatte – sie wog sicher 500 Kilo oder mehr –, die den Teich überbrückte. Also, dachte ich, das ist mal ein Eingang.
    Neben der Tür hing an einem verschnörkelten schmiedeeisernen Träger eine Glocke mit einem Lederband am Klöppel. Ich zog vorsichtig an der Schnur, und der Klöppel schwang sanft und berührte kaum die Glocke. Ich zog fester, und der Klöppel schlug mit einem reinen, hohen Klang an, einem ätherischen Klingeln, wie man es womöglich hoch oben im Himalaja aus einem tibetischen Kloster herüberwehen hörte. Ich wartete einen Augenblick, lauschte auf Schritte, doch es war nichts zu hören. Sie ist fünfundachtzig Jahre alt, ermahnte ich mich, gib ihr eine Minute. Doch als niemand kam, klopfte ich lauter an einem der Seitenfenster. Immer noch keine Schritte. Ein wenig verstohlen drehte ich den Knauf der gläsernen Windfangtür. Sie war unverschlossen, genau wie die rote Holztür. Ich schob sie gerade so weit auf, dass ich den Kopf hineinstecken konnte, und rief: »Hallo? Mrs. Novak?«
    »Ja?«, antwortete eine leicht zittrige Stimme.
    »Ich bin’s, Dr. Brockton. Wir haben telefoniert.«
    »Ich weiß. Ich mag ja alt sein, aber ich bin nicht senil.«
    Ich lächelte. Jawohl, sie war auf Draht. »Soll ich reinkommen?«
    »Falls Sie nicht lieber draußen stehen und schreien möchten«, sagte sie und klang gleichermaßen amüsiert wie aufgebracht, ebenso barsch wie zu Scherzen aufgelegt. »Folgen Sie meiner Stimme.« Ich trat ein und fand mich in einem Eingangsbereich mit niedriger Decke wieder, dessen Wände mit demselben warmen Redwoodholz vertäfelt waren wie die Außenwände des Hauses. Der Boden war aus Terrazzo, einem spiegelglatten Mosaik aus Marmorsteinchen, in Beton versenkt und so lange poliert, bis ein weicher Glanz in Grün, Rot, Schwarz und Elfenbein entstanden war. »Ich habe schon gedacht, Sie hätten mich versetzt.«
    Ihre Stimme und ein breiter Streifen reflektierten Tageslichts lotsten mich durch eine breite Türöffnung. Als ich hindurchtrat, öffnete sich der Raum dramatisch, und ich blinzelte, sowohl wegen der Helligkeit als auch, weil sie so unerwartet war. »Du meine Güte«, sagte ich, »das ist ja phantastisch.«
    »Ja«, sagte sie. »Ich habe es so entworfen, dass es phantastisch ist. Damals, als phantastisch noch eine Option war.«
    Ich brauchte einen Augenblick, um

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