Dr. Gordon verliebt
konnte, die sehr genau wußte, was sie wollte. Doch da ich meine eigene Anlage nur zu gut kannte, fühlte ich, daß dies gar nicht so schlecht war.
«Schön, Liebste», sagte ich. «Dann werden wir uns eben weiter auf die Suche nach dem Glück machen. Mein Mittelfußgewölbe steht dir so lange zur Verfügung, bis es zusammenbricht.»
«Ich weiß genau, was ich will», fuhr Nicki fort. «Ein kleines, weißgetünchtes Landhäuschen, das durch eine Hecke der Sicht entzogen ist, mit einem Garten, einem Strohdach und einem krummen Schornstein.»
«Und bestenfalls werden wir bei einem geschmackvollen Schmuckkästchen» landen, das sich für Geschäftsläden und Autobusgaragen eignet», seufzte ich. «Also komm, Nicki. Der Idiot wartet schon.»
Wir drei fuhren in meinem Auto zwischen deprimierenden Ziegelmauern längs der Hauptstraße dahin, die von London wegführte. Nach ungefähr einer Meile gebot der Jüngling Halt, starrte leeren Blicks durch das Fenster und wies auf einen Seitenweg. Und mit einemmal befanden wir uns dank einem jener herzerfrischenden Widersprüche, die England so gern bereithält, in einer stillen Gasse, die sich zwischen hohen Hecken dahinwand und fast genau wie zu jener Zeit aussah, da Henry Ford noch mit Bausteinen spielte.
«Da ist es», sagte der Bursche.
Wir hielten vor einem Gittertor in der Hecke. Dahinter lag ein Garten. Im Garten stand ein weißgetünchtes Landhäuschen. Das Dach bestand zwar aus Ziegeln, aber es hatte einen krummen Schornstein.
«Ich verkaufe keine Häuser», wiederholte Mister May wohlwollend lächelnd. «Ich möchte Ihnen nur zu deren Erwerb verhelfen.»
«Der Preis ist eher gesalzen —»
Er machte eine mitfühlende Handbewegung. «Leider ja, Doktor. Wir müssen uns nach den Instruktionen des Verkäufers richten.»
«Es bedarf mehrerer Instandsetzungsarbeiten», sagte Nicki.
«Gewiß ist Spielraum vorhanden, dem Haus Ihren persönlichen Stempel aufzudrücken», räumte Mr. May ein.
«Haben Sie etwas dagegen, wenn wir es uns noch überlegen?» fragte ich.
«Aber natürlich nicht, Doktor — überlegen Sie sich’s nur nach
Herzenslust. Solang Sie wollen. Man soll nicht sagen, wir hätten einen Kunden in den Erwerb eines Besitzes hineingehetzt, den er nicht haben wollte.»
Es klopfte an der Türe, und es erschien der Kopf des Partners.
«Mr. May, die andern wollen wissen, ob sie die Villa Flora um drei besichtigen können.»
Nicki und ich rappelten uns hoch.
«Was für andere?»
«Ach ja», sagte Mr. May. «Und dabei ist es erst seit gestern zum Verkauf ausgeboten. Vielleicht überraschend, oder doch wieder nicht, bei einem so wünschenswerten ländlichen Ruheplätzchen. Ja, Herbert, drei Uhr paßt ausgezeichnet. Sag ihnen, sie sollen sich eilen, denn Major Marston will es um vier besichtigen.»
«Major Marston?» Ich sprang auf die Füße. «Meinen Sie am Ende diesen scheußlich reichen Kerl, dem die Brauerei gehört?»
«Stimmt, Doktor. Ich glaube, er will den Besitz niederreißen und dort eine Großgarage errichten. Ja, Herbert, sag also den Leuten —»
«Einen Augenblick!» Ich spürte, wie ich am ganzen Körper zitterte. «Glauben Sie... besteht eine Möglichkeit... würden Sie sich mit hundert Pfund weniger begnügen...?»
«Ich bin überzeugt, Doktor, daß sich das machen läßt», sagte Mr. May sofort und schraubte seine Füllfeder auf. «Vielleicht sind Sie so freundlich und schreiben mir gleich als Anzahlung einen Scheck aus? Dann können Sie den Besitz als Ihr Eigentum betrachten.»
17
UNSERE ERSTE REAKTION auf das Bewußtsein, Hausbesitzer zu sein, oder zumindest eine zehnprozentige Anzahlung darauf geleistet zu haben, äußerte sich darin, daß wir zum Haus zurückfuhren und im Garten einen Tanz aufführten. Dann schritten wir durch die einzelnen Zimmer, die wir bei wachsender Dämmerung mit angezündeten Streichhölzern beleuchteten, und Nicki richtete sie bereits im Geist hingerissen mit unseren sämtlichen hypothetischen Möbeln ein. Ich bestand darauf, daß man mir meine alte Campingausrüstung von zu Hause schicke, damit ich sogleich einziehen und endlich Mr. Walters und meiner Bude Lebwohl sagen könne. Nicki behauptete, daß alle Männer, gleicherweise wie Säuglinge, unfähig seien, sich allein anständig zu ernähren und sauber zu halten, doch schließlich stimmte sie zu und fuhr nach London, um eine Expedition ihrer Eltern in die Wege zu leiten.
«Du lieber Himmel, ihr habt doch nicht das da für euer gutes Geld gekauft?»
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